Von Malte Jeschke, tecChannel.de
Das Konzept der U3-Plattform klingt überzeugend: Statt gesondertem Gerät wie PDA oder Notebook genügen ein U3-USB-Stick und ein verfügbarer PC, um in gewohnter Umgebung mit persönlichen Daten und Einstellungen zu arbeiten. Dabei sollen auf dem gastgebenden PC-System keine erkennbaren Spuren der temporären Nutzung zurückbleiben.
Das Ganze erfordert mehrere Komponenten, so etwa einen U3-befähigten USB-Stick und entsprechend adaptierte Anwendungen sowie ein kompatibles Gastsystem. Insbesondere das Angebot der Anwendungen ist einer der ausschlaggebenden Faktoren, inwieweit sich der Einzelne wirklich einen mobilen Arbeitsplatz einrichten kann. Immerhin, Grundbedürfnisse wie E-Mail, Messenger oder Webbrowser lassen sich relativ simpel realisieren, wenn man sich der vorhandenen Open-Source-Lösungen bedient. Ob für jeden Anwender und seine spezifischen Anwendungen die richtigen Tools parat stehen, ist eine andere Frage.
Das mit dem eingangs erwähnten Nutzen auf jedem PC ist auch nur bedingt wörtlich zu nehmen. Bis dato entfalten die U3-Sticks ihren vollen Funktionsumfang nur, wenn auf dem Gastrechner Windows XP oder Windows 2000 mit SP4 läuft. Im Folgenden haben wir die U3-Plattform einer näheren Betrachtung unterzogen.
U3: Funktion und Plattform
Hinter der U3-Plattform steckt ein Konsortium, zu dem unter anderem Sandisk und M-Systems zählen. Entsprechende USB-Sticks sind inzwischen von zahlreichen namhaften Anbietern wie Kensington, Verbatim und SanDisk selbst verfügbar. Bei U3 handelt es sich um eine kombinierte Hard- und Software-Plattform. Dazu gehört zunächst ein U3-konformer USB-Stick; ein herkömmlicher Flash-Stick lässt sich nicht nachträglich in einen U3-Stick verwandeln. Mit der Hardware untrennbar verbunden ist das U3-System, das serienmäßig fest installiert ist. Zum U3-System gehört das Launchpad als Benutzeroberfläche. Dieses klinkt sich in die Windows-Systemleiste ein und regelt den Aufruf sowie die Verwaltung der U3-konformen Anwendungen.
U3-Anwendungen müssen bestimmte Voraussetzungen mitbringen, um einen problemlosen Start und Betrieb direkt vom Wechselmedium aus zu ermöglichen. Anders als bei herkömmlichen Windows-Anwendungen ist daher ein Bestehen auf feste Verzeichnisstrukturen oder das Aufspielen von Bibliotheken tabu.
Jede installierte Anwendung erhält auf dem U3-Stick ein gesondertes Verzeichnis, das nochmals in das eigentliche Programmverzeichnis sowie in einen Datenordner unterteilt ist. Nach Beenden der Applikation läuft ein so genannter Cleanup-Prozess, der die restlichen Daten vom Gastrechner entfernt. In Sachen Sicherheit bietet U3 einen Zugriffsschutz auf Daten und Anwendungen per Passwort in Verbindung mit einer 128-Bit-Verschlüsselung. Eine integrierte Backup-Funktion offeriert U3 nicht, diese Aufgabe übernehmen optionale Tools.
Von all dem bekommt der Benutzer relativ wenig mit, er sieht lediglich das Launchpad als Benutzeroberfläche und kann darüber alle Einstellungen sowie Software-Installationen vornehmen.
Anwendungen für U3
Anwendungen, die dem U3-Standard entsprechen, lassen sich beispielsweise beim Anbieter des U3-Sticks herunterladen, das Komplettangebot gibt es auf der U3-Webseite (www.u3.com). Dabei ist das Angebot überschaubarer, als die Software-Rubrik auf jener Webseite glauben machen will. Hier bedient man sich der gängigen Methode der Mehrfachnennungen von Programmen in verschiedenen Unterrubriken, die ein üppiges Portfolio suggerieren. Nichtsdestotrotz, für viele Bereiche, in denen eine mobile Nutzung Sinn ergibt, ist entsprechende Software verfügbar.
Dazu gehören die Klassiker Firefox, Thunderbird, Open Office, Skype und Trillian. Kein Wunder, dass diese auch bei den Top-Downloads oben rangieren. Auch der beliebte Dateibetrachter Irfan View steht in einer U3-Ausführung zum Downloaden bereit. Anwendern von Outlook stehen kommerzielle Sync-Programme zur Verfügung. Das Angebot zwischen kommerziellen und freien Lösungen hält sich ungefähr die Waage. Wer auf dem Software-Portal die Anzeige auf deutsche Anwendungen beschränkt, bekommt nicht zwangsweise eine deutsche Version zum Downloaden angeboten, sondern gegebenenfalls nur einen deutschen Beschreibungstext angezeigt. Die Anwendungen liegen als u3p-Dateien vor. Diese lassen sich auf den Arbeitsplatz herunterladen und von dort aus installieren. Alternativ erledigt das Launchpad das Downloaden und Installieren in einem Durchgang.
Bei den Programmversionen muss man mit etwas Verzug im Vergleich zu den herkömmlichen Applikationen rechnen. So lag Firefox zum Testzeitpunkt als U3-Variante in der letzten Version 1.5.0.2 vor. Für Entwickler steht auf der U3-Webseite ein SDK bereit, der Download ist lediglich mit einer Registrierung verbunden.
U3 - die Hardware
Äußerlich unterscheiden sich die U3-befähigten USB-Sticks kaum von ihren nicht ganz so cleveren Verwandten. Zur Pflichtausstattung gehört gemäß Spezifikation eine LED, diese soll durch ihre Aktivität verhindern, dass der Anwender womöglich bei noch geöffneten Anwendungen den Stick einfach abzieht. U3-Drives gibt es in vielfältigen Kapazitäten, einige Anbieter listen sogar Sticks mit 256 MB. So richtig sinnvoll erscheint jedoch eine Kapazität von mindestens 1 GB, schließlich sollen neben Daten auch Anwendungen darauf Platz finden. Beispielsweise nimmt Open Office in der U3-Installation bereits zwischen 200 und 300 MB für sich in Anspruch.
Für einen Test der U3-Plattform standen uns der "Data Traveler" von Kingston mit einer Kapazität von 2 GB sowie die 1-GB-Version des "Store’n’Go" von Verbatim zur Verfügung. Der 2-GB-Data-Traveler steht mit 93 Euro in der Preisliste. Kingston liefert die Software-Pakete Pass2Go, ACDSee und Zinio mit. Pass2Go ist ein portabler Passwort-Manager und die tragbare Version von RoboForm. ACDSee ist ein Bildbetrachter, während Zinio Reader Printausgaben von Magazinen digital umwandelt.
Der 1-GB-Store’n’Go von Verbatim ist im Handel für um die 60 Euro erhältlich. Dafür bringt er einen portablen Virenscanner namens U3-Antivirus auf Basis von McAfee mit. Zu erkennen sind die U3-Sticks am aufgebrachten U3-Logo sowie häufig an einem im Produktnamen untergebrachten "U3".
U3 in der Praxis
Für den Anwender ändert sich in der Handhabung im Vergleich zu einem "normalen" USB-Stick wenig. Nach dem Einstecken weist Windows dem U3-Stick zwei Laufwerksbuchstaben zu, da U3-Sticks ab Werk in zwei Partitionen unterteilt sind. Der Systemteil, auf dem sich das Launch-Programm befindet, wird wie eine CD-ROM behandelt, das Volume mit den Daten und Applikationen wie ein herkömmlicher Wechseldatenträger. Das Launchpad startet automatisch, sofern Autostart nicht deaktiviert wurde. Auf dem System-Volume befindet sich eine entsprechende Datei "autorun.inf".
Auch U3-Sticks haben sich an die gängigen Windows-Regeln zu halten. Ist Autostart für das Drive deaktiviert oder wird es beim Einstecken unterdrückt, startet das Launchpad nicht automatisch. In diesem Fall ist auf dem System-Volume des U3-Geräts die Datei "launchu3.exe" auszuführen. Nicht nur das Launchpad, sondern auch einzelne Anwendungen lassen sich auf Wunsch automatisch starten.
Korrekterweise ist ein U3-Stick über das Launchpad auszuwerfen. Wer die Standard-Windows-Funktion verwendet, bekommt die bekannte lapidare Meldung, dass dieser Vorgang zurzeit nicht beendet werden kann. Nach dem gewaltsamen Entfernen während des Betriebs traten im Test keine Probleme auf. Sowohl die Anwendung als auch die geöffnete Datei standen in der zuletzt gespeicherten Version zur Verfügung.
Wurden Passwort und Verschlüsselung gewählt, bleibt Systemen der Zugang zu der Datenpartition des U3-Sticks verschlossen respektive erscheint diese Partition nicht. Sichtbar ist lediglich die Systempartition als CD-ROM-Laufwerk. Dies gilt für alle Windows-Systeme wie auch Linux oder Mac OS. Anmelden kann man sich nur unter den eingangs erwähnten Windows-Versionen, danach ist der Zugriff auf die Datenpartition frei. Wer es riskieren will, ohne Passwortschutz zu arbeiten, kann die Datenpartition auch unter anderen Betriebssystemen wie einen normalen Wechseldatenträger nutzen.
Ein wirkliches Handbuch bringen die USB-U3-Sticks nicht mit, dafür erklärt einem die elektronische Assistenz den Umgang mit dem "intelligenten" Speichermedium.
Von Pfaden und Buchstaben
Damit U3-Anwendungen nicht nur selbst portabel sind, sondern auch wirklich mobil agieren, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Abgesehen davon, dass eine Verankerung in der Registry keinen Sinn ergibt, ist die fürs mobile Betreiben richtige Vergabe von Pfaden von entscheidender Bedeutung.
Das klappte im Test im Großen und Ganzen auch ganz vorzüglich. Firefox legt beispielsweise Bookmarks und Cache brav auf dem U3-Stick ab. Andere Anwendungen wie Migo oder Roboform richten und pflegen ihre Dokumentenverzeichnisse gleichfalls ordnungsgemäß in den dafür vorgesehenen Pfaden auf dem U3-Stick. Nicht ganz so portabel verhielt sich die von u3.com bezogene U3-Version von Open Office. Als Standardspeicherpfad fand sich hier nicht der vorgesehene Ordner auf dem U3-Stick, sondern der des aktuellen Windows-Profils auf einem lokalen Laufwerk.
Dies lässt sich zwar manuell ändern und auf den entsprechenden Pfad auf den U3-Stick umbiegen, hilfreich ist es aber nur bedingt. Das klappt mit Blick auf die Zukunft auch nur, wenn hinsichtlich der Laufwerke stets identische gastgebende Rechner zum Einsatz kommen. An einem anderen System quittierte die verwendete Open-Office-Version daher zu Recht den Aufruf der zuletzt geöffneten Dateien mit einer Fehlermeldung.
Bei anderen Anwendungen ist die Komforteinschränkung eher systembedingt. So ist der Nutzwert des beliebten Grafikbetrachters Irfan View in der U3-Version etwas eingeschränkt. Zu betrachtende Dateien sind manuell zu öffnen, da das gastgebende Windows ja von der Existenz und einer entsprechenden Verknüpfung zu dem Programm nichts weiß.
Auf Spurensuche
Ganz spurlos geht der Einsatz eines U3-Smart-Drives an dem Gastsystem nicht vorüber. So können U3-Anwendungen feste Windows-Regularien und -Mechanismen natürlich nicht außer Kraft setzen. Da Windows XP nun mal auf Grund permanenter Startoptimierung über gestartete Anwendungen Buch führt, finden sich die entsprechenden Hinweise auf die U3-Anwendungen selbstverständlich im windows\prefetch-Ordner.
Temporäre Dateien, wie etwa von Open Office, ließen sich hingegen auf den Testsystemen nicht aus-machen. Hier leistet der Cleanup-Prozess augenscheinlich ordentliche Arbeit. Apropos Cleanup: Die fürs gesamte Aufräumen verantwortliche Datei "cleanup.exe" findet sich auch nach Abziehen des U3-Sticks in dem für die Anwendungsdaten definierten Pfad un- ter U3. Darüber hinaus ließen die unterschiedlichen Testsysteme auch Veränderungen an der Registry feststellen, die aber nicht eindeutig einer Anwendung zuzuordnen waren.
Damit hinterlässt U3 keine wirklich verwertbaren Spuren auf dem jeweiligen Gastsystem, von einem völlig rückstandsfreien Betrieb kann aber auch keine Rede sein.
U3-Alternative
Die U3-Plattform ist nicht der einzige Ansatz, ein Startmenü auf einem USB-Stick einzurichten. "Ceedo" von Ceedo Technologies erlaubt dies auf allen als Wechselspeicher erkannten Medien. Damit lassen sich auch herkömmliche USB-Flash-Drives mit Startmenü und Anwendungen versehen. Aktuell ist Ceedo nur in Englisch verfügbar und schlägt mit 39,95 US-Dollar zu Buche. Wer sich an der Lösung versuchen will, kann eine 30-Tage-Testversion herunterladen.
Bei der Installation sollte der zu bespielende USB-Stick schon im Port stecken. Bereits darauf befindliche Daten bleiben unbehelligt. Ceedo richtet auf dem Speichermedium einen Ordner mit den Unterverzeichnissen "Windows" und "Program Files" als mobile Arbeitsumgebung ein.
Ganz ähnlich wie bei U3 klinkt sich auch bei Ceedo ein eigenes "Startmenü" in die Systemleiste ein. Ceedo-kompatible Anwendungen bekommt man direkt per Download aus dem Menü. Das Angebot umfasst die gängigen Kategorien wie Browser, Messenger und E-Mail.
Eine integrierte Sicherheitslösung wie bei U3 gehört nicht zum Lieferumfang von Ceedo. Wer seine Daten geschützt und verschlüsselt wissen will, kommt um ein zusätzliches Tool nicht herum.
Fazit
"U3 - so intelligent wie Sie selbst". So lautet auch der Infotext zum Willkommensprogramm der U3-Drives. Nun ja, wenn dem so ist, sind zumindest ordentliche Selbstzweifel angebracht. Keine Frage, man kann sich schnell daran gewöhnen, einen USB-Stick mit Browser inklusive eigener Bookmarks, fertig konfiguriertem Messenger, eventuell Mail-Programm und vielleicht sogar Virenscanner stets dabeizuhaben. Der Mehrwert gegenüber einem herkömmlichen USB-Stick ist spürbar, der Passwortschutz inklusive Verschlüsselung vermittelt Sicherheit. Ganz nebenbei ist der U3-Stick ja eigentlich auch als "normaler" USB-Stick zu nutzen. Hier bleibt die Einschränkung, dass bei gesetztem Passwortschutz der Wechselspeicher nicht U3-konformen Betriebssystem wie Linux oder Mac OS verschlossen bleibt.
Ein wirklich mobiler Arbeitsplatz ist dies insgesamt aber nicht. Wer mit Firefox, Thunderbird und Open Office auskommt, mag gut bedient sein, insgesamt erscheint das verfügbare Software-Angebot noch sehr übersichtlich. Viele professionelle Anwender müssten aber wohl auf das ein oder andere kommerzielle Helferlein zurückgreifen, um wirkliche Mobilität zu erreichen. Wenn dies denn mit den im eigenen Unternehmen eingesetzten Applikationen und Daten überhaupt funktioniert. In Verbindung mit den Hardware-Preisen für U3-Sticks kann im Bedarfsfall schnell ein ordentliches Sümmchen zusammenkommen. Bei der Synchronisation zwischen eigenem PC und U3-USB-Stick unterliegt man in solchen Fällen den gleichen Beschränkungen und Hürden wie bei anderen mobilen Geräten.
Bei den Anwendungsszenarien bleibt noch die Frage, an welchen Rechnern der professionelle Anwender den U3-Stick zum Einsatz bringen soll. Am System des Kollegen als Springer agierend ist dies sicher vorstellbar und in vielen Fällen außerordentlich praktisch - etwa wenn sich ein Notebook für Außendiensttätigkeiten geteilt werden muss. Auch die Nutzung der Daten und Einstellungen an mehreren Rechnern - etwa im Büro und zu Hause - ist gut vorstellbar. Wirkliche Mobilität für den Reisenden ist indes nicht geboten. Beim Kunden vor Ort dürfte sich der Einsatz von selbst verbieten. Bleiben die als Beispiele von den U3-Machern angeführten Internetcafés oder Konferenzzentren.
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