Geldforderungen gegen einen Schuldner bestehen nicht ewig, sondern unterliegen der sogenannten Verjährung. Seit dem 1.1.2001 gilt das neue Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Hierdurch haben sich auch die Verjährungsfristen geändert. Während vor dem Jahr 2002 Unterschiede in den Verjährungsfristen bei Forderungen unter Kaufleuten und Nicht-Kaufleuten bestanden, gibt es nunmehr eine einheitliche Regelung.
Normalfall: Verjährung von Forderungen nach drei Jahren
Im BGB gibt es unterschiedliche Verjährungsfristen. Wichtig ist die Frist bei der Geltendmachung von Forderungen, beispielsweise aus Kaufverträgen, Handwerksleistungen, Lieferung von Waren oder Erbringungen von Werkleistungen sowie Lohn- und Gehaltsansprüchen. Derartige Forderungen verjähren innerhalb von drei Jahren.
Bei anderen Ansprüchen gelten zum Teil deutlich längere oder auch kürzere Verjährungsfristen. So liegt sie laut BGB bei zum Beispiel Rückzahlungsansprüchen von Bearbeitungsgebühren oder bei den Rechten an einem Grundstück bei rund zehn Jahren. Wenn es um Schadensersatzansprüche wegen Körper-, Gesundheits- oder Freiheitsverletzungen beziehungsweise um Herausgabeansprüche bei Eigentum geht, beträgt die Verjährungsfrist sogar 30 Jahre (§ 199 Abs. 2 BGB). Andererseits verjähren zum Beispiel Mängelansprüche bei beweglichen Sachen bereits nach zwei Jahren und Ersatzansprüche eines Vermieters zum Teil schon sechs Monaten. Ganz anders sieht es bei einem Mord aus. Eine solche Tat verjährt niemals.
Wichtig zu wissen ist, wie sich die dreijährige Verjährungsfrist bei Forderungen berechnet. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Wenn beispielsweise eine Forderung aus einem Kaufvertrag am 16.5.2018 entstanden ist, beginnt die Verjährung am 31.12.2018. Bis zum 31.12.2021 ist die Forderung nicht verjährt. Ab dem 1.1.2022 tritt dagegen Verjährung ein.
Dabei ist das Datum von Bedeutung, an dem der jeweilige Anspruch entstanden ist. Wann die Rechnung dagegen gestellt wurde, ist zweitrangig. Wenn im vorherigen Beispiel also die Rechnung erst im Sommer 2019 gestellt wurde, verschiebt sich dadurch die Verjährung nicht nach hinten.
Ein weiteres Beispiel stammt von Score Kompass: "Herr Müller kauft am 1. Mai 2012 eine Waschmaschine bei der Wasch GmbH. Herr Müller bezahlt jedoch nur einen Teil der Rechnung, der Buchhaltung fällt dies zunächst nicht auf. Am 31.12.2012 beginnt nun die Verjährungsfrist, die Wasch GmbH hat also nur noch bis zum 31.12.2015 Zeit, den Fehler zu bemerken und die Forderung einzutreiben, danach verjährt die Rechnung."
Etwas anders sieht es nach Angaben von Finanztip aus, wenn es sich um den Bereich Geldanlagen handelt. Hier sei für den Beginn der Verjährung nicht allein entscheidend, wann der Prospekt übergeben wurde. Das gelte vor allem dann, wenn der Anleger diesen Prospekt gar nicht gelesen habe. In solchen Fällen müsse in solchen Fällen immer im Einzelfall durch ein Gericht entschieden werden.
Bei Sachmängeln, wenn etwa eine gelieferte Ware mangelhaft ist, kann der Käufer innerhalb von zwei Jahren nach Lieferung beziehungsweise Aushändigung der Ware eine Nachbesserung verlangen.
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Besonderheiten: Verjährungsfristen in Spezialfällen
In manchen Fällen gelten besondere Fristen, berichtet Rechtsanwalt Achim Bensch auf der Plattform Anwalt.de:
Verjährung von Schulden bei der Krankenkasse: Diese verjähren laut Bensch "in der Regel nach vier Jahren". Falls aber Beiträge zurückgehalten wurden, obwohl man zahlungsfähig war, könne sich die Frist auf 30 Jahre vervielfachen.
Verjährung von Schulden gegenüber einem Inkasso-Büro: Hier gelten nach Angaben von Bensch keine Besonderheiten. Er empfiehlt jedoch, beim Eintreffen einer Mahnung "schriftlich auf die abgelaufene Verjährungsfrist" hinzuweisen.
Verjährung von Schulden gegenüber dem Finanzamt: Aufgrund der hohen Komplexität dieses Themas empfielt RA Bensch lieber gleich, sich bei einem Fachanwalt zu informieren.
Verjährung von Darlehen: Auch hier gelten "wegen der besonderen Tilgungsreihenfolge" Sonderregeln, die in § 497 Abs. 3 BGB beschrieben sind.
Verjährung von Vollstreckungsbescheiden: Normalerweise liegen die Fristen nach Aussage von Bensch hier bei 30 Jahren. Es gebe zudem Ausnahmen, an denen die Frist sich auch später wieder auf volle 30 Jahre verlängere.
Wodurch wird die Verjährungsfrist verlängert?
Ein weit verbreiteter Irrglauben ist, dass eine Mahnung die Verjährungsfrist in irgendeiner Form beeinflusst. Dies ist nicht der Fall. Es gibt auch keine Vorschrift, dass eine Forderung erst einmal zweimal angemahnt werden muss, bevor sie dann beispielsweise gerichtlich durchgesetzt werden kann. Durch eine Mahnung ändert sich die Verjährung nicht.
Etwas anderes mag dann gelten, wenn zwischen Gläubiger und Schuldner Verhandlungen über den Anspruch geführt werden. In diesem Fall ist gemäß § 203 BGB die Verjährung solange gehemmt (= verlängert), bis einer der Verhandlungspartner die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Allein der Umstand von mehrfachen Mahnungen stellt jedoch noch keine Verhandlung dar.
Wenn der letzte Tag der Verjährungsfrist übrigens auf einen Sonn- oder Feiertag fällt, kommt es zu einer minimalen Verlängerung bis zum folgenden Werktag (§ 193 BGB).
Verjährungsfrist: Die Forderung geltend machen
Bevor die Verjährungsfrist abgelaufen ist, sollte daher die Forderung gerichtlich geltend gemacht werden. Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten:
Entweder kann die noch offen stehende Forderung eingeklagt werden. Eine andere Alternative ist die Beantragung und Zustellung eines sogenannten Mahnbescheides. Ein Mahnbescheid ist ein vereinfachtes Mahnverfahren (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB), bei dem online ein Antrag auf die Erlassung eines Mahnbescheids erstellt werden kann, bei dem der Anspruch zunächst noch nicht begründet werden muss. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts ist dafür nicht nötig.
Der Schuldner hat jedoch die Möglichkeit, gegen den Mahnbescheid Widerspruch oder gegen den darauf folgenden Vollstreckungsbescheid Einspruch einzulegen. Werden Rechtsmittel nicht eingelegt, hat der Gläubiger später einen rechtskräftigen Titel, mit dem er einen Gerichtsvollzieher beauftragen kann.
Bei einer Klage müssen dagegen alle notwendigen Dokumente vorbereitet werden, in denen der Anspruch begründet wird. Beim Eintreffen der Unterlagen bei Gericht wird die Verjährung gestoppt. Wenn es um eine Summe geht, die über 5.000 Euro liegt, ist die Beauftragung eines Anwalts notwendig. Dieser kann eine Klage beim zuständigen Landgericht einreichen.
Eine weitere Möglichkeit, ist die Anrufung einer Schlichtungsstelle. Nach Angaben von Finazntip gibt es in Deutschland derzeit 27 anerkannte Schlichtungsstellen, die als "neutrale und sachkundige Dritte" bei Konflikten zwischen Verbrauchern und Unternehmen vermitteln sollen. Eine Beschwerde bei einer Schlichtungsstelle könne die Verjährung ebenfalls stoppen, zumindest vorübergehend.
Verlängerung der Verjährungsfrist um sechs Monate
Bei Einreichung eines Mahnbescheides verlängert sich die Verjährungsfrist um sechs Monate. Um hier keine Nachteile zu erleiden, ist eine sorgfältige Fristenkontrolle notwendig.
Wichtig ist, dass sowohl Klage wie auch Mahnbescheid vor Ablauf der Verjährungsfrist bei Gericht eingehen, somit bis zum 31.12. des Jahres, in dem der Anspruch noch nicht verjährt ist. Im BGB finden sich weiterführende Hinweise zur "Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung" (§ 204 Abs. 1 Ziffer 4 BGB).
Musterfeststellungsklagen ("Sammelklagen")
Eine Neuerung sind die sogenannten Musterfeststellungsklagen, die Ende 2018 auch in Deutschland eingeführt wurden. So muss der VW-Konzern laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs Schadensersatz an Autokäufer zahlen. Möglich sind Musterfeststellungsklagen durch Verbraucherschutzverbände, die mindestens zehn betroffene Verbraucher vertreten. Für die betroffenen Kundenentfällt dadurch auch der ansonsten geltende Anwaltszwang. Außerdem verjähren ihre Ansprüche dadurch nicht mehr automatisch.
Handelbare Schuldtitel
Nach Angaben der Webseite Schuldnerberatung.de kann ein Gläubiger auch "sogenannten Schuld- bzw. Vollstreckungstitel erwirken". Hierbei handele es sich um eine Urkunde, die "belegt, dass der Gläubiger dem Schuldner gegenüber bestimmte Ansprüche besitzt". Dann verlängere sich Verjährung "gemäß § 197 BGB auf insgesamt 30 Jahre, wenn ein solcher Titel erwirkt wurde".
Schuldnerberatung.de betont darüber hinaus, dass diese Titel auch handelbar seien: "Gläubiger müssen ihre Forderungen nicht selbst eintreiben." Vollstreckungstitel könnten weiterverkauft werden. "Schuldtitel gelten als Gegenstand eines Handelsumsatzgeschäftes und stellen damit ein Handelsgut dar." Gerade Inkassobüros würden Titel häufig für einen bestimmten Betrag kaufen. Die Rechte an der Forderung gehen dann an den Käufer über.
Für den Gläubiger hat das handfeste Vorteile: "Die Vollstreckung der offenen Forderungen bringt nämlich in der Regel einen hohen Arbeits- sowie Zeitaufwand mit sich." Das könne man sich durch einen Verkauf ersparen. Mittlerweile gebe es auch Plattformen im Internet, auf denen Gläubiger ihre Titel zum Verkauf anbieten können.
Verjährung muss geltend gemacht werden
Eine Verjährung ist eine sogenannte Einrede, die durch den Schuldner ausdrücklich geltend gemacht werden muss. Ob der Anspruch verjährt ist, wird daher von Gerichten nicht von Amts wegen berücksichtigt, sondern der Schuldner muss sich ausdrücklich mit dem Hinweis auf die Verjährung verteidigen. Zahlt der Schuldner eine Forderung, obwohl diese verjährt ist, kann er deshalb den gezahlten Betrag gemäß § 214 Abs. 2 BGB nicht wieder zurückfordern.
Im Rahmen eines Forderungsmanagements empfiehlt es sich, die Verjährung von Ansprüchen ausdrücklich zu notieren, da es mehr als ärgerlich ist, wenn entsprechende Ansprüche zu spät gerichtlich geltend gemacht werden und sich der Schuldner lediglich mit der Einrede der Verjährung aus der Affäre ziehen kann.
Hilfe im Notfall: Schuldnerberatungen
Wenn Sie Schulden haben und keinen Ausweg daraus finden, dann können Sie sich auch bei einer Schuldnerberatung informieren. Gemeinnützige Stellen beraten in der Regel sogar kostenfrei. Einer der größten Vorteile einer Schuldnerberatung ist, dass Sie dann nicht mehr alleine mit Ihren Problemen dastehen. Die Berater zeigen nicht nur einen möglichen Ausweg aus Ihren Schulden, sondern helfen oft auch bei den anstrengenden Verhandlungen mit Ihren Gläubigern. Im Zuge der Corina-Krise haben viele Beratungsstellen zudem ihre Online-Angebote ausgebaut.
Ein Beispiel sind etwa die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Viele örtliche DRK-Kreisverbände bieten Beratungen vor Ort an. Aber auch die Diakonie und die Caritas betreiben Beratungsstellen. Noch ein Tipp: Warten Sie nicht zu lange mit der Kontaktaufnahme. Die gemeinnützigen Stellen sind oft überlastet, so dass es zu langen Wartezeiten kommen kann.
Falls Sie zu einer anderen Stelle gehen, sollten Sie den angebotenen Beratungsvertrag genau prüfen. In der vergangenheit ist es immer wieder zu unseriösen Vorfällen gekommen. Insbesondere von Beratern ohne sogenannte "Rechtsdienstleistungsbefugnis" sollten Sie die Finger lassen. Auf keinen Fall sollten sich Schuldner zusätzliche Versicherungen oder ähnliches andrehen lassen, was sie gar nicht benötigen. Diese verschlimmern ihre Problem meist nur.
Die Mahnung – Rechte und Pflichten
Forderungen nach dem Tod des Schuldners erfolgreich durchsetzen