Für ACP war das Geschäftsjahr 2013 eine echte Zäsur: Nach sieben Jahren übernahmen die Mitarbeiter und Manager wieder die Macht im Unternehmen - und das zu 100 Prozent. Sie kauften den IT-Dienstleister vom Schweizer Investor Capvis zurück, der seit 2006 Eigentümer der Firmengruppe war. Heute ist deshalb fast jeder zehnte Mitarbeiter der ACP-Gruppe gleichzeitig auch Aktionär. "Im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen dieser Größe gibt uns das einen enormen Handlungsspielraum. Wir haben keinen Börsendruck, keinen Hauptgesellschafter in den USA. Wir sind nicht quartalsgetrieben und können langfristig planen. Das macht die Arbeit sehr angenehm - und wir sind nicht kaufbar, weil das Beteiligungsmodell das nicht zulässt", sagt ein sichtlich entspannter Günther Schiller, Geschäftsführer der ACP Holding Deutschland und Vorstand der ACP Gruppe.
Spielraum verschaffen
Größere Handlungsfreiheit zahlt sich vor allem dann aus, wenn Unternehmen schnell auf technologische Umbrüche und starke Schwankungen am Markt reagieren müssen. Beides traf auf ACP in den vergangenen 18 Monaten zu. Es galt für das Systemhaus, sich vom übermächtigen Handelsgeschäft abzukoppeln, und das in einem Umfeld, in dem Unternehmen wesentlich weniger in ihre IT investierten als in den vorausgegangenen Jahren. "Beides ist uns gelungen", zieht Schiller Bilanz. "Wir haben es in dieser Zeit geschafft, das Lösungs- und Service-Geschäft, vor allem in den Bereichen Datacenter, Cloud und generell im Projektgeschäft, kräftig auszubauen. Damit haben wir die Basis geschaffen, um 2014 erfolgreich am Markt zu agieren."
Die Unabhängigkeit vom Handelsgeschäft, kombiniert mit einem breiten Portfolio an Lösungen und Dienstleistungen sowie der Möglichkeit, Entscheidungen unabhängig von kurzfristigen Gewinn- oder Umsatzerwartungen fremder Eigner zu treffen, wird seines Erachtens künftig auch entscheidend sein für den Erfolg eines Systemhauses. "Der Kunde erwartet und braucht in der Regel immer eine individuelle Lösung. Und die setzt seitens des Systemhauses alle drei genannten Punkte voraus", begründet Schiller seine These.
Kooperation mit IBM-Partner GBS
Ein wichtiger Baustein auf ACPs Weg zu höherwertigem Dienstleistungsgeschäft war neben dem Ausbau des Datacenter-Geschäfts der Aufbau von zwei Kompetenzzentren: für Software Asset Management in Marktdorf am Bodensee und für Microsoft-Lösungen in Köln, das im Juni 2013 seine Pforten öffnete. Mit den rund 30 Kollegen in Köln verfügt ACP nun über mehr als 80 hoch zertifizierte Microsoft-Spezialisten und Consultants. ACP konnte dadurch nicht nur seine Schlagkraft im Bestands- und Neukundengeschäft erhöhen, sondern auch bei anderen Systemhäusern punkten, wie sich einige Monate später herausstellte.
Denn zu dieser Zeit suchte der langjährige IBM-Business Partner Group Business Software (GBS) nach einem Allianzpartner mit umfassendem Microsoft-Know-how. Der Grund: Viele Lotus-Notes-/Domino-Kunden wollen ihre Messaging oder Collaboration-Umgebungen zu Microsoft migrieren. Deshalb hatte sich GBS dazu entschlossen, künftig eine Multiplattform-Strategie einzuschlagen, sprich, auch Microsoft-Lösungen mit anzubieten. Seit kurzem setzt GBS dazu auf die Microsoft-Kompetenz von ACP.
Business Units verzahnen
Vorantreiben will ACP obendrein das Datacenter-Geschäft. Zugute kommt dem Systemhaus dabei nicht nur seine langjährige Erfahrung in den Bereichen Virtualisierung, Storage und Server, sondern auch das Netzwerk-Know-how, das sich ACP vor sechs Jahren mit der Übernahme der SWS Computersysteme AG aus Hauzenberg bei Passau, an Bord geholt hatte. "Es geht jetzt darum, unsere Kompetenzen im Datacenter noch stärker mit den Netzwerkaspekten anzureichern und zu bündeln. Zumal wir als Cisco-Gold-Partner dafür hervorragend aufgestellt sind", erklärt Schiller.
Mit eigenem Hosting und Security punkten
Ebenso gut gerüstet sieht sich das Unternehmen für das kommende Cloud-Geschäft. Schon heute hostet ACP in München Daten, Applikationen, Infrastruktur und Dienste zahlreicher Kunden. "Alle Mitarbeiter im Rechenzentrum sprechen Deutsch", betont Schiller, "für unsere Mittelstandskunden extrem wichtig." Zudem sei die Nachfrage nach Security-Lösungen und nach dem Standort des Rechenzentrums, das die Dienste hostet, seit den NSA-Enthüllungen enorm gestiegen.
Nur diese Anliegen zu erfüllen, reiche aber nicht aus, um sich im Cloud-Geschäft erfolgreich zu etablieren, betont der ACP-Manager. "Wer hier Fuß fassen will, muss ein ganzheitliches Security-Konzept abbilden, das beispielsweise auch imstande ist, die zahllosen externen Devices zu integrieren und zu pflegen. Denn die Sicherheitskette ist immer am schwächsten Punkt verwundbar - den muss man erkennen und absichern können."
Gerade wegen dieser Komplexität ließen sich bislang Security-Projekte vergleichsweise schwerer verkaufen als Storage-Lösungen, weshalb dieses Geschäft bei vielen Partnern - mit Ausnahme der explizit darauf spezialisierten Systemhäuser - eher unbeliebt war.
Schiller geht jedoch davon aus, dass sich Anwender, nicht zuletzt aufgrund der NSA-und Hacker-Skandale, der Bedeutung von Sicherheitskonzepten zunehmend bewusst werden. Deshalb sei jetzt genau der richtige Zeitpunkt für ACP, weiter in dieses Thema zu investieren: "Ich verspreche mir davon ein gutes, beratungsintensives und langfristiges Geschäft". Kein Systemhaus könne es sich künftig leisten, auf Kompetenzen im Bereich Security zu verzichten. Das gelte für klassische Projekte ebenso wie für Cloud-Modelle.
Kooperieren, akquirieren, expandieren
Systemhäuser müssten sich jedoch nicht nur auf höhere Sicherheitsanforderungen einstellen: "Wir stehen vor radikalen Veränderungen im Systemhausmarkt, die zum Teil aus der Weiterentwicklung klassischer IT-Themen herrühren, zum Teil aus dem Einzug der Cloud in die Unternehmens-IT", skizziert Schiller.
Managed Services und Cloud bewirken vor allem deshalb einen gravierenden Wandel, weil sie ihrer Natur nach eher Vertragsgeschäfte als klassische Projektgeschäfte sind. "Der Schritt weg vom Handelshaus zum Lösungs-Spezialisten ist deshalb nur der erste. Ihm muss die Weiterentwicklung hin zum IT-Berater und schließlich zum Vertragsexperten folgen", bringt es Schiller auf den Punkt. Das macht das Geschäft in jeder Hinsicht komplexer - technisch, vertrieblich und unter kaufmännischen Aspekten.
Vor allem kleinere Häuser versuchen diesen Herkulesakt zunehmend über Kooperationen zu lösen, um ergänzendes Know-how nicht aus eigener Kraft aufbauen zu müssen. Das merkt auch ACP, die heute schon in vielen Bereichen mit anderen Partnern zusammenarbeitet.
Geht es nach Schiller, muss es in diesen Fällen keineswegs nur bei einer losen Allianz bleiben - will sich ACP doch weiter regional verstärken, sei es durch die Gründung von Niederlassungen oder durch Übernahmen. "Unser MBO-Modell eröffnet Mitarbeitern und Partnern jederzeit die Möglichkeit, sich an der ACP-Gruppe zu beteiligen, ohne auf ihre unternehmerische Freiheit verzichten zu müssen", wirbt der Manager. Wachstum um jeden Preis sei allerdings nicht die Strategie: "Wir wollen profitabel wachsen, der Deckungsbeitrag ist entscheidend - das gilt auch für unseren weiteren Wandel vom Handelshaus zum Dienstleister", stellt er klar.
Für 2014 zeigt sich Schiller zuversichtlich, zumal Analysten wieder einen deutlichen Anstieg der IT-Investitionen erwarten: "Die Nachfrage nach Projekten ist bereits seit Mitte 2013 wieder spürbar gestiegen."