Powerline-Netze erfreuen sich in Heimanwenderkreisen immer größerer Beliebtheit. Sie sind einfach zu installieren und bieten stabile Verbindungen, etwa zwischen Computern oder zum Internet. Doch kommt Powerline auch für den professionellen Einsatz in Frage? Die Anbieter Belkin, Devolo, D-Link, Netgear und SMC Networks antworten.
Die Fragen, die ChannelPartner stellte, lauten:
1) Powerline versus WLAN: Welche Vorteile bietet Powerline, wenn man unterstellt, dass die Installation eines WLANs gekonnt (und nicht dilettantisch) gemacht wird?
2) Welche Skalierungsfähigkeit hat Powerline? (Anmerkung: Ich meine nicht Möglichkeiten à la Bruttodurchsatz der Daten, sondern reale Fähigkeiten - bis 100, 200 etc. Personen in einem Powerline-Netz.) Können Sie Referenzprojekte nennen?
3) Welche Netzkomponenten und Managementsoftware sind notwendig, um ein Powerline-Netz für kleinere Unternehmen (ab 20 bis 100 Mitarbeiter) zu erstellen?
4) Welche Argumente führen Sie auf, um ein Systemhaus von Powerline zu überzeugen (Marge, Installation, Postsales-Services, Dienstleistungen; Kontakt mit SMB-Kunden etc.)?
5) Wie sieht die Zukunft von Powerline aus? Wird es sich gegen WLANs und UMTS-Netze behaupten können? Wie sieht es bei SMB-Unternehmen bis 250 Mitarbeitern aus?
Belkin antwortet
1) Powerline (PLC) eignet sich hervorragend als Komplementärtechnologie zu WLAN. Es geht nicht darum, WLAN zu ersetzen. Allerdings gelangen WLAN-Netze schnell an ihre physikalischen Grenzen durch andere WLANs, Mauern, Pflanzen, Telefone, Mikrowellen etc. Hier bietet PLC eine hervorragende Alternative - insbesondere wenn es um die Überbrückung von Stockwerken geht.
In Sachen Übertragungsgeschwindigkeit hat PLC WLAN mittlerweile eingeholt und überholt. Belkins GB-PLC-Geräte übertragen Daten und Video-Streams mittlerweile mit höheren Geschwindigkeiten, als herkömmliche WLANs dies tun.
2) Belkin zielt mit seinen PLC-Produkten lediglich auf den Heimnetzwerkmarkt sowie auf kleinere Unternehmen beziehungsweise Arbeitsgruppen ab. Den Einsatz von mehr als acht Adaptern pro Netzwerk empfiehlt Belkin nicht.
3) und 4) Gute stabile Netwerkverbindungen, kein Installationsaufwand, hoher Verschlüsselungsgrad, minimale Retouren, Marge.
5) Wenn man sich die aktuellen GfK-Zahlen ansieht, dann fällt auf, dass der Markt für WLAN-Router bestenfalls stagniert, wenn nicht sogar schrumpft. PLC hingegen verzeichnet nach wie vor ein starkes Wachstum (14% year on year im Warenwert; Stand Mai). PLC wird sich also auch weiterhin durchsetzen, und Belkin wird sein PLC-Sortiment unter anderem deshalb auch in den kommenden Monaten rundum ausbauen.
Devolo antwortet
1) Powerline bietet nicht die Nachteile, die WLAN aufgrund der Durchdringungsprobleme etwa in Bezug auf Geschossdecken der Wände kennzeichnen.
Durch Powerline kann ein komplettes Gebäude kommunikationstechnisch abgedeckt werden. Darüber hinaus ist die Übertragung in Bezug auf die verfügbare Bandbreite überlegen, Service-Qualität wie sie z.B. zur Übertragung von IPTV erforderlich ist, lässt sich derzeit nur mit Powerline erreichen. Powerline ist hier weniger die Alternative zu WLAN, sondern in B2B-Umgebung vielmehr die überlegene Netzwerktechnik.
2) Powerline ist skalierfähig. Ein Netzwerksegment kann bis zu 64 Stationen umfassen, an die jeweils mehrere Teilnehmer angeschlossen werden können. Im Bedarfsfall lassen sich auch zusätzliche Segmente hinzufügen. Bis heute haben wir viele Erfahrungen gesammelt, und Powerline kann, wie zum Beispiel unsere Hotel-, Schul- und Krankenhausprojekte zeigen, in professionellen Umgebungen sehr erfolgreich eingesetzt werden.
3) Für den Einsatz in professionellen Netzwerken empfehlen wir unsere dLAN-200-AVpro-Produktreihe. Diese wird mit der Managementsoftware "dLAN AVpro manager" ausgeliefert, die zunächst die Installation des dLAN-Netzwerkes sehr einfach gestaltet und im laufenden Betrieb eine unkomplizierte Administration und Überwachung des Netzes auch aus der Ferne ermöglicht.
4) Die Argumente, die wir hier auf unserer Seite haben, betreffen vorrangig den Kosten- sowie den Aufwandsaspekt. Keine Netzwerkkabel ziehen zu müssen mindert den Aufwand sowie die Kosten enorm. Außerdem wird der laufende Betrieb im Gebäude nicht durch Baulärm, wie etwa Bohren, gestört. Dazu kommt eine relativ einfache Installation, die auch im laufenden Betrieb des Gebäudes vorgenommen werden kann.
5) Die Powerline-Technik entwickelt sich kontinuierlich weiter. Das betrifft sowohl die realisierbaren Geschwindigkeiten über Powerline als auch die Absatzzahlen. Devolo wird im Oktober die ersten Produkte mit 500 Mbit/s auf den Markt bringen, was eine Verdoppelung der Nettoübertragungsraten bedeutet. Der Umsatz im Powerline-Markt entwickelt sich ebenfalls positiv. Devolo hat beispielsweise bisher mehr als 7,5 Millionen Produkte verkauft.
Überall dort, wo keine strukturierte Netzwerkverkabelung vorliegt, hat Powerline seine unbestreitbaren Vorteile. Wir sehen Powerline hier als "Backbone"-Technologie, die um weitere Technologien wie beispielsweise WLAN erweitert werden kann. Beide Technologien müssen sich nicht zwangsläufig gegenseitig ausschließen, sondern haben je nach Anwendungsfall nebeneinander ihre Berechtigung.
D-Link antwortet
1) Im Vergleich zu WLAN ist Powerline unempfindlicher gegenüber Störungen. Denn während sich die Funkzellen im WLAN überlappen - etwa um Fast Roaming zu ermöglichen -, existieren in Powerline-Netzwerken in der Regel nur eigene Geräte. Zudem ist die Datenverbindung via Powerline im Gegensatz zu Wireless LAN stabiler, und Datendurchsatz sowie Verzögerungszeiten lassen sich auch bei größeren Entfernungen fest vorhersagen.
2) Powerline bezeichnet die Datenübertragung über das Stromnetz. Dabei können innerhalb einer Powerline-Linie Informationen an bis zu 64 Teilnehmer übertragen werden; der Nettodatendurchsatz liegt bei circa 70 Mbit/s. Entgegen der Definition werden in der Praxis teilweise auch Installationen mit 100 bis 300 Clients als Powerline bezeichnet, die jedoch auf einer Coax-Kabel oder Zwei-Draht-Infrastruktur basieren.
3) Um ein Powerline-Netz für bis zu 64 Teilnehmer aufzubauen, werden neben den einzelnen Adaptern keine weiteren Komponenten benötigt. Auch eine spezielle Managementsoftware ist nicht erforderlich.
4) Wir sehen Powerline vorrangig als eine Technologie zur Vernetzung im Digital- beziehungsweise Connected-Home. Fachhändler können hier durch umfangreiche Beratungsleistungen und technisches Netzwerk Know-how-Potenziale heben. Dazu zählt beispielsweise die Unterstützung beim optimalen Mix verschiedener Vernetzungstechniken oder bei der geeigneten Platzierung von Stromleitungen.
5) Im Digital Home wird Powerline künftig die Vernetzungstechniken WLAN und UMTS ergänzen, aber nicht ersetzen. In kleinen und mittleren Unternehmen wird sich Powerline dagegen nicht flächendeckend durchsetzen. Wir empfehlen hier die Verwendung von verkabelten Ethernet- oder Wireless-LAN- Infrastrukturen, da diese einen höheren Gesamtdatendurchsatz und auch eine höhere Geschwindigkeit pro Client zulassen.
Netgear antwortet
1) Powerline ist eine ideale Lösung für die Heimvernetzung in Umgebungen, in denen drahtlose Netzwerke nur bedingt sinnvoll sind. Es gibt Bereiche im Haus, die per WLAN nur eingeschränkt erreicht werden können und zu denen keine Ethernet-Verbindung besteht. Aber in jedem Raum gibt es zumindest eine Steckdose. Powerline kommt überall dorthin, wo Internetverbindungen noch niemals waren.
Daneben sind Powerline-Adapter unschlagbar einfach bei Einrichtung und Benutzung. Im Vergleich mit WLAN ist Powerline auch weniger störungsanfällig, da andere Funknetze ohne Einfluss auf die Bandbreite sind.
Netzwerkfähige Geräte wie Fernseher, Spielkonsolen oder NAS-Systeme müssen bei drahtlosen Netzen in der Regel mit WLAN-Adaptern ausgerüstet werden. Auch diese Notwendigkeit entfällt beim Einsatz von Powerline.
2) Netgear positioniert seine Powerline-Lösungen ausschließlich im Consumer-Umfeld. Dennoch gibt es auch Partner, die Powerline-Lösungen im gewerblichen Umfeld anbieten.
3) Für den Aufbau eines Powerline-Netzes in kleinen Firmenumgebungen sind keine speziellen Netzwerkkomponenten und keine Managementsoftware notwendig. Basis der Vernetzung ist das bestehende Stromnetz. Für die Sicherheit des Netzes sorgt ein einfacher Tastendruck auf den Adaptern.
4) Mit Powerline lassen sich beispielsweise sogenannte Brandabschnitte einfach überbrücken. Unternehmen, die keine Ethernet- oder WLAN-Infrastruktur besitzen, erhalten mit Powerline eine günstige Alternative. Neben den geringen Anschaffungskosten ist für Firmen auch der wartungsfreie Betrieb von Powerline-Lösungen ein Einsatzaspekt.
5) Powerline wir auch künftig eine wichtige Komponente im Netzwerkbereich sein. Allgemein geht der Trend jedoch zu kabellosen Netzwerken. Begünstigt wird die Entwicklung durch Integrationsmöglichkeiten mobiler Endgeräte wie Smartphones, Tablets oder Notebooks, die drahtlos auf das Firmennetz zugreifen.
Powerline ist speziell dort eine Alternative, wo drahtlose Netze an ihre Grenzen stoßen. Das ist zum Beispiel am Dachboden, im Keller oder bei dicken Stahlbetonwände der Fall.
SMC Networks antwortet
1) Powerline und Wireless LAN sind keine konkurrierenden Technologien, vielmehr ergänzen sie sich beim Aufbau eines lokalen Netzwerks und eignen sich für unterschiedliche Anwendungsszenarien. Powerline stellt eine sichere und stabile Netzwerkverbindung zur Verfügung und kann auch dort eingesetzt werden, wo WLAN aufgrund von Störfaktoren keine zuverlässige Verbindung gewährleisten kann.
Eine Neuverkabelung ist nicht notwendig, da Powerline auf das existierende Stromnetzwerk als Datenleitung zurückgreift. Dabei lassen sich Entfernungen von bis zu 200 Metern erreichen und somit auch entfernte Arbeitsplätze anbinden. WLAN hingegen eignet sich besonders gut für mobile Anwendungen.
2) Die Powerline-Produkte, die SMC Networks anbietet, sind für den Einsatz im Consumer- und SoHo-Markt konzipiert. Da die Anwender sich die zur Verfügung stehende Bandbreite teilen müssen, eignet sich Powerline nur bedingt für größere lokale Netzwerke. Mittelständische Betriebe nutzen Powerline-Lösungen deshalb üblicherweise als komplementäre Technologie - als Ergänzung zu kabelgebundenen und kabellosen Netzwerken.
3) Die Anzahl der einzusetzenden Powerline-Geräte und die Konfiguration hängen von der Verteilung der anzubindenden Endsysteme ab. Befinden sich die Endsysteme beispielsweise in verschiedenen Räumen, ist jeweils ein Homeplug-Adapter (SMCHPAV-ETH2) nötig. Mehrere Endgeräte in einem Raum können effizient über Homeplug-Switches (SMCHPAV-ESW) angeschlossen werden. Soll dieses "Powerline-LAN" noch mit einer bestehenden LAN-Infrastruktur verbunden werden, ist ein weiterer Homeplug-Adapter für den Anschluss an einen Switch-Port notwendig. Selbstverständlich können Anwender auch entfernte Access Points über Powerline-Verbindungen anbinden. Das Unternehmen SMC Networks stellt für seine Homeplug-Produkte eine Managementlösung zur Verfügung. Diese Software ermöglicht es, mehrere Homeplug-Geräte komfortabel zu verwalten. Weitere Software-Tools sind nicht notwendig. Möchten Anwender mehr als eine Phase des Stromnetzes nutzen, empfehlen wir die Installation eines Phasenkopplers.
4) Wir betrachten Powerline als Ergänzung zu bestehender Technik. Es ist weder eine Verkabelung nötig noch die Installation von zusätzlichen Access Points. Gerade für die Anbindung von schwer erreichbaren oder entfernten Arbeitsplätzen beziehungsweise Access Points ist Powerline eine interessante Alternative.
5) Powerline hat sich im Markt etabliert und wird als Netzwerktechnologie innerhalb von Gebäuden auch weiterhin eine Rolle spielen. Der Standardisierungsprozess für Homeplug-Produkte ist in vollem Gange. Im Januar 2010 hat der Verband IEEE unter der Bezeichnung "IEEE P1901" einen "Draft Standard" veröffentlicht. Die UMTS-Technologie ist für andere Anwendungsszenarien konzipiert. (wl)
Dieser Beitrag ist Teil des großen Themenschwerpunkts "Netzwerke" in ChannelPartner-Ausgabe 18/10. Das Heft können Sie im ChannelPartner-Webshop abonnieren.