Wer enge Familienangehörige beschäftigt, kann mit der dafür fälligen Vergütung seine Steuern mindern – auch dann, wenn mehr gearbeitet wird als in den Arbeitsverträgen vereinbart. Das geht aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Aktenzeichen X R 31/12 hervor.
In diesem wurden die Maßstäbe für den steuermindernden Abzug von Betriebsausgaben für die Vergütung von Arbeitsleistungen naher Angehöriger präzisiert. Nachzuweisen ist demnach lediglich, dass die vereinbarte Arbeit auch geleistet worden ist – Überstunden sind steuerlich unproblematisch.
Im Entscheidungsfall hatte der Betreiber einer Werbeagentur seinen frühverrenteten Vater und seine Mutter mit Bürotätigkeiten beschäftigt. Zu leisten waren laut Arbeitsvertrag 10 respektive 20 Wochenstunden. Die böse Überraschung folgte: Das Finanzamt versagte nämlich den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, es seien keine Aufzeichnungen über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden geführt worden. Das Finanzgericht bestätigte diese Sichtweise. Moniert wurde, dass sich fremde Arbeitnehmer nicht wie die Eltern auf unbezahlte Überstunden eingelassen hätten. Letztlich seien die Arbeitsverträge nicht wie vereinbart durchgeführt worden und deshalb eine Steuerminderung ungerechtfertigt.
Der BFH kassierte diese Entscheidung nun. Die Frage einer "unbezahlten Mehrarbeit" ist laut Richtervotum "für die steuerrechtliche Beurteilung nicht von wesentlicher Bedeutung". Entscheidend für den Betriebsausgabenabzug sei, dass für die gezahlte Vergütung vereinbarte Arbeit auch tatsächlich erbracht wird. Das muss laut Urteil nachgewiesen werden. Bei den geforderten Arbeitszeitnachweisen geht es – wie der BFH unmissverständlich betont – nicht um die Frage der Fremdüblichkeit von Arbeitsverhältnissen. Der Anspruch auf Steuerminderung besteht demnach ganz klar auch dann, die arbeitsvertraglichen Pflichten übererfüllt – vulgo Überstunden gemacht – werden.
Keine steuerlichen Nachteile
"Leistet ein Angehörigen-Arbeitnehmer unbezahlte Mehrarbeit, lässt dies die – darin notwendigerweise liegende – vollständige Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht unberührt", heißt es im Urteil. "Die freiwillige Mehrarbeit kann aus dem Arbeitsverhältnis abgespalten und der familiären Nähebeziehung zugeordnet werden, ohne dass sich daraus in Bezug auf die ertragsteuerrechtliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses Konsequenzen ergeben, die für den Steuerpflichtigen nachteilig sind."
Weiter führt der BFH aus: "Leistet der als Arbeitnehmer beschäftigte Angehörige unbezahlte Mehrarbeit über seine vertragliche Stundenzahl hinaus, steht dies der Annahme, das Arbeitsverhältnis sei tatsächlich durchgeführt worden, grundsätzlich nicht entgegen. Etwas anderes gilt nur, wenn die vereinbarte Vergütung schlechterdings nicht mehr als Gegenleistung für die Tätigkeit des Angehörigen angesehen werden kann und deshalb auf das Fehlen eines Rechtsbindungswillens zu schließen ist."
Entlohnung muss marktüblich sein
Das bedeutet für die Gewährung eines Betriebsausgabenabzuges letztlich, dass erstens die vertraglich vereinbarte Arbeit auch wirklich geleistet und zweitens dafür eine übliche Entlohnung gezahlt werden muss. Wer einen mit der echten Arbeitswelt nicht kompatiblen Freundschaftspreis aushandelt, wird demnach nicht in den Genuss von Steuervergünstigungen kommen.
Grundsätzlich ist bei derartigen Beschäftigungsverhältnissen auch ein betriebsinterner Fremdvergleich relevant. "Bei Arbeitsverträgen zwischen nahen Angehörigen ist die Intensität der erforderlichen Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen auch vom Anlass des Vertragsschlusses abhängig", erläutert der BFH im genannten Urteil. Konkret bedeutet das, dass es in der Einzelfallbeurteilung unter anderem darauf ankommt, welche Arbeiten die Angehörigen erledigen: solche, die der Unternehmer ansonsten selbst ausgeführt hätte, oder solche, für die jemand anderes hätte eingestellt werden müssen.
In jedem Fall kann ein Abzug aber nicht einfach deshalb verwehrt werden, weil unbezahlte Überstunden geleistet werden. Das ist laut BFH schon deswegen der Fall, weil das in der Praxis auch bei nicht verwandten Mitarbeitern vorkommt. Das Finanzgericht muss den genannten Entscheidungsfall auf Basis der BFH-Entscheidung nun neu bewerten. (tö)