Fast die Hälfte aller britischen CIOs (Chief Information Officer) überlegt, den Job hinzuschmeißen und in einen anderen Geschäftsbereich zu wechseln. Das stellte das britische Magazin Computer Business Research bei einer Umfrage unter IT-Chefs fest. Demzufolge sind 45 Prozent nicht abgeneigt, ihre IT-Karriere an den Nagel zu hängen. Einen Wechsel machen sie aber von einer Voraussetzung abhängig: im neuen Job müssten sie genau soviel verdienen wie bei ihrem alten. Denn dass so viele CIOs wechseln würden, liegt nicht daran, dass sie ihre Arbeit nicht mögen. 85 Prozent gaben an, gern in dieser Branche zu arbeiten.
Wie eine aktuelle Umfrage der Personalberatung Harvey-Nash herausfand, haben nämlich die IT-Verantwortlichen in erster Linie ein Problem damit, dass die IT innerhalb der Unternehmen nicht genug Beachtung und Anerkennung findet, berichtet das CIO-Magazin. Zwar gaben 60 Prozent der IT-Chefs zu Protokoll, dass die Rolle des CIO an strategischer Bedeutung zunehme. Allerdings waren es ein Jahr zuvor noch 15 Prozent mehr, die das so sahen. Anscheinend fühlen sich einige IT-Verantwortliche zunehmend eingeschüchtert.
Diese Einschätzung passt zu den Antworten der CFOs (Chief Financial Officer), die von Harvey Nash befragt wurden. Jeder zweite von ihnen sieht in der IT lediglich eine Support-Funktion, für die kein Platz im Management-Board sei. Es ist also nicht verwunderlich, dass ein Viertel aller IT-Chefs in eine Position wechseln will, in der sie Einfluss auf die Geschäfts-Strategie nehmen können, so die Schlussfolgerung des CIO-Magazins. Der strategische Einfluss der CIOs wurde nach Analysen des Beratungshauses Harvey Nash über die Jahre immer mehr erodiert. Mittlerweile wachse der Anteil von IT-Managern jährlich um 15 Prozent, die ihren Job nach weniger als einem Jahr aufgeben.
44 Prozent der von Computer Business Research Befragten sind jedoch der Meinung, dass die kurze Amtszeit der CIOs negative Effekte mit sich bringen. Ziele zu erreichen und Strategien durchzusetzen werde so immer schwieriger bis unmöglich. "Der Befund unserer Umfrage ist ein Alarmzeichen. Die IT-Abteilung ist strategisch eine wichtige Schaltstelle für den Unternehmenserfolg. Sie sollte daher nicht nur als passiver Dienstleister betrachtet werden", meint Harvey Nash-Geschäftsführer Udo Nadolski. Aber vielleicht müssten auch die CIOs ihre einseitige Bit- und Byte-Sichtweise ändern und sich mehr mit betriebswirtschaftlichen Fragen auseinandersetzen. "IT-Chefs gewinnen an Akzeptanz, wenn sie nicht nur technische Kenntnisse mitbringen, sondern auch unternehmerische Kompetenz", rät Nadolski.
"Die Umfragen korrespondieren mit Analysen des amerikanischen Buchautors Nicholas G. Carr. Insgesamt sinkt die strategische Wichtigkeit der Informationstechnik, da ihre Leistungen inzwischen für jeden verfügbar und erschwinglich sind. Bedeutungsvoller sind Services. Heute reicht es nicht mehr aus, mit technischer Begriffshuberei zu brillieren", weiß Michael Müller, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters a&o. Die radikale Veränderung der IBM-Geschäftsstrategie sei dafür ein belastbarer Indikator: An der Übernahme des Beratungshauses PriceWaterhouseCoopers könne man das gut erkennen. Konsequent sei auch das Abstoßen von Hardware-Abteilungen wie der Netzwerksparte, der Drucker, der weltweiten Festnetzleitungen und der Verkauf der PC- und Notebook-Produktion an den chinesischen Marktführer Lenovo.
"IT-Chefs konzentrieren sich immer noch zu stark auf technologische Details und unverständliche Schlagwörter wie Supply-Chain-Management oder inflationär verwendete Abkürzungen wie CRM und SOA. Wer heute als IT-Verantwortlicher erfolgreich sein will, muss auch Beratungskompetenz mitbringen. Die Technik ist nur Mittel zum Zweck. Entscheidend ist die Geschäftsstrategie", bestätigt Ralf Sürtenich, Sales Development Manager bei Ericsson. (pte)