Ohne sie zu kritisch zu sehen, kann man Meg Whitman als flexibel bezeichnen. Léo Apotheker hatte am 18. August 2011 – damals als CEO – angekündigt, HP wolle sein PC-Geschäft ausgründen oder verkaufen. Whitman, die auf Betreiben Apothekers Anfang 2011 in den HP-Verwaltungsrat eingezogen war, unterstützte diese Pläne. 70 Tage später wurde Apotheker mit einem goldenen Handschlag verabschiedet, und Whitman bestieg den Thron. Die Idee, das PC-Geschäft auszugliedern, ließ Whitman kurzerhand in der Schublade verschwinden.
"Wir haben keine Pläne, HP aufzuspalten"
Am 22. Februar 2013 hörte sich Meg Whitman immer noch so an. Da diskutierte HPs Oberhaupt die Geschäftszahlen des ersten Fiskalquartals 2013 mit Analysten. Wieder kam die Frage auf, ob sie vorhabe, das Unternehmen in zwei Teile zu trennen. "Wir haben keine Pläne, die Company aufzuspalten", sagte Whitman vor diesem Auditorium. Erklärend schob sie nach: "Ich habe das wieder und wieder gesagt: Gemeinsam sind wir besser und stärker." HP habe eine Menge Aktivposten im Produktportfolio, und "wir sind dabei, unsere Wirtschaftsleistung zu verbessern".
Whitman schloss mit den Worten: "Unsere Kunden wollen, dass die verschiedenen Firmenteile vereint bleiben. Wir haben das laut und deutlich vernommen im August 2011." Bis zum 6. Oktober 2014 muss da im HP-Topmanagement eine entscheidende Erkenntnis herangereift sein. An diesem Tag verkündete Whitman offiziell, dass sich Hewlett-Packard in zwei unabhängig voneinander agierende Firmen aufteilen wolle.
HP Inc. - PCs und Drucker
Die HP Inc. fungiert dabei quasi als Mutterunternehmen. Deshalb muss die bis zum 31. Juli 2015 noch vereint agierende Hewlett-Packard Co. für die künftige HP Inc. vor der Aufspaltung zunächst auch keine genauere Bilanzaufstellung bei der Securities Exchange Commission (SEC) einreichen. Für die Hewlett-Packard Enterprise Co. hat sie dies schon getan.
In die HP Inc. geht das PC- und Druckergeschäft über. Mit Personal Systems, also Desktops, Notebooks und Workstations, erwirt schaftete HP im Geschäftsjahr 2014 (Ende: 31. Oktober 2014) rund 60 Prozent der Umsätze der gesamten Personal Systems Group. 40 Prozent trug die Druckersparte bei. Insgesamt belief sich der Umsatz der Personal Systems Group auf 57,2 Milliarden Dollar.
Wer ist wo bei HP Inc.:
President & CEO: Dion Wiesler
Chairman: Meg Whitman
CFO: Cathie Lesjak
Chief Technology Officer: Shane Wall
COO: Jon Flaxman
Chief Marketing Officer: Antonio Lucio
Chief Technology Officer & Labs: Shane Wall
Human Resource: Tracy Keogh
Printing Group: Stephen Nigro
Personal Systems Group: Ron Coughlin
Customer Support and Solutions: Richard Bailey
EMEA: Enrique Lores
Hewlett-Packard Enterprise
In die Hewlett-Packard Enterprise geht das gesamte Unternehmensgeschäft über. Hierzu gehören die Produktgruppen, die HP unter der Enterprise Group subsumiert:
alle Netzwerkaktivitäten, das Geschäft mit Industrie-Standard-Servern und Business Critical Systems, die Storage-Sparte sowie das Dienstleistungssegment der Technology Services. Eine zweite große Säule ist der Enterprise-Services-Bereich, in den die Aktivitäten des Infrastructure Technology Outsourcing sowie die Application and Business Services fallen. Schließlich gehören auch die Software Group und die HP Financial Services zur Hewlett-Packard Enterprise.
Wer ist wo bei HP Enterprise:
President & CEO: Meg Whitman
Chairman: Pat Russo
CFO: Tim Stonesifer
COO: Chris Hsu
Human Resource: Alan May
Chief Marketing Officer: Henry Gomez
Chief Technology Officerand HP Labs: Martin Fink
Enterprise Services:Mike Nefkens
Enterprise Group: Antonio Neri
Software: Robert Youngjohns
Cloud (aufgeteilt):
SVP Cloud Go-To-Market: Kerry Bayley
SVP Cloud Product
Management: Bill Hilf
SVP Cloud Engineering: Mark Interrante
Corporate Strategy: Jim Murrin
Chief Customer Officer and Technology & Operations: John Hinshaw
Wieso nun doch die Aufspaltung?
Natürlich fragt man sich, welche Ereignisse oder Umstände Whitmans Einsicht innerhalb von gut zwei Jahren ins Gegenteil verkehrt haben. Ein Grund könnte sein, dass HP nun seit gut einem Jahrzehnt mit rückläufigen Umsätzen zu kämpfen hat. Hinzu kamen diverse Gerichtshändel und verunglückte Akquisitionspläne (Autonomy, PwC).
Schließlich gab es im internen Management-Team immer wieder heftige Auseinandersetzungen, die ein ums andere Mal zu Abgängen im Streit führten: Carleton ("Carly") Fiorina, Mark Hurd, Léo Apotheker - allesamt CEOs von HP, die auf weniger glückliche Art entthront wurden. Immerhin haben sie alle üppige Abfindungen erhalten.
HP rechnet allein für den weltweiten Aufbau der beiden neuen Unternehmensbereiche mit Kosten von rund 400 bis 450 Millionen Dollar. An Umbaukosten sind weitere 1,8 Milliarden Dollar eingeplant. Diese zusätzlichen Ausgaben sind ein Ballast, den die beiden HP-Unternehmen in geschäftlich schwierigen Zeiten schultern müssen.
Umsatzeinbußen bestimmen das Bild
Wie ist nun der Status der beiden neuen Firmen zum 1. August 2015? Ein Blick auf den derzeit aktuellsten Geschäftsbericht (zweites Quartal, Ende: 30. April 2015) liest sich für die verschiedenen Produktsparten eher ernüchternd: Der Umsatz der Personal Systems Group ist im Vergleich zum Vorjahresquartal um fünf Prozent gesunken. Im Printing-Geschäft (minus sieben Prozent), in der Enterprise Group (minus ein Prozent), bei Enterprise Services (minus 16 Prozent) und Software (minus acht Prozent) sowie bei HP Financial Services (minus sieben Prozent) - überall verzeichnet HP Umsatzrückgänge. Auch die Gewinne sinken kontinuierlich. Im zweiten Quartal des Fiskaljahrs 2015 sanken die operativen Gewinne in vielen Sparten:
bei der Personal Systems Group im Vergleich zum Vorjahresquartal von 290 Millionen auf 235 Millionen Dollar;
im Printing-Geschäft von gut 1,1 Milliarden auf 996 Millionen Dollar;
die Enterprise Group musste nur einen geringfügigen Rückgang von 957 auf 950 Millionen Dollar hinnehmen;
Produktprimus Enterprise Services: Hier ist ein spürbares Ertragsplus von 148 auf 194 Millionen Dollar zu verzeichnen;
schlechter lief es im Softwaresegment: das Plus lag bei 160 Millionen Dollar nach 186 Millionen im Jahr zuvor;
Bei HP Financial Services ging es um 14 Millionen nach unten. Am Ende reichte es für einen operativen Profit von 85 Millionen Dollar.
Irritierende Management-Wechsel
Hewlett-Packard steckt seit vielen Jahren in einem Abwärtstrend, und auch Whitman, die im Herbst 2011 das Ruder übernahm, konnte die Talfahrt nicht grundsätzlich stoppen. Probleme gab es schon unter Carly Fiorina, die das Unternehmen am 9. Februar 2005 nach Querelen mit dem Verwaltungsrat wegen der angeblichen Weitergabe vertraulicher Informationen an die Presse verlassen musste.
Ersetzt wurde sie durch Mark Hurd, der sich zuvor bei NCR als konsequenter Sanierer einen Namen gemacht hatte. Mit ihm trat vorübergehend eine Besserung ein - unter anderem, weil Hurd tiefe Einschnitte beim Personal vornahm. Hurd wurde wegen einer Spesenrechnungsaffäre mit einer dem Unternehmen verbundenen Geschäftspartnerin abgelöst, was die Verunsicherung bei Mitarbeitern und Kunden nicht eben verringerte. Ursprünglich waren ihm in dieser Causa sexuelle Belästigungen vorgeworfen worden - eine Anschuldigung, die interne Untersuchungen jedoch nicht bestätigten. Es blieb bei der zweifelhaften Spesenabrechnung.
Auch mit Hurds Nachfolger Léo Apotheker trat keine Besserung ein. Apotheker war im Februar 2010 als SAP-Chef von der grauen Eminenz Hasso Plattner zu Fall gebracht worden. Auch bei HP erlebte er als CEO keine glückliche Zeit. In seiner Ägide kam erstmals der Plan auf,
das PC-Geschäft zu verkaufen. Bei HP zeigten sich selbst Topmanager geschockt, darunter der Chef der PC-Sparte Todd Bradley. Den informierte Apotheker anlässlich eines Abendessens erst ganz kurz vor der Bekanntgabe seiner Pläne.
Das Für und Wider der Veräußerungsabsichten beschäftigte das Unternehmen über die Maßen. Es führte intern zu Grabenkämpfen und extern zu großen Verunsicherungen bei Partnern und Kunden. Der etwas irrlichternde Apotheker, der erst am 1. November 2010 den Chefposten bei HP angetreten hatte, musste bereits am 22. September 2011 wieder das Feld räumen und Platz für Meg Whitman machen.
Marktentwicklung aus den Augen verloren
Es waren wohl auch die internen Unruhen, die dazu führten, dass HP die Entwicklungen am Markt aus den Augen verlor. Das Unternehmen verpasste sowohl im Cloud-Geschäft als auch bei den sich rasant verbreitenden Smartphones und Tablets den Anschluss. Dabei hatte HP auch in dieser schwierigen Zeit - ganz in der Tradition des Ingenieurbetriebs - interessante Technologiekonzepte in seinem Portfolio: Die Memristor-Speichertechnik etwa, die seit Jahren auf den digitalen Reißbrettern
entwickelt wurde, nähert sich der Marktreife. Entwicklungen im 3D-Druck-Segment liefen praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit, obwohl sich HP hier Großes versprach. Nicht wenige erwarten heute, dass diese Saat in der neuen HP Inc. aufgehen könnte.
Nach wie vor einfallsreich
Dass HP auch im Client-Segment gute Einfälle hat, beweist zudem das "Sprout"-Konzept des ersten - laut HP-Werbung - "immersiven" PCs. Bei diesem Rechner wartet Hewlett-Packard mit einer besonders innovativen Benutzerschnittstelle auf. Hier kann der Benutzer nicht nur mit seinen Fingern den berührungsempfindlichen Monitor bedienen, sondern auch auf einer sogenannten Touch Mat arbeiten. Dies ist ein Bedienfeld anstelle einer herkömmlichen Tastatur. Auf diese Touch Mat können von einer über dem Display angebrachte.
3D-Kamera und Projektionsmaschine 2D- und 3D-Objekte eingescannt, auf die Touch Mat projiziert und dort bearbeitet werden. Ob sich dieses revolutionäre Konzept am Markt in gewinnbringenden Stückzahlen umsetzen lässt, wird sich allerdings erst noch zeigen müssen. Es beweist aber, dass HP als Entwicklungs- und Ingenieurfirma lebendig ist. Allerdings sind dies keine strategischen, sondern lediglich Einzelentwicklungen.
HP Inc. oder Hewlett-Packard Enterprise?
Es wird spannend sein zu beobachten, ob und wie sich die beiden neuen Unternehmen längerfristig behaupten können. Marktbeobachter Ray Wang, CEO des im Silicon Valley ansässigen Analystenhauses Constellation Research, hält die Aufspaltung für einen Fehler. HP gebe wertvolle Synergiepotenziale im Bereich Forschung und Entwicklung und in der Supply Chain auf. Außerdem gebe man Skalenvorteile preis, etwa beim Masseneinkauf von Chips.
HP selbst argumentiert, dass mit der Aufspaltung operative Ausgaben in der Größenordnung von 2,8 Milliarden Dollar eingespart werden könnten. Whitman hatte hierzu bereits vor Jahren den Stellenabbau von 55.000 Mitarbeitern über die kommenden Jahre angekündigt. Ob diese Veränderungen aber tatsächlich in diesem Umfang weiter realistisch sind, ist noch unklar.
Auch Timothy Prickett Morgan ist skeptisch bezüglich der Erfolgsaussichten der Spaltung. In einer Analyse für die Online-Publikation "The Platform" schreibt er, die Aufspaltung gebe so viel Sinn wie einst die Zusammenführung der unterschiedlichsten Geschäftsstrategien verschiedenster Produktgruppen unter einem HP-Dach. Mit Blick auf HP Enterprise warnt Prickett Morgan: Hunderttausende von HP-Data-Center-Kunden dürften sich fragen, warum ein autonomes Enterprise-Geschäft besser in der Lage sein soll, Kunden mit Technik und Services zu versorgen und ihnen bei den technischen und ökonomischen Umwälzungen im Rechenzentrum zu helfen.
Getrennt operieren - höhere Bewertung
Christophe Châlons, Chief Analyst bei PAC, sieht die Aufspaltung HPs in zwei getrennt operierende Unternehmen positiver. Er äußerte bereits im Oktober 2014, dass aufgrund der unterschiedlichen Märkte und Geschäftsmodelle der beiden neuen Unternehmen auch die Leistungskennzahlen (KPIs), an denen man messen lassen müsse, unterschiedlich seien. Ergo schließt Châlons, dass die getrennt operierenden Einheiten in Addition eine höhere Bewertung erreichen müssten, als dies im bisherigen Konglomerat möglich war.
HP Inc.: Geringe Margen bei PC-Systemen
Betrachtet man die beiden Unternehmen einzeln, so fällt auf, dass sich in den Medien in den vergangenen Wochen und Monaten ein Konsens gebildet hat, wonach die HP Inc. eher zum Scheitern verurteilt sei als die HP Enterprise. In der Tat: Die wirtschaftlichen Zahlen der ehemaligen HP-Geschäftseinheit Printing and Personal Systems Group (PPSG), die jetzt als HP Inc. firmieren, belegen den Druck, unter dem diese Produktsegmente stehen. So erwirtschaftete etwa Personal Systems (also Notebooks, Desktops, Workstations) im zweiten Quartal 2015 nur eine operative Marge von 3,0 Prozent - die geringste aller HP-Divisionen. Dieser Bereich hat auch wesentliche Entwicklungen verschlafen.
Smartphones und Tablets sind entweder gar nicht im Angebot oder deutlich unterrepräsentiert. Dies dürften Nachwirkungen aus der Zeit Apothekers gewesen sein. In seine Zeit fiel der Versuch, mit dem "TouchPad" auf Basis des zugekauften Betriebssystems WebOS verlorenes Terrain im Mobilmarkt zu erobern. Eine Strategie, die grandios scheiterte. Dabei zeigt sich der Trend zu mobilen Endgeräten auch bei HP selbst: Während alle anderen Kategorien der Personal Systems Group
im zweiten Quartal 2015 rückläufige Umsätze verzeichnen, konnte die Notebook-Sparte im Jahresvergleich eine Umsatzsteigerung von immerhin fünf Prozent erzielen. Allerdings belegt das Notebook-Business auch, wie volatil das Geschäft ist: Vom ersten zum zweiten Quartal 2015 weist die PSG einen Umsatzrückgang von zwölf Prozent bei Notebooks aus.
Auch für das zweite Standbein der künftigen HP Inc., die Druckersparte, sind die goldenen Zeiten - jedenfalls vorerst - vorbei. Sowohl Business- als auch Privatkunden zeigen deutliche Kaufzurückhaltung. Auch das lukrative Geschäft mit Zubehör ist rückläufig.
HP Inc. = Verliererunternehmen?
Trotzdem wehrt sich Patrik Edlund, Sprecher der ehemaligen HP Deutschland, gegen den Eindruck, mit der HP Inc. sei der Verlierer der Unternehmensaufspaltung schon ausgemacht. Er verweist auf das spannende Thema des 3D-Drucks, das - zumindest in den Projektionen der Analysten - große Wachstumschancen verspricht. Hier sei HP mit eigenen Entwicklungen sehr engagiert am Werk. Problem allerdings: So vielversprechend der 3D-Druck auch zunächst erschien, auf dem sogenannten Hype Cycle steckt er schon wieder im "Tal der enttäuschten Erwartungen". Von Stückzahlen, in denen ein Unternehmen wie HP denkt - und denken muss -, ist dieses Produktsegment weit entfernt. Edlund betont zudem die Bedeutung, die Konzepte wie der "Sprout"-PC für die Produktsparte hätten.
PC-Geschäft von HP zeigt sich stabil
Nicht hausgemacht und zudem ein Problem, das alle amerikanischen IT-Hersteller derzeit teilen, ist der starke Dollar. Gartner wies bereits 2015 darauf hin, dass Verkäufer von Endgeräten die Preise erhöhen werden, um währungsbedingte Einbußen auszugleichen. In der Eurozone und in Japan sollen PCs im Jahr 2015 um bis zu zehn Prozent teurer werden. Allerdings ist das ein Effekt, der alle Anbieter trifft und in allen geografischen Regionen Spuren hinterlässt. Trotzdem erwischt er die neue HP Inc. zu einem ungünstigen Zeitpunkt, nämlich gleich zum Start.
Das PC-Geschäft von HP bleibt angesichts der allgemeinen Marktschwäche ein unsicherer Kandidat. Zwar deutete sich im ersten Quartal dieses Jahres eine leichte Erholung an - HP konnte Gartner zufolge seinen weltweiten Absatz um 2,5 Prozent steigern, während der Gesamtmarkt um 5,2 Prozent schumpfte. Doch im darauf folgenden zweiten Quartal kam die Ernüchterung: Der PC-Absatz im globalen Markt wie auch bei HP reduzierte sich im Vergleich zum Vorjahresquartal um 9,5 Prozent. Auch die direkten Konkurrenten verzeichneten Einbußen, aber in einem etwas geringen Ausmaß: Marktführer Lenovo beklagte ein Minus von 6,8 Prozent, Dell 4,9 Prozent.
"Ein solches Business kann wertvoll sein"
Steve Janata von Crisp Research sieht die Zukunft der HP Inc. dennoch nicht so schwarz wie einige andere Marktbeobachter. Welches der beiden neuen Unternehmen von der Aufspaltung profitieren werde, bleibe abzuwarten. "HP als Gesamtes leidet seit Jahren unter strategischen Fehlentscheidungen." Die Abspaltung des PC- und Druckergeschäfts gebe vor allem für die Investoren Sinn. Janata sieht die Margenthematik der Personal Systems Group nicht als besorgniserregend an: "Dieses Geschäft ist von niedrigen Margen gekennzeichnet. Aber die Historie (Lenovo/IBM) hat gezeigt, dass mit richtiger Strategie, Fokussierung und Kostenkontrolle ein solches Business doch wertvoll sein kann."
Ebenfalls eher optimistisch argumentiert Wolfgang Schwab, Lead Advisor Platforms & Infrastructure bei der Experton Group AG. Mit niedrigen Gewinnmargen umzugehen, sei für für PC- und Notebook-Anbieter nicht neu. Und richtig sei auch, dass HPs strategische Entscheidungen zum Thema Smartphones und Tablets "eher von zweifelhafter Natur" gewesen seien. Die Ausgangssituation für einen langjährigen, erfahrenen Anbieter wie HP sei aber dennoch nicht schlecht. "Bei richtigem Management kann HP hier durchaus erfolgreich sein."
Nach wie vor gute Margen
Nicht zu unterschätzen, so Schwab, ist das Druckergeschäft. Dort ließen sich nach wie vor gute Erträge erzielen. Tatsächlich generierte der Anbieter im Druckergeschäft (für Privat- und Geschäftskunden inklusive des gesamten Zubehörs) immer den höchsten operativen Gewinn - wenn man einmal die Softwaresparte mit ihren generell höheren Margen außen vor lässt. Allerdings ist dieses Business bei HP wesentlich kleiner.
And the winner is ... HP Enterprise?
So sehr manche Experten die HP Inc. auf der Verliererstraße sehen - und damit unrecht behalten könnten -, so wenig ist auch ein Erfolg der HP Enterprise ausgemacht. Um nur einen Effekt der Aufspaltung in eine HP Inc. und eine HP Enterprise aufzuzeigen, sei Timothy Morgan Prickett noch einmal zitiert. Seit der Weltwirtschaftskrise von 2008/2009 kämpfe HP mit rückläufigen Zahlen. Die Abschreibungen für den missglückten Autonomy-Kauf müssten ebenso wie die 13,9 Milliarden Dollar teure Akquisition von EDS aus dem Jahr 2008 erst einmal verdaut werden.
In dieser Situation sehe sich HP nun in einer vergleichbaren Situation wie IBM, die ihr PC-Geschäft an Lenovo abgetreten hatte. Der Skaleneffekt, den man als Großeinkäufer von Prozessoren bei Firmen wie Intel nutzen konnte, verringerte sich mit dem Verlust des PC-Geschäfts - zum Nachteil für die Server-Abteilung. IBM musste die Chips teurer einkaufen und damit auch die Preise für seine Server erhöhen. Ähnliches prognostiziert Prickett nun der HP Enterprise.
Crisp-Research-Analyst Janata erwartet weitere Probleme: "HP Enterprise steht vor gewaltigen Herausforderungen. Im Cloud-Service Geschäft ist man quasi gescheitert. Outsourcing ist ein schwieriges Umfeld, wo Anbieter wie HP unter der starken Konkurrenz aus Indien leiden. Und Trends wie Software-defined Network/Datacenter machen das Leben auch nicht gerade einfacher." Derzeit spreche wenig dafür, "dass HP an alte Erfolge anknüpfen kann".
Ebenfalls noch nicht ganz überzeugt ist Experton-Mann Schwab. HP Enterprise habe "theoretisch bessere Chancen, jedoch vermisst man seit Langem echte Innovationen im Bereich Server und Storage, so dass von dieser Seite eher wenig zu erwarten ist". Der Erfolg, so Schwab, "steht und fällt letztlich mit den Enterprise Services, da bei den Produkten wenig Innovatives zu erkennen ist".
Doch es gibt auch Positives: Timothy Prickett Morgan sieht über den langen Zeitraum von der Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008/09 bis heute ein recht stabiles Umsatzergebnis der Softwaresparte und des Bereichs HP Financial Services. Beide hätten Jahr für Jahr mit jeweils rund einer Milliarde Dollar zum Gesamtergebnis beigetragen. Diese Einnahmen - allerdings auf im Konzernmaßstab eher niedrigem Niveau - hätten beide Geschäftseinheiten unberührt von weltweiten wirtschaftlichen Entwicklungen und Konkurrenzeinflüssen erwirtschaftet.
Die Enterprise Group, zu der die gesamte Hardware der Server, Storages, Switches sowie der technische Support für diese Gerätschaft gehört, durchlitt bittere Zeiten während der Finanzkrise - schaffte dann aber bis Ende 2010 ein glänzendes Comeback. Seitdem aber sinken die Umsatzzahlen wieder kontinuierlich - mit gelegentlichen Ausschlägen nach oben. Grund hierfür ist vor allem der Trend zu preiswerten x86-Standard-Servern, an denen nicht viel zu verdienen ist. Gleichzeitig werden die Verhältnisse für die hochpreisigen Itanium-basierten "Integrity"-Systeme immer schwieriger.
Geholfen hat HP auch nicht der Zukauf von Netzwerk- und Speicherfirmen, um das Geschäft der Enterprise Group zu stabilisieren (beispielsweise 3Par oder 3Com). Immer mehr Wettbewerber mit offeneren Konzepten, billigerer Hardware und ausgeklügelteren Softwareangeboten traten auf den Plan und machten es HP schwer, erfolgreich zu agieren. Prickett Morgan sieht davon auch andere Traditionsanbieter wie IBM, Dell, Oracle/Sun oder Fujitsu bedroht.
Auch im IT-Servicemarkt stagniert HP. Allerdings sollte erwähnt werden, dass der Konzern hier weltweit klar die Nummer zwei ist. Dieser Erfolg stammt, wie PAC-Analyst Châlons betont, vor allem aus dem guten Auftritt im Bereich der Infrastructure Services. Wie es mit dem Servicegeschäft weitergeht, wird auch davon abhängen, ob sich HP an das hält, was das Unternehmen vor Wall-Street-Analysten versprochen hat: Die Kosten im Servicegeschäft sollen um rund zwei Milliarden Dollar gesenkt werden. Da dies wohl über Personalreduzierungen vonstatten gehen wird, ist erneut Unruhe programmiert.
Whitman plant Shopping-Tour
Meg Whitman, die bei HP Enterprise weiterhin als CEO fungieren und als Chairman in die Geschäfte der HP Inc. hineinregieren wird, hat zudem bekannt gegeben, dass HP Enterprise Firmen zukaufen werde. Nun ist das Thema Akquisitionen keines, das bei HP in der Vergangenheit eine klassische Erfolgsgeschichte gewesen wäre. Viel wird davon abhängen, ob beide HP-Unternehmen hier ein glücklicheres Händchen beweisen als früher.
Experton-Analyst Schwab verweist denn auch auf HPs "eher durchwachsene Historie, wenn es um M&A-Vorhaben geht". Erfolgreich seien vor allem technologiegetriebene Übernahmen kleinerer Unternehmen verlaufen. "Wenn man HP heute betrachtet, kommen zwei Bereiche für Zukäufe in Betracht: einerseits Hardware und Middleware, andererseits Services." Von Software hingegen sollte HP nach Möglichkeit Abstand halten, so Schwab. "Dieser Markt ist so weit vom eigentlichen Kerngeschäft entfernt, dass weder Synergien noch Erfolge zu erwarten sind."
Janata von Crisp Research rät dringend zu Akquisitionen: "HP Enterprise muss sich zwingend durch Zukäufe verstärken. In nahezu allen Zukunftsfeldern ist HP schwach aufgestellt." Auf eigene Innovationen zu setzen, wäre sehr gefährlich, dazu fehle HP aktuell die Energie und auch die Zeit. HP müsse aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und sich beim Integrieren zugekaufter Unternehmen professioneller aufstellen. "Wie das funktioniert, lässt sich bei Oracle lernen."
Fast wie ein Verdikt klingt, was Janata HP mit auf den Weg gibt: "Meg Whitman hat versäumt, den Umbruch mit positiven Perspektiven zu verknüpfen. Viel mehr als Kostensenkungen und der Split-up sind ihr bisher nicht eingefallen." Für die meisten sei es schwer, sich kurz- und mittelfristig ein Szenario vorzustellen, das wieder von Wachstum und Innovation geprägt ist. "Dieser Braindrain verstärkt allerdings die negativen Tendenzen. Es ist kurzfristig nicht absehbar, dass sich daran etwas ändern könnte."
Aus Sicht von Experton-Analyst Schwab führt jede Strukturveränderung in einer Firma dieser Größe zu Reibungsverlusten. "Entscheidend ist, dass derartige Maßnahmen schnell und konsequent durchgeführt werden. Dieser Prozess scheint nun soweit abgeschlossen."