Von Wolfgang Leierseder
Bekanntlich vertreibt Telekom-Tochter T-Mobile Apples "iPhone" exklusiv und mit strengen Auflagen. Das liest sich bei dem Provider in typischem Juristendeutsch so: "Die Nutzung von VoIP, Instant Messaging und IPVPN ist nicht Gegenstand des Vertrages. (…) Voraussetzung für die WLAN/EDGE/UMTS Flatrate ist die Beibehaltung der von T-Mobile bzw. Apple vorgenommenen technischen Voreinstellungen der SIM-Karte und des iPhone. Eine Änderung der technischen Voreinstellungen des iPhone - insbesondere des Access Point Name (APN) - ist unzulässig." (Auszug aus dem Tarifvertrag)
Infolgedessen behält sich der Anbieter vor, Verstöße dagegen, welcher Art auch immer, zu ahnden. Und wenig überraschend wurde er im Fall VoiP bereits fündig.
Gegenstand der Abmahnung ist die VoIP-Software des VoIP-Provider Indigo Networks. Dieser bietet seit Anfang Juni den SIP-Dienst Sipgate an, auch für das "iPhone". Allerdings nicht für das neue 3G iPhone, sondern für das alte - das die Telekom seit Mai nicht mehr anbietet. Das alte iPhone ist seit November vorigen Jahres im Handel und wurde auch von der Telekom ohne Mobilfunk-Vertrag verkauft.
Das Programm von Indigo steht derzeit in einer Beta-Version zur Verfügung; trotzdem kann man damit in WLANs mit anderen SIP-Teilnehmern telefonieren.
Nun findet T-Mobile in seiner Abmahnung diverse Haare in dem Sipgate-Angebot. Erstens, dass das Programm in einer Beta-Version vorliegt, weshalb Provider Indigo Networks weder Gewährleistung noch Haftung dafür übernimmt. Auf der Indigo-Seite steht: "Der sipgate iPhone-Client kommt frisch aus unserem VoIP-Labor. Beta bedeutet, dass sich die angebotene Software noch im Entwicklungsstadium befindet und wir keine Gewähr für die Funktionsfähigkeit übernehmen. Das bedeutet auch, dass der sipgate iPhone-Client eventuell nicht mit jeder Firmware des iPhones kompatibel ist und u.U. nicht einwandfrei funktioniert. Für die Verwendung übernehmen wir daher keinerlei Haftung."
Die Telekom-Tochter aber meint, dass viele Kunden mit dem Begriff "Beta" nichts anfangen könnten. Weshalb sie folgert, Indigo arbeite mit irreführenden und unlauteren Mitteln um T-Mobile-Kunden "zumindest teilweise für Verbindungen abzuziehen".
Zweitens moniert T-Mobile, dass sich die Software ausschließlich auf "hacked devices" installieren lasse, was schlicht voraussetze, dass der Kunde die vertragliche Verpflichtung, keine "Änderung der technischen Voreinstellungen des iPhone" vorzunehmen, ignoriere. Tatsächlich ist zur Installation der VoIP-Software das Software-Werkzeug "Installer" notwendig. Diese Software gibt es im Internet dutzendfach, und jeder, der ein iPhone in seinem Besitz hat, ist in der Lage, diese zu installieren. Ob hierzulande die Installation von Software bereits den Tatbestand des Hackings erfüllt, ist bei Juristen strittig.
Apple zum Beispiel klärt das so: In seinem Online-Laden "Appstore" verweist es auf "ITunes", wo eine reich bestückte Sammlung von offiziell freigegebener Software auf den Kunden wartet.
Ein Monopol für iPhone-Software besitzt Apple dadurch aber nicht. Sondern es müssen weitere Gesetze greifen, um Software beziehungsweise Veränderungen der Firmware des iPhones auszuschließen. In Deutschland gelingt das dadurch, dass Apple einen Exklusiv-Vertrag mit der Telekom abgeschlossen hat, der die im Artikel anfangs zitierte Passage enthält. Im EU-Staat Belgien wiederum ist die Kopplung von Handys an Mobilfunkverträge verboten, so dass dort das iPhone legal ohne Vertrag verkauft wird.
In jedem Fall aber, auch in Deutschland, ist der Besitz des iPhones nicht gleichbedeutend damit, es bei der Telekom erworben zu haben. Ein Blick auf Ebay oder andere Online-Versteigerer belegt das.
Inwieweit also die Telekom mit ihrer Abmahnung Erfolg hat, steht dahin. Indigo-Geschäftsführer Thilo Salmon sagte im Gespräch mit ChannelPartner, sein Unternehmen prüfe "in Ruhe die Abmahnung" und man werde sehen, "wie man angemessen reagiert".
Aktuell bietet Indigo die inkriminierte Software weiter an. Auch die Frage, ob es eine Version für das neue iPhone geben werde, antworte Salmon diplomatisch. "Stand heute ist: Nein": " (wl)