Der Ton macht die Musik

Tipps zur Kundenrückgewinnung

19.05.2017 von Dirk Kreuter  IDG ExpertenNetzwerk
Unternehmen gewinnen neue Kunden und verlieren Bestandskunden. So ist der Wirtschaftsfluss. Entscheidend ist, dass sie das Verlieren und Gewinnen von Kunden kontrolliert durchführen.
Wer Kunden erfolgreich zurückgewinnen will, muss schnell handeln.
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Beim Thema Kundenrückgewinnung gibt es nur zwei Branchen, die sich damit professionell beschäftigen: erstens Banken und zweitens die Telekommunikation. Kennen Sie die Situation, wenn Sie häufig mit Ihrem Handy telefonieren und Ihr Vertrag demnächst ausläuft? In dieser Situation werden Sie meist per Brief oder telefonisch vom Kundenberater Ihres Netzbetreibers kontaktiert und er teilt Ihnen mit, dass er gerne mit Ihnen diesen Vertrag verlängern möchte. Wenn Sie ein Kunde sind, der entsprechend viel Umsatz generiert, so können Sie eher von einem Anruf ausgehen. Wenn Sie ein Kunde sind, der eher ein durchschnittliches Volumen telefoniert, so erhalten Sie ein entsprechendes schriftliches Angebot. Meist geht es um bessere Vertragskonditionen oder um ein neues Handy. Die Unternehmen beugen so Ihrer Abwanderung als Kunde vor.

Doch Kundenrückgewinnung beginnt an der Stelle, an der Sie den Vertrag mit Ihrem Netzbetreiber gekündigt haben. Wenn Sie zu den lukrativen Kunden zählten, so werden Sie umgehend kontaktiert, meist angerufen, und es wird Ihnen ein neues Angebot unterbreitet. Denn in diesen Märkten geht es nicht mehr um die Akquise neuer Kunden, sondern es geht nur noch darum, die vorhandenen Marktanteile zu verteilen und abzusichern. Was steckt psychologisch hinter dem Thema Kundenrückgewinnung?

Tipps für IT-Profis im Kundengespräch und Beratung
Was IT-Experten im Kundengespräch beachten müssen
Der Softwarevertrieb ist heute ohne das Wissen eines IT-Experten kaum mehr möglich. Doch das Gespräch mit dem Kunden will für Informatiker gelernt sein. Folgende Tipps zeigen, wie IT-Fachleute im Verkaufsgespräch optimal auf den Customer eingehen.
Menschlich sein
Offen und aufrichtig sein: In der Kundenbeziehung menschlich erscheinen.
Gute Vorbereitung
Gut vorbereitet sein auf die Fragen: Was sind die wichtigen Fakten, und was sollte angesprochen werden?
Flexibilität
Flexibel reagieren: Feststellen, was der Kunde gerade in diesem Moment braucht und was ihm wichtig ist.
Kontaktaufnahme
Nicht auf den ersten Schritt des Kunden warten: Berater sollten in der Kundenbeziehung aktiv sein und von sich aus Kontakt aufnehmen.
Integrität
Integer sein: Nichts versprechen, was fachlich nicht erfüllt werden kann.
Zuhören
Zuhören und die Konzentrationsspanne verlängern: Auf den Kunden hören und nicht schon beim ersten Schlüsselwort einen fachlichen Vortrag halten oder unerbetene Ratschläge erteilen.
Richtiges Antwortverhalten
Nicht vorschnell antworten: Vor der Antwort überprüfen, ob der Gedanke des Kunden richtig erfasst wurde.
Ergebnisse zusammenfassen
Konkretisieren: Aus dem Gespräch konkrete To-Dos ableiten, nachverfolgen und rückmelden. Damit behält jeder den Überblick über das Besprochene.
Positive Ausstrahlung
Freude am Thema und den Menschen haben: Das erzeugt eine positive Ausstrahlung.

Einer Studie zufolge beschweren und reklamieren Kunden, die unzufrieden sind, nur mit einem Anteil von vier Prozent beim Anbieter direkt. 96% und hiermit ist der Endkundenmarkt gemeint, wechseln den Anbieter ohne Angaben von Gründen. Als Lieferant bekommt man das oftmals gar nicht mit. Und nicht nur, dass die wenigsten wirklich reklamieren, sondern die, die weggehen, erzählen es rein statistisch auch noch neun bis 15 anderen Menschen, warum sie gewechselt haben.

Wenn Sie dieser Tatsache nicht Rechnung tragen, so wird auch Ihre Neukundengewinnung deutlich erschwert. Viele Kunden treten Ihren Produkten und Ihrem Unternehmen allein durch die kritische Mundpropaganda skeptisch entgegen. Was bedeutet das nun im Tagesgeschäft für Sie?

Kundenumsatzlisten überprüfen

Überprüfen Sie jedes Quartal oder noch besser jeden Monat Ihre Kundenumsatzlisten. Überprüfen Sie, wo ein Kunde in der näheren Vergangenheit abgesprungen ist. Wo haben sich die Umsätze verschlechtert - hierbei ist nicht nur verschlechtert im Sinne von einigen Prozent Rückgang gemeint, sondern: wo sind die Umsätze weggebrochen? Der Kunde hat vielleicht im ersten Quartal noch einen Umsatz von 30.500 Euro gemacht und im zweiten macht er noch genau 500 Euro Umsatz.

Wenn Sie so eine Zahl entdecken, dann ist es Ihre vornehmliche Aufgabe, Ihre Hauptpriorität, diesen Kunden kurzfristig zu kontaktieren und herauszufinden, was der Grund für diese Umsatzentwicklung ist. Zögern Sie nicht. Warten Sie nicht. Studien haben ergeben, dass das Rückgewinnen eines Kunden umso schneller und erfolgreicher ist, je schneller Sie diesen Kunden kontaktieren, nachdem Sie das Problem erkannt haben.

Es gibt drei Gründe, warum Kunden wegfallen.

- Pushed away: Das bedeutet, Sie haben den Kunden verärgert. Sie haben seinen Wünschen nicht entsprochen, und aus dieser Verärgerung heraus wechselt der Kunde zu einem Wettbewerber.

- Pulled away: Das bedeutet, dass ein Wettbewerber Ihren Kunden akquiriert hat. Er hat ihm ein besseres Angebot gemacht.

- Broken away: Das bedeutet, dass dieser Kunde nicht mehr am Markt teilnimmt. Er hat sein Geschäft aufgegeben. Er ist z.B. in Konkurs gegangen oder übernommen worden.

Beim Letztgenannten haben Sie nur noch geringe Aussichten auf die Fortführung des Geschäftes. Anders sieht es bei den beiden erstgenannten Punkten aus. Wenn Sie hier schnell sind und Gegenmaßnahmen ergreifen, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie diesen Kunden zurückgewinnen, sehr groß. Dieser Kunde kennt Sie, dieser Kunde hat mit Ihnen in der Vergangenheit gute Geschäfte gemacht, und wenn Sie ihm zeigen, dass Sie sich um ihn bemühen, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass er mit Ihnen als Stammkunde zukünftig Geschäfte macht, sehr hoch.

Rein statistisch ist es so, dass 94 Prozent aller Kunden, die abgesprungen waren und dann wieder zurückgekommen sind, anschließend Stammkunden werden, die gegen Abwerbungsversuche der Wettbewerber fast resistent und gegenüber Fehlern des eigenen Unternehmens deutlich toleranter sind. Also: Kontrollieren Sie monatlich bzw. quartalsmäßig Ihre Umsatzlisten und handeln Sie sofort.

"Das ist zu teuer!" - 18 Antworten auf diesen Kundeneinwand
"Zu teuer? Im Vergleich zu was genau?"
"Teuer" ist ein relativer Begriff. Wenn Sie herausfinden, mit welcher Alternativlösung Sie Ihr Interessent vergleicht, können Sie in der Folge präzise den Mehrwert Ihrer Lösung, Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung darstellen.
"Wirklich? Wie kommen Sie zu dem Schluss?"
Diese Antwort führt dazu, dass Ihr Interessent seine Sicht begründet. Somit verstehen Sie die spezifischen Bedenken und Vorbehalte und können diese aufgreifen und entsprechend entkräften.
"Ich verstehe, Sie wissen: die besten Produkte/Lösungen benötigen in der Regel etwas mehr Budget."
Geoffrey James, Vertriebsexperte aus den USA, hat einmal gesagt, dass der Einwand "Preis" erst dann ernst zu nehmen ist, wenn der Interessent diesen Aspekt mindestens zwei Mal auf den Tisch bringt. Bedeutet, dass Sie mit dieser Aussage diejenigen Interessenten identifizieren, die entweder tatsächlich nicht genügend Budget haben oder aber diejenigen, die einfach mit dem Budget "spielen" möchten. Oftmals geht es danach ja eh in die Verhandlungsrunden mit dem Einkauf.
"Was bedeutet es für Sie, wenn Sie das Projekt nicht umsetzen - was ist die Konsequenz daraus?"
Einer meiner persönlichen Favoriten, denn durch diese Gegenfrage bringen Sie Ihren Gesprächspartner dazu, zu reflektieren, was passiert, wenn er Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt.
"Ist es eine Frage des Budgets oder des Cash Flow?"
Durch diese Frage finden Sie heraus, ob es dem Interessenten um einen Nachlass auf Grund mangelnder Budgets oder um eine Verlängerung des Zahlungsziels geht. Sobald Sie dies wissen, können Sie entsprechend gezielt in die weiteren Verhandlungen treten.
"Losgelöst von der Budgetfrage: Hilft Ihnen unser Produkt/unsere Dienstleistung, Ihre Herausforderung zu lösen?"
Eine direkte Gegenfrage, die konsequent und ohne Umschweife auf den Wert Ihres Produktes beziehungsweise Ihrer Dienstleistung abstellt. Dadurch stellen Sie die Werthaltigkeit wieder in den Fokus.
"Was genau ist zu teuer?"
Diese Gegenfrage führt dazu, dass Ihr Interessent erläutert, welche Teile des Angebotes ihm zu teuer erscheinen. Aussagen wie "Nun, das ist eine Menge Geld für etwas telefonieren" verdeutlicht mir beispielsweise sofort, dass der Interessent den Wert einer professionellen Kaltakquise für sich noch nicht erkannt hat und wahrscheinlich davon ausgeht, dass es sich um eine klassische Call Center Telefonie handelt.
"Zu Teuer? Das stimmt mich jetzt nachdenklich"
Nachdenklich - mit dieser Formulierung stellen Sie wieder auf die Wertigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung ab. Sie bringen zum Ausdruck, dass es für Sie gar nicht wirklich nachvollziehbar ist, dass ein Interessent den Wert nicht erkennt.
"Ist die Investition der einzige Aspekt, der Sie von einer Beauftragung abhält?"
Mit dieser Frage finden Sie heraus, ob es noch anderweitige Einwände gibt oder ob es tatsächlich "nur" um das Budget geht.
"Gut, ich verstehe. Auf welche Produktfeatures/Leistungsbestandteile können Sie am ehesten verzichten?"
Damit sagen Sie dem Interessenten, dass die Investitionshöhe unmittelbar mit der Werthaltigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung verbunden ist. Wenn der Kunde weniger zahlen möchte, dann sollte er sich darüber im klaren sein, dass er nicht die volle Gegenleistung erwarten darf.
"Ist es so, dass der Preis Sie davon abhält in das Produkt/die Dienstleistung zu investieren, die Ihnen wirklich weiterhilft?"
Hier gehen Sie latent auf das Thema "Geiz ist geil"/Billigkäufe ein, ohne es auszusprechen. Aber Sie sensibilieren Ihren Ansprechpartner nochmals zu diesem Thema. Darüber hinaus finden Sie mit dieser Frage heraus, ob Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung wirklich die beste Lösung für die Aufgabenstellung des Kunden ist.
"Bedeutet dies, dass wir niemals die Möglichkeit zur Zusammenarbeit finden?"
Colleen Francis von Engage Selling Solutions aus USA sagt, dass das Wort "niemals" ein maßgeblicher Trigger ist. "Niemals" ist ein sehr mächtiges Wort und die meisten Menschen mögen das Wort auch nicht. Daher werden viele der Interessenten mit "Naja, nein, niemals würde ich nicht sagen…" antworten. Und schon liegt der Ball wieder beim Vertrieb, da er nun in die konkreten Verhandlungen einsteigen kann oder aber das Gespräch und die Verhandlung tatsächlich komplett beenden kann.
"Welchen Return on Investment wünschen Sie sich genau?"
Diese Gegenfrage lenkt die Gedanken des Interessenten weg von "teuer" und "billig" hin zu dem langfristigen Wert, den Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung mit sich bringt.
"Verstehe ich richtig, dass unsere Preise im Vergleich zum Mitbewerb höher sind?"
Wenn Ihre Preise höher sind als die des Mitbewerbs, so dienst diese Gegenfrage dazu, direkt auf die Differenzierung zum Mitbewerb einzugehen.
"Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal in ein ähnliches Produkt/eine ähnliche Dienstleistung investiert?"
Oft haben Interessenten tatsächlich eine unrealistische Preisvorstellung, was ein gutes Produkt oder eine professionelle Dienstleistung kosten darf. Ein Grund hierfür kann sein, dass der Interessent noch niemals ein vergleichbares Produkt oder Dienstleistung bezogen hat. Mit dieser Gegenfrage haben Sie die Chance derartige "Missverständnisse" auszuräumen.
"Wann haben Sie das letzte Mal etwas nur wegen des Preises gekauft?"
Auch hier geht es, ähnlich wie bei Punkt 11, um das "billig". Gerade im B2B-Umfeld kenne ich kaum verantwortliche Mitarbeiter, die sich damit rühmen "billig eingekauft zu haben". Vielmehr geht es darum Lösungen beschafft zu haben, die dem Unternehmen einen Mehrwert bringen.
"Ich verstehe Sie und ich hatte erst vor kurzem 2/3/4 Kunden wie Sie, die ebenfalls Bedenken wegen des benötigten Budgets hatten. Letztendlich haben sich diese Kunden doch entschlossen das Projekt umzusetzen und wissen Sie was daraus resultierte?"
Und dann setzen Sie das Gespräch mit einer eindrucksvollen Case Study fort, die belegt warum Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung sein Geld wert ist. Wichtig ist hierbei, dass es sich um "echte Case Studies" handelt, die Sie dem Kunden auch schriftlich nachweisen können.
"Wie verhält es sich beim Vertrieb in Ihrem Unternehmen? Verkauft Ihr Unternehmen seine Produkte/Lösungen/Dienstleistungen über den Preis?"
Ein weiterer Favorit von mir, eine Aussage, die ich als Joker immer gerne im Ärmel habe. Auch Ihre Kunden müssen Ihre Produkte/Dienstleistungen verkaufen und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erfolgt dies nicht über eine Billigpreis-Strategie.

Kurzfristige Kontaktaufnahme

In der Regel erfolgt die kurzfristige Kontaktaufnahme mit einem abgesprungenen Kunden telefonisch. Meist werden die Gründe für die ausbleibenden Aufträge mit Worten wie: "Warum, wieso, weshalb…" begonnen. Oft mit dem Ergebnis, dass der Kunde sich jetzt rechtfertigt. Und niemand mag es sich zu rechtfertigen! Führen Sie als Verkäufer immer Gespräche mit Ihren Kunden auf Augenhöhe, nur nicht in Rückgewinnungstelefonaten. Diese Situation ist die einzige Ausnahme, bei der Sie sich mit der Augenhöhe ein Stück nach unten bewegen. Eine optimale Formulierung in einer solchen Gesprächssituation ist beispielsweise: "…was habe ich falsch gemacht, wo war mein Fehler, bitte helfen Sie mir…". Nun wird die Reaktion Ihres Gegenübers deutlich milder ausfallen und er wird deutlich motivierter sein, von seinen wahren Beweggründen zu berichten. Der Ton macht auch hier die Musik. (oe)

Lesetipp: Denkfehler Neukunden-Akquise