Herrschte auf der Hannover Messe Industrie 2016 noch Ausnahmezustand, weil Barack Obama als Präsident des damaligen Messe-Partnerlands USA vor Ort war, könnte es in diesem Jahr auch wieder zu langen Schlangen kommen. Das Messegelände ist nämlich komplett belegt - sprich ausverkauft - wie Jochen Köckler, Vorstandsmitglied der Deutschen Messe AG, zur HMI-Auftaktpressekonferenz erklärte. Das Messe-Leitthema lautet "Integrated Industry - Creating Value" und stellt damit erneut die Themen in den Vordergrund, deretwegen Obama 2016 angereist war. Die Industriemesse, die als "Exportmesse 1947 Hannover" gegründet wurde, hat sich in ihrem 70jährigen Bestehen kräftig gewandelt.
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Die HMI als Hotspot für Industrie 4.0
"Nur in Hannover kommen alle an der Digitalisierung der Industrie beteiligen Branchen zusammen", freut sich Messe-Chef Köckler - "von der Forschung über die intelligente Zulieferung und Automatisierungstechnik bis hin zur IT." Diese Positionierung mache die HMI zu einem "globalen Hotspot für Industrie 4.0 und damit zu einem Besuchermagneten für nationale und internationale Entscheider." Viele Aussteller teilen diese Meinung. So erklärte erst kürzlich die Microsoft-Deutschland-Chefin Sabine Bendiek: "Auf der HMI treffen wir die Kunden, die wir in dieser Form nicht mehr auf der CeBIT fanden." Entsprechend hat der Konzern aufgerüstet und seine Standfläche auf das 1,5fache vergrößert. Gemeinsam mit Anwendern wie der Maschinenfabrik Rheinhausen, Strabag, Thyssen Krupp und vielen anderen will Microsoft dort zeigen, was in Sachen Digitalisierung heute bereits möglich ist
Doch auch andere US-Unternehmen wie AT&T, General Electric, IBM, Accenture, etc. - die 2016 eher deshalb zur HMI fanden, weil die Vereinigten Staaten Partnerland waren - sind dieses Jahr wieder mit von der Partie. Überhaupt fällt bei einem Rundgang auf, dass sich das "Who is who" der ITK-Branche hier versammelt hat. Egal ob es Kaspersky, Rohde&Schwarz, Software AG, Telekom, Vodafone, Huawei, Cisco oder SAP betrifft, sie alle zeigen sich in diesem Jahr auf der HMI. Verstärkt wird der IT-Reigen noch von Playern wie Siemens oder Bosch sowie Honeywell, Rockwell, GE, Hitachi etc., die in der Vergangenheit eher in der klassischen Prozess- und Automationstechnik zuhause waren, jetzt aber auch ihr IT-Know-how präsentieren. Oder anders formuliert: Über 6.500 Aussteller demonstrieren auf der Industriemesse in diesem Jahr das Zusammenwachsen von IT und OT (Operational Technology = Prozesstechnik).
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Industrie 4.0 zum Anfassen
Nach Angaben des Veranstalters finden Messebesucher in diesem Jahr über 500 Showcases rund um das Thema Industrie 4.0. Welchen Stellenwert die Digitalisierung mittlerweile auf der Industriemesse haben, zeigt ein Blick auf den Hallenbelegungsplan: Die Hallen 6 - 8 sowie ein Teil der Halle 17 sind dezidiert dem Thema Digital Factory gewidmet. Einen breiten Raum nimmt dabei die Smart Factory ein. Neben der Frage einer besseren Automatisierung gehört hierzu die Digitalisierung der Produktion, bei der eine große Menge an Daten anfällt - Stichwort Big Data beziehungsweise Smart Data. Direkt verbunden mit Big Data ist der Komplex Künstliche Intelligenz: Wie können aus den Datenbergen mit Hilfe von Machine-Learning-Technologien die Informationen künftig zentral ausgewertet und an die Maschine zurückgespielt werden, um so etwa Ausfallzeit der Produktionsanlagen zu minimieren. Gleichzeitig ist das maschinelle Lernen ein wichtiges Instrument für Predictive Maintenance - einem weiteren Schwerpunktthema der Messe im Rahmen von Industrie 4.0.
Der Mensch im Mittelpunkt
Die Politik dürfte im Superwahljahr 2017 angesichts der zahlreichen Ängste der Bevölkerung in Sachen Digitalisierung ein anderes Signal von der Hannover Messe besonders gerne hören: "Bei aller Digitalisierung: Der Mensch steht in Hannover im Mittelpunkt", postulierte Messe-Chef Köckler. Eine Aussage, die bei einem Gang über die Messe zumindest Exponate wie VR-Brillen oder Cobots zu unterstreichen scheinen.
Nach den Robots kommen die Cobots
Bei Cobots handelt es sich um die neueste Generation der kollaborativen Roboter. Nach Angaben der Hersteller sind sie nicht nur einfach zu programmieren, sie können auch Aufgaben teilweise eigenständig lösen und ihr Wissen dann an ihre Roboter-Kollegen weitergeben - der Roboter lernt also vom Roboter. In letzter Konsequenz sei es aber der Mensch, der dem Cobot sage, welche Aufgaben zu erledigen seien. Der Cobot sei damit ein universell einsetzbares, intelligentes Werkzeug für den Mitarbeiter in der Fabrik.
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Unter dem Strich versucht man in Hannover mit Aussagen wie "der Mensch bleibt der wesentliche Faktor für den Unternehmenserfolg" auch mögliche Sorgen um die Zukunft der Arbeitsplätze zu besänftigen. Künftig schlüpfe der Mensch zunehmend in die Rolle des Problemlösers, Entscheiders und Innovators - so das Bild des Mitarbeiters 4.0 auf der Industriemesse. Ein Wandel, der allerdings die Beschäftigten auch fordert: Sie müssen sich auf eine neue Arbeitswelt 4.0 vorbereiten. So gehört es in einer agilen und flexiblen Produktion künftig wie selbstverständlich zum Arbeitsalltag eines Facharbeiters, dass er mit Virtual Reality und Augmented Reality, Datenbrillen und Tablets umgehen kann. Diese Technologien zählen auf der HMI zu den Bestandteilen der Smart Factory der Zukunft.
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COMPUTERWOCHE-Studie Industrie 4.0
Und wo steht Deutschland im Frühjahr 2017 in Sachen Digitalisierung und Industrie 4.0? Die COMPUTERWOCHE stellt hierzu auf der Hannover Messe die gemeinsam mit den Partnern SAP, Rohde &Schwarz sowie Hitachi Data Systems sowie Consol Software und Lufthansa Industry Solutions realisierte Studie "Industrie 4.0 - Wo steht Deutschland" vor. Hierzu wurden im Frühjahr 2017 bundesweit Entscheider zu ihren Plänen und Projekten rund um Industrie 4.0 befragt. An Live-Präsentationen der Studienergebnisse können interessierte Messebesucher an folgenden Terminen teilnehmen:
Montag, 24. April, 12.30 Uhr bei Rohde&Schwarz, Halle 8, Stand D19
Montag, 24. April, 15.00 Uhr bei Hitachi Data Systems, Halle 12, Stand C80
Dienstag, 25. April, 16.00 Uhr bei SAP, Halle 7 Stand B04
Haben Sie keine Möglichkeit in Hannover direkt vor Ort zu sein, so können Sie die Studie auch über unseren Marktstudien-Shop beziehen.