Online-Stores wie iTunes werden von Hollywood nicht als Händler, sondern als potenzielle Konkurrenten von Fernsehsendern betrachtet. In den vergangenen Wochen ist daher aus dem Angebot von iTunes sowie dem US-Streamingservice Netflix eine Reihe von Filmen verschwunden bzw. deren Verkaufsstopp angekündigt worden. Der Grund dafür ist ein althergebrachtes Lizenzsystem, das die Hierarchie der Veröffentlichungstermine in den einzelnen Medien regelt - also wann und wie lange ein Film oder eine Sendung über welchen Medienkanal gezeigt oder verkauft werden dürfen. In der Regel kommen Filme demnach zunächst in die Kinos, dann auf DVD, gefolgt von Pay-TV, zuletzt schließlich ins normale Fernsehen.
In dieses System, mit dem Hollywood und die Fernsehsender jahrzehntelang gutes Geld verdient haben, scheinen digitale Online-Stores offenbar nicht hineinzupassen. Denn statt auf gleiche Ebene mit herkömmlichen DVD-Händlern gesetzt zu werden, müssen iTunes und Co ihre Filmverkäufe mit den Ausstrahlungsterminen im TV abstimmen, berichtet Cnet. Normalerweise sind Händler und Videoverleiher nicht von Sendezeiten im Fernsehen betroffen, wenn der jeweilige Film längst in deren Angebot zu finden ist. Nur weil zum Beispiel Casablanca auf einem Sender gezeigt wird, stoppt Warner nicht den DVD-Verkauf in den Läden. Genau das scheint sich nun aber in den Download-Stores abzuspielen, wie auch US-Sprecher von iTunes und Netflix bestätigten.
In Deutschland bietet iTunes bis dato keine Filme an, sondern nur TV-Sendungen. Ob sich die Vorgehensweise in den USA trotzdem in irgendeiner Weise auf den deutschen Store auswirkt, wollte Apple Deutschland auf Nachfrage von pressetext nicht kommentieren - auch nicht, ob in punkto Lizenzvergabe zwischen iTunes und herkömmlichen DVD-Geschäften generell ein Unterschied gemacht wird. Für die Nutzer sowohl in den USA als auch im deutschsprachigen Raum wirft sich allerdings die Frage auf, ob Web-Stores als Händler oder als Unternehmen der Unterhaltungsindustrie zu gelten haben. Von Seiten der TV-Sender, zumindest in den USA, scheint die Sichtweise klar: Sie betrachten die Downloadplattformen als Wettbewerber und fordern daher den Stopp bestimmter Filmverkäufe, sobald der betreffende Streifen auf ihrem Kanal ausgestrahlt wird.
Vor allem die Kabel- und Pay-per-View-Sender in den USA zahlen oft enorme Summen für Exklusivrechte an Filmen. Wenn diese nun verlangen, dass Internethändler während ihrer Sendetermine die betreffenden Filme nicht verkaufen oder verleihen sollen, schlagen sich die Filmstudios auf ihre Seite. Weil für Hollywood die TV-Deals bis dato weitaus lukrativer sind als die Umsätze über iTunes und Netflix, wird der Forderungen der Fernsehsender gerne nachgegeben und den Online-Stores das Verkaufsrecht entzogen. So lange im Netz nicht bedeutend mehr Geld eingenommen werde, so lange könnte es sich auch kein Filmstudio erlauben, die TV-Sender zu verprellen, meint Jan Sexton, Analyst bei Adams Media Research. Das Lizenzsystem bedarf wohl einer Erneuerung und auf Dauer wird es sich auch Hollywood nicht leisten können, den digitalen Markt zu ignorieren. Vorerst scheint die Traumfabrik aber noch ausreichend über eine Reihe anderer Vertriebskanäle einzunehmen. (pte)