Eine Berlecon-Studie deckt auf: Viele Unternehmen wissen gar nicht, welche Vorteile Unified Communications mit sich bringt. Die meisten Anwender könnten das Potenzial einer integrierten Kommunikationslösung ausschöpfen, tun dies aber noch nicht. Hier sind qualifizierte Reseller gefragt.
Wer Konvergenz, Voice over IP und Unified Communications (UC) für Marketingblasen hält, der irrt. Das ist das Hauptergebnis einer Studie, die das Marktforschungsunternehmen Berlecon Research im Auftrag von Aastra, Cisco und Damovo durchgeführt hat. Befragt wurden 104 ITK-Verantwortliche und CIOs in Unternehmen mit 200 und mehr Mitarbeitern aus den Branchen Dienstleistung, Handel und Verkehr sowie verarbeitendes Gewerbe.
Die Ergebnisse sind ermutigend: In 75 Prozent der befragten Unternehmen ist die Verantwortung für IT und TK schon in einer Hand, 45 Prozent setzen IP-TK-Anlagen ein, und 44 Prozent nutzen bereits Unified Communications. Damit hat sich beispielsweise der Anteil an IP-basierter Kommunikation deutlich erhöht. Anfang 2008 gaben noch 25 Prozent der von Berlecon Befragten an, Voice-over-IP-Anlagen einzusetzen.
Potenziale nicht erkannt
Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse differenziert sich das Bild allerdings. Obwohl über 80 Prozent der Studienteilnehmer das Thema UC für wichtig halten, gelingt es den wenigsten, das Potenzial der integrierten Kommunikationstechnologie voll auszuschöpfen. Während fast 60 Prozent vergleichsweise banale Merkmale wie eine automatische Rufweiterleitung nutzen und immerhin mehr als 40 Prozent Konferenz- und Teamfunktionen im Einsatz haben, verwendet nicht einmal ein Drittel der Befragten die Präsenzanzeige, obwohl es sich dabei um einen integralen und höchst nützlichen Teil einer Unified-Communications-Lösung handelt.
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Ähnlich verhalten sieht es bei der Integration mobiler Endgeräte aus. Zwar übermitteln mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen Telefonbucheinträge und Kontaktinformation an das Mobilfunkgerät - das war es aber auch schon. Weder Präsenzanzeige noch Konferenz-, Team- oder Videofunktionen werden in nennenswertem Umfang genutzt. "Die Unternehmen haben noch nicht verstanden, dass ein Handy wie eine mobile Nebenstelle eingesetzt werden kann", sagt Berlecon-Geschäftsführerin Nicole Dufft.
Anwendungsintegration vernachlässigt
Vernachlässigt wird auch das Thema Anwendungsintegration. Gerade mal ein Drittel der befragten Unternehmen hat UC-Funktionen in Office-Anwendungen oder Groupware integriert. Knapp die Hälfte plant dies nicht einmal - und verschenkt damit wertvolle Optimierungsmöglichkeiten. Ähnlich kurz gedacht wird bei den Einsparpotenzialen, die eine integrierte Lösung mit sich bringt. Während über 50 Prozent der Befragten die Kostenvorteile einer Infrastruktur sehen, erkennen nur 29 Prozent das erhebliche Einsparpotenzial bei Administration und Wartung.
Geld ist kein Thema
Erstaunliche Ergebnisse brachte die Frage nach den Hindernissen bei der Planung und Umsetzung von UC-Projekten. Nur 40 Prozent nannten den hohen finanziellen Aufwand als Problem, 36 Prozent hatten aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage kein Budget. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 60 Prozent der Befragten UC-Projekte nicht für (zu) teuer halten und dass in 64 Prozent der Unternehmen Budget für solche Ausgaben vorhanden ist. Das Geld wird dabei nach wie vor traditionell in den Kauf von Hard- und Software gesteckt. Serviceangebote spielen eine untergeordnete Rolle. Nur zehn Prozent der Befragten gaben an, Kommunikationsanwendungen als Managed Service zu nutzen. Noch düsterer sieht es beim Hype-Thema Software-as-a-Service (SaaS) aus. Gerade einmal sechs Prozent haben Kommunikationsapplikationen "aus der Steckdose" im Einsatz. (haf)
Meinung des Redakteurs
Die Ergebnisse der Berlecon-Studie sind für Händler ausgesprochen positiv. Zeigt die Untersuchung doch deutlich, dass sich Unternehmen zwar für Unified Communications interessieren, aber das Potenzial noch längst nicht ausschöpfen. Wer hier seine Kunden richtig berät und die Vorteile von Präsenzfunktion, mobilem UC-Zugriff und Anwendungsintegration glaubwürdig demonstrieren kann, dem sind Aufträge so gut wie sicher - denn Geld ist offensichtlich vorhanden.
Carl Mühlner, Damovo: "Völlig neue Qualität der Unternehmenskommunikation"
ChannelPartner sprach mit Carl Mühlner, Geschäftsführer des Studien-Sponsors Damovo, über die Ergebnisse der Untersuchung.
Herr Mühlner, was ist für Damovo die Hauptbotschaft der aktuellen Unified-Communications-Studie?
Carl Mühlner: Unified Communications ist als Technik angekommen, man muss den Begriff nicht mehr erklären. Wie sich die Geschäftsprozesse verändern müssen, um das Potenzial von UC optimal zu nutzen, das haben die Unternehmen aber immer noch nicht verstanden.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Präsenzfunktion. Warum wird dieser integrale Bestandteil von UC immer noch von den meisten Anwendern ignoriert?
Mühlner: Die Umsetzung von UC-Projekten wird zu sehr aus der technischen Funktion heraus getrieben, ohne sich um die Arbeitsprozesse Gedanken zu machen. Ohne klare Definition und konsequente Verwendung der Präsenz-Status hat die Funktion aber nur eingeschränkten Nutzen. Dazu kommen Bedenken der Mitarbeiter und des Betriebsrats, was den Schutz der Privatsphäre angeht.
Warum steigen viele Wiederverkäufer nur zögernd in das Geschäft mit UC-Lösungen ein?
Mühlner: Viele IT-Reseller verstehen nicht, dass Sprachkommunikation eine völlig neue Qualität in das Unternehmensnetz bringt. TK-Wiederverkäufer sehen häufig die Chancen nicht und haben Angst, ihre gewohnten Margen von 20 oder 30 Prozent zu verlieren.
Was raten Sie Händlern und Systemhäusern, die im UC-Markt erfolgreich sein wollen?
Mühlner: Ein wichtiger Türöffner ist der Microsoft Office Communications Server (OCS), da er eine vergleichsweise einfache Integration der Kommunikation in die Applikationen ermöglicht. Für kleinere Kunden sind Managed Service-Angebote interessant. Wir bieten beispielsweise unseren Partnern die Möglichkeit, UC als Service anzubieten. So kann ein Reseller nicht nur seinen Bestandskunden eine moderne Kommunikationslösung anbieten, sondern auch gut verdienen, Die Airtime-Provisionen liegen rund doppelt so hoch wie beispielsweise im Mobilfunk üblich.
Welche Kunden sollte ein Händler mit UC-Lösungen angehen?
Mühlner: Der Reseller muss jenes Drittel der Unternehmen identifizieren, das die aktuelle Krise nutzen will, um Marktanteile zu gewinnen. Dabei spielt Effizienz eine große Rolle. Es geht weniger darum, die richtige Idee zu haben, sondern sie schnell umzusetzen. Und das funktioniert nur mit effizienter Kommunikation.
Und wie kann ich einen Kunden in der aktuellen Lage davon überzeugen, viel Geld in eine neue Kommunikationslösung zu investieren?
Mühlner: Große Investitionen sind gar nicht nötig. Sie können beispielsweise unseren UC-Service nutzen, statt Geld für eigene Lösung auszugeben. Bei einer Vertragsbindung von nur sechs Monaten ist das Risiko gering. Das zweite Argument ist das Riesenpotenzial an Einsparmöglichkeiten. Viele Unternehmen haben eine heterogene Kommunikationsstruktur mit zahlreichen Dienstleistern. Die Konsolidierung auf einen Anbieter mit einem SLA schafft so große Kostenvorteile, dass die Investitionen sich meist innerhalb von sechs bis zwölf Monaten amortisiert haben.