Inwiefern hat sich während der vergangenen drei pandemiegeprägten Jahre die Zusammenarbeit mit Ihren Lieferanten und Herstellern verändert?
Miguel Rodriguez: Im ersten Halbjahr 2022 mussten wir im Vergleich zum Vorjahr einiges einstecken und büßten im Vorjahresvergleich insgesamt ca. 10 - 15 Prozent Umsatz ein. Die mutige Lagerpolitik - wir haben das Lager in der Pandemie fast verdoppelt - und unsere gute Datenlage zur Vorplanung der nächsten Monate milderten die Verfügbarkeitsengpässe für unsere Partner in den Hauptwarengruppen Notebook und PCs, und wir konnten damit das Geschäft stark ausbauen.
Die Lagerpolitik im Bereich des zentralen Projekt- und Handelsgeschäfts bei Synaxon folgte 2021 also dem Prinzip: Verfügbarkeit vor Risiko. Wie handhaben Sie das Risiko?
Miguel Rodriguez: Durch die Flut an Ware, die ab dem vierten Quartal 2021 in Deutschland aufschlug, hat sich das Modell komplett gedreht. Wir mussten sehr schnell reagieren, um zu vermeiden, dass die Altersstruktur der Produkte im Lager aus dem Ruder gerät und wir mit negativen Preisspiralen zu kämpfen haben. Das ist in der offiziellen Distribution fast flächendeckend passiert, bis hin zu Ablehnungen von weiteren vorbestellten Lieferungen aus Kapazitäts- und Liquiditätsgründen.
Im ersten Quartal 2022 konnten wir uns relativ schnell aus dieser Situation befreien, da wir bereits im Q4/2021 nicht mehr solch horrende Mengen vorbestellt hatten und sich damit der Überbestand nur auf ein Quartal beschränkte. Dennoch kam die negative Preisspirale in Gang, und das kostete uns gut 2 Prozent Frontend-Marge.
Im zweiten Halbjahr konnten wir uns in Summe über fast alle relevanten Hersteller wieder deutlich über dem Vorjahr entwickeln, dank vieler Anpassungen, die wir in Verhandlungen mit den Herstellern erzielen konnten. So öffneten sie uns unter anderem den Zugang zu Systemen, beispielsweise zum Speedpricing, das uns eine schnelle Projektpreisermittlung für kleinere Kunden ermöglichte. Damit konnten wir das bisher schwindende SMB/KMU Projektgeschäft erfolgreich bedienen.
Wie bewerten Sie die Warenverfügbarkeit aktuell?
Miguel Rodriguez: Die Verfügbarkeitssituation hat sich leider nicht entspannt. In einigen Bereichen ist der Warenbestand in der Distribution weiterhin hoch und drückt deshalb weiter auf die Preisspirale. Auf der anderen Seite steigen die Nachkaufpreise stetig.
Das Tagesgeschäft erfordert deshalb unverändert ein sehr flexibles und schnelles Handeln nach aktueller Nachfragesituation.
Die Nachkaufpreise haben sich aus heutiger Sicht um über 20 Prozent erhöht. Schon auf kurze Sicht wird sich das im Verkaufspreis niederschlagen müssen und könnte die derzeit erhöhte Nachfrage deutlich bremsen.
Große Hersteller wie Intel, AMD und Microsoft verkünden bereits jetzt schon deutliche Konsequenzen aus der schwierigen Marktlage und den sinkenden Unternehmensgewinnen. Inwieweit sich das bei uns niederschlägt, ist noch schwer abzuschätzen, da der KMU- und SMB Markt ja nicht zurückgeht und für die größeren Hersteller auch nicht im eigenen Zugriff steht. Eine ähnliche Situation hatten wir zu Beginn der Pandemie schon einmal, damals konnten wir sogar davon profitieren.
Mit welchen Maßnahmen reagieren Sie auf diese Situation?
Miguel Rodriguez: Solange die Umsätze bei uns weiter stabil bleiben, sehe ich da noch keinen Handlungsbedarf und aus der heutigen Datenlage ist kein Einbruch absehbar. Wir müssen also weiterhin sehr aktiv mit den Herstellern im Austausch bleiben und uns bei ihnen in Stellung bringen - parallel allerdings auch an neuen Modellen und Herstellern arbeiten, um für den Fall der Fälle gewappnet zu sein.
Mit einem Teilprojekt aus dem Single-Creditor-Datenprojekt haben wir im dritten Quartal damit begonnen und durch die Listung von vielen Zubehörartikeln unserer Haupt-Hersteller schon sehr gute Ergebnisse in der Beschaffung für die Partner erzielen können.
Im Q4 starten wir nun mit weiteren Analysen und Tests, um auch den Bereich der Hersteller aus der zweiten Reihe zu optimieren, die wir bisher nicht im Fokus hatten.