Eine wahre Geschichte

Tagebuch einer Service-Odyssee

27.01.2011
Jedes Produkt kann mal den Geist aufgeben. Aber dafür gibt es ja den Hersteller-Service - der einen Anwender, wie es diese Geschichte zeigt, allerdings manchmal an den Rande des Wahnsinns treiben kann.
Dieser IdeaCentre D400 Homeserver musste zur Garantiereparatur.
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Mit Home Media Centern Home-Servern oder Consumer-NAS-Systemen wandern immer mehr komplexe IT-Systeme in die heimischen Wohnzimmer. Umso wichtiger wird es für deren Hersteller, dass sie für Fragen von Privatkunden und den Service dieser Produkte auch im After Sales gewappnet sind. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, wie das folgende Tagebuch beweist, das die Verfasserin des Artikels aufgrund der passierten Ereignisse geführt hat. Da der Hersteller während der Entstehung des Artikels an seinen Web-Auftritt überarbeitet hat, hat sich zwischenzeitlich auch das Layout der Websites und teilweise auch die Funktionalität geändert.

29. Juni 2010

Die Hauptaufgabe meines heute gekauften Lenovo IdeaCentre D400 Homeservers wird es sein, in meinem privaten Netzwerk Daten allen Usern zur Verfügung zu stellen und zusätlich in einem Raid die Datensicherung für zwei angeschlossene PCs und ein Notebook zu gewährleisten. Die Konfiguration besteht aus Microsoft Windows Homeserver, 2 mitgelieferten 1 TB Festplatten im Raid und 2 x 500 GB Festplatten außerhalb des Raids.

Verloren in den Tiefen der Websites

Samstag, 11. September 2010

22.30 Uhr: Der Server beginnt zu zicken. Er schaltet ab und greift bei einem Neustart zu kurz auf die Start-Festplatte, um die Startroutine zu beginnen. Die beiden im Netzwerk befindlichen PCs erkennen den Server nicht mehr. Auch das Leucht- und Blinkverhalten der Kontrollleuchten lässt Übles befürchten. Die dem Homeserver beigelegte Kurzanleitung unterstützt mich zwar bei der Fehlerdiagnose mittels der Leuchtdioden. Sie sagt mir aber auch nichts anderes, als bereits bekannt: Nichts geht mehr. Laut Handbuch heißt nun der nächste Schritt System Recovery.

23.45 Uhr: Dass sich auf der mitgelieferten CD keine Datei namens "Run Recovery exe" befindet, die ich laut Handbuch zur Wiederherstellung klicken soll, sei hier nur am Rande erwähnt. Die auf der CD befindliche "Server Recovery exe" ist die richtige. Für erfahrene Kunden mit IT-Kenntnissen sollte das weniger ein Problem darstellen. Bei dem IdeaCentre D400 handelt es sich jedoch auch um ein Heimanwender-Produkt, das in der Bedienung so einfach wie möglich sein sollte. Ich entschließe mich, das jetzt durchzuziehen (auch wenn es die ganze Nacht dauert - schließlich ist ja Wochenende).

Sonntag, 12. September 2010

Der erste Versucht auf der Troubleshooting-Seite.
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0.25 Uhr: Die Systemwiederherstellung führe ich, wie angegeben per CD über einen im Netzwerk befindlichen PC aus. Jedes Mal versucht der PC anschließend auf den Server zuzugreifen, was aber immer noch nicht gelingt. Ob es an der Start-Fesplatte oder dem Betriebsystem liegt, kann ich als Halblaie nicht nachvolziehen. Daher beschließe ich, dass es langsam Zeit wird, das Produkt vorsichtshalber bei Lenovo zu registrieren - Garantieleistungen und so . . . Also auf www.lenovo.de und das Thema "Service" anklicken.

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Und spätestens ab diesem Klick ist ein Kunder, der der englischen Sprache nicht oder nur gering mächtig ist, verloren. Sämtliche Service-Seiten sind in englischer Sprache verfasst. Dass es sich hierbei um ein Überbleibsel aus IBM-Zeiten handelt, ist unschwer an der URL zu erkennen, auf der man sich plötzlich befindet (www.pc.ibm.com). Ein weiteres Indiz ist das Angebot auf diesen Seiten. Es ist überwiegend von Think-Produkten und sogar noch von IBM PCs die Rede.

Immer noch kein IDEA-Produkt . . . Aber vielleicht funktioniert jede Registrierung gleich.
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Nach gefühlten 2 Stunden habe ich die Seite gefunden, auf der ich mein Produkt per Modellnummer und Seriennummer registrieren kann. Also: Registrierung ausfüllen, abschicken und auf das Ergebnis warten. Doch die Service-Seite antwortet mir in Sekundenbruchteilen: "Die folgenden Felder sind ungültig: Modellnummer . . ." Also die ganze Eingabe noch einmal von vorne - mit dem gleichen Ergebnis.

01.45 Uhr: An der Situation des Servers hat sich nichts verändert. Nach zahlreichen Versuchen, wenigstens meine Online-Produktregistrierung bis zum Sonnenaufgang noch mit einem positiven Ergebnis abzuschließen, gebe ich frustriert auf. Das System will die Modellnummer meines Servers einfach nicht akzeptieren. Zeit ins Bett zu gehen.

Jetzt muss die Telefon-Hotline helfen

Montag, 13. September 2010

Das System will meine Eingaben der Serien- und ID-Nummer nicht akzeptieren.
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11.30 Uhr: Da ich offensichtlich nicht in der Lage bin, mein Produkt online bei Lenovo zu registrieren, wende ich mich an den telefonischen Support. Im Laufe dieses Gesprächs stellt sich dann heraus, dass ich mir mindestens eine Stunde Arbeit in der vergangenen Nacht hätte sparen können. Er erklärt mir, dass eine Online-Registrierung für manche Geräte derzeit tatsächlich nicht funktioniere. Lenovo habe bei einigen Produkten die Anzahl der Stellen der Seriennummer von 10 auf 7 reduziert, das Online-Formular aber nicht auf eine variable Stellenanzahl angepasst. Der freundliche Support-Mitarbeiter sagt mir zu, den Server zu registrieren und mir meine Kundennummer per E-Mail zuzusenden.

11.40 Uhr: Um den Server auf den Weg zu bringen, rufe ich bei Geodis, dem Service-Dienstleister von Lenovo, an. Nach kurzer Erklärung des Problems wird mir das Retour-Ticket für die kostenlose Einsendung zur Reparatur zugesagt.

Dienstag, 14. September 2010

13.28 Uhr: Die E-Mail von Geodis mit den RMA-Unterlagen ist angekommen. Der Dienstleister gibt außerdem den Hinweis, dass der Reparaturstatus über die Ticket-Nummer online verfolgt werden kann.

17.10 Uhr: Auch der Lenovo Kundenservice hat sein Wort gehalten und mir per E-Mail mitgeteilt, dass mein Server registriert sei und ich nun eine Kundennummer habe.

Montag, 20. September 2010

Heute stand ich vor der Entscheidung, in welcher Konfiguration ich den Server an den Service-Dienstleister versende. Die zweite Festplatte im Raid, auf der nicht nur die PC-Backups, sondern auch gemeinsame Daten gespeichert sind, behalte ich vorsichtshalber. Die im Bundle mitgelieferte Samsung-Platte, die als Start-HD und Datenspeicher fungiert hat, geht mit zum Service. Denn alle Daten, die auf der 1 TB Systemplatte waren, sind seit den missglückten Recovery-Versuchen komplett gelöscht. Mein Motto des Tages: "Alles wird gut."

Das Eskalationsszenario

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Nachdem mir nun bereits mehrere Freunde gesagt haben, dass es doch wohl nicht sein kann, dass ein Produkt mehr als zwei Wochen im Service feststeckt, werfe ich mal einen Blick auf die Online-Reparaturverfolgung. Der aktuellste Status heißt: 21.09.2010 "Eingang". Auch der freundliche Herr vom Lenovo Telefon-Support, den ich daraufhin wieder kontaktiere, ist äußerst überrascht, als er mit den Daten konfrontiert wird. Er müsse bei der Technik nachfragen und ich solle doch bitte morgen noch einmal anrufen.

Auf die Frage, wie ich denn die Daten, die sich auf der noch vorhandenen Backup-Platte befinden, unbeschadet wieder in das dann hoffentlich reparierte System einpflegen kann, werde ich an die Geodis Hotline verwiesen. Langsam habe ich Angst, dass alle meine Daten, die sich nur auf dem Server befunden haben, nach der Reparatur futsch sein könnten.

Nach Angabe der RMA-Nummer erklärt mir der Service-Mitarbeiter, dass der Server wohl nicht direkt von Geodis repariert würde und er daher nicht wisse, in welchem Zustand er zurückkommen wird. Folglich könne er mir auf meine Frage bezüglich der Daten auf der Backup-Platte auch keine Antwort geben. An wen ich mich denn sonst bezüglich dieser technischen Fragen wenden könnte, konnte er mir leider auch nicht sagen.

Montag, 25.Oktober 2010

14.00 Uhr: Immerhin ist auf dem Online-Service-Ticket mittlerweile ersichtlich, dass Geodis wohl ein Ersatzteil bestellt haben muss. Ein Lenovo-Servicemitarbeiter erklärt mir auf meine Frage hin, dass die Service-Dienstleister in zweiwöchigen Abständen Ersatzteile bestellen. Die Lieferzeit der bestellten Ersatzteile betrage dann ebenfalls rund zwei Wochen. Das Ersatzteil für meinen Server müsste also spätestens in der KW 44 (ab 1. November) eintreffen.

Zur Wiedergutmachung bietet mir der Service-Mitarbeiter im Auftrag seines Chefs eine Verlängerung der Gerantiezeit für mein Gerät um 6 Wochen an. Außerdem fragt er, ob er für diesen Vorgang nun das Eskalationsszenario einleiten soll.
Mittlerweile ist es mir egal, welche Szenarien im Hintergrund der Serviceabwicklung eines Herstellers eingeleitet werden. Ich antworte ihm, dass nicht er, sondern ich es sein werde, die den Vorgang exkalieren lassen wird, wenn der Server nicht am Freitag den 5. November repariert bei mir angeliefert wird.

Donnerstag, 04. November 2010

11.30 Uhr: Der DHL-Mann klingelt und bringt den Server. Laut Reparaturbericht wurde nicht nur das Motherboard, sondern auch die 1 TB Samsung Festplatte ausgetauscht. Der Server funktioniert wieder. Das Problem, das ich bereits befürchtet hatte und für das mir im Vorfeld weder Lenovo noch Geodis am Telefon eine Lösung nennen konnte ist allerdings eingetroffen. Alle Daten, die auf meiner einbehaltenen Backup-HD im Verzeichnis "shared folder" sind, sind zwar sichtbar, sie lassen sich allerdings mit keinem der drei angeschlossenen PCs öffnen. Ich habe alle Verzeichnisse als Administrator in meinen Besitz genommen und habe die Wahl zwischen Windows XP/SP2, Windows Vista Ultimate und Windows 7. Nach zwei Tagen erfolglosen Versuchen und ergebnisloser Recherche in Foren, in denen Anwender von dem gleichen Problem berichten, gebe ich mich geschlagen und verabschiede mich von einem Teil meiner Daten.

Heutiger Stand

Seit der Reparatur läuft der D400 stabil. Mittlerweile haben die Lenovo Webseiten einen Relaunch erfahren. Stand heute (25.01.2011) sind viele der Seiten überarbeitet und verbessert worden. Dennoch wird der Besucher, sobald er auf den Link für den IDEA Support oder Hilfe zu Think-Produkten sucht immer noch englischsprachigen Seiten geleitet.

Ob und wann sich dieser Zustand ändern wird, wollte ich von Maria Marinos, Executive Director Western Europe Service Delivery bei Lenovo wissen. Dieses Interview können Sie morgen Vormittag auf channelpartner.de lesen (bw)