Geht es um Innovationen am digitalen Point of Sale, denkt man an Beacon-Start-ups, an junge Technologie-Dienstleister oder an Spezialisten für Verkaufs-Terminals. Ein Systemhaus würde einem in diesem Zusammenhang wohl eher nicht als erste Anlaufstelle einfallen.
IT-Dienstleister Cancom will das nun ändern. Denn das Geschäftsfeld Smart Retail Solution stellt für das aufgeschlossene Groß-Systemhaus die natürliche Fortsetzung eines bereits seit Jahren verfolgten Weges dar: So adressiert Cancom neben Branchen wie Industry und Healthcare auch den Handelsbereich. Stellten dabei Lösungen wie Digital Signage und Laden-Infrastruktur bisher das Hauptaugenmerk dar, ist der digitale POS hier nun der logische nächste Entwicklungsschritt.
PoS wird digital
Einen guten Überblick über das Leistungsportfolio von Cancom im Retail-Bereich bietet der im Herbst 2014 am Münchner Sitz des IT-Dienstleisters gemeinsam mit der Werbeagentur Serviceplan und dem Ladenbau-Spezialisten Vitrashop eröffnete weShop (ChannelPartner berichtete). Der intelligente Verkaufsraum zeigt auf einer Fläche von rund 50 Quadratmetern, wie reale und virtuelle Welt auf innovative Art und Weise miteinander in Einklang kommen.
Dazu zählen die personalisierte Ansprache von Kunden im interaktiven Schaufenster, ergänzende Produktinformationen auf großformatigen Multitouch-Displays oder auch Beratungs-Terminals in den Umkleidekabinen. "Das zugrundeliegende Thema ist die Anregung beim Einkaufsbummel", erklärt Werner Schwarz, der als Vice President Competence Center bei Cancom auch für den Retail-Bereich zuständig ist. "Wir zeigen, wie man das Verkaufen mit Technologie aufrüsten kann - allerdings auf eine Touchpoint-fokussierte Weise."
Anders als Webagenturen gehe es Cancom weniger um eCommerce-Lösungen für den Point of Sale (PoS) als um technologische Grundlagen für den Omnichannel-Einkauf, so wie er nach Ansicht des Systemhauskonzerns im Jahr 2020 Standard sein wird.
Vielfältige Technologien im Einsatz
Um das Einkaufserlebnis der nahen Zukunft umzusetzen, greift Cancom auf eine Vielzahl von technischen Lösungen zurück. Das interaktive Schaufenster basiert beispielsweise auf einem Beacon Mini-Sender, der Grundcharakteristika (z.B. männlich/weiblich) des sich nähernden Kunden erfasst und eine passende Warenauswahl anzeigt. Beacons werden ebenfalls verwendet, um Kunden im Store auf deren Smartphone individuelle Angebote oder Rabatte auszuliefern.
Das Verkaufspersonal ist im weShop mit Tablets ausgerüstet und kann so nicht nur jederzeit Produktinfos, Kundenprofile oder Online-Warenverfügbarkeiten aufrufen, sondern auch an Ort und Stelle Kartenzahlungen entgegennehmen. Zu den weiteren in dem Konzeptstore präsentierten Technologien zählen Warenerkennung mittels RFID-Chip, Augmented-Reality-Spiegel, die Stilberatung per Videokonferenz und das parallele Onlineshopping nicht vorhandener Produkte an verschiedenen Touch-Geräten und Terminals.
Wie Werner Schwarz erklärt, gliedert Cancom die Fülle der im Retail-Kontext umsetzbaren Features in drei thematische Einheiten: "Zum einen ist dies die Weiterentwicklung des Point of Sale zum Point of Service." Der Cancom-Manager meint damit die Summer jener Anwendungen, die prinzipiell für jeden Händler Sinn machen - unabhängig davon, ob dieser ein begleitendes Online-Geschäft betreibt oder nicht. Zu den entsprechenden Features zählen z.B. digitale Beratungslösungen und individualisierte Angebote.
Das zweite Retail-Kernthema sind für Werner Schwarz Omnichannel-Services, also die Kanäle Online und Offline verknüpfende Lösungen wie Verfügbarkeitsanzeigen oder die Integration des Onlineshops in das stationäre Geschäft.
"Das dritte Kernthema ist schließlich der Bereich Business Intelligence, beziehungsweise Retail Analytics". Dazu zählt Schwarz unter anderem die Auswertung von Bewegungsmustern im Store und die Erfassung von anonymisierten Kundendaten. Das Ziel ist es, auch im stationären Geschäft so genaue Verkaufskennzahlen zu gewinnen, wie dies heute im Online-Bereich bereits Standard ist.
Qualitätsarbeit und praktische Einsichten
Der weShop am Cancom-Sitz in München bietet einen anregenden Überblick über die digitalen Möglichkeiten am Point of Sale, enthält aber auch viele Technologien, die man bereits von anderen Anbietern kennt. Eine tiefergehende Differenzierung gelingt Cancom in dem Segment durch die Systemhaus-typische systematische Herangehensweise.
"Für uns geht es bei den Smart Retail Solutions weniger um Handelsstrategien, als um die technologische Umsetzung der in den Point of Sale integrierten Lösungen", erklärt Werner Schwarz. Cancom greife für jede seiner Business Solutions auf die gleiche Kernarchitektur zurück. Im Retail-Kontext zähle dazu unter anderem eine solide Datengrundlage, bei der alle relevanten Informationen an einer Stelle zusammengeführt seien - nur dann seien Echtzeit-Funktionen, zum Beispiel die Anzeige von Warenverfügbarkeiten möglich.
Für die Umsetzung von Features wie Videoberatung, Shop-Tablets oder Digital-Signage-Points setzt Cancom durchgängig auf virtuelle Clients. Und über Klagen von Retailern über technologische Hindernisse beim digitalen POS wie z.B. der schwierigen WLAN-Situation in Einkaufszentren, kann Cancom-Manager Schwarz nur schmunzeln: "Mit einer anständigen WLAN-Ausleuchtung, Redundanz und entsprechenden Sicherheits-Vorkehrungen sind solche Probleme von Anfang an vermeidbar."
Die gründliche Herangehensweise des IT-Dienstleisters dürfte ein Grund dafür sein, dass viele Retail-Kunden bei der Umsetzung von digitalen Funktionen Cancom vertrauen. Zwar kommuniziert das Systemhaus keine Referenzkunden, doch würden die Smart Retail Solutions bereits "bei vielen Unternehmen" eingesetzt. Dabei handelt es sich offensichtlich nicht selten um eine modulare Umsetzung, bei der einzelne digitale Funktionen bei Retailern Anwendung finden, die bereits seit längeren mit Cancom zusammenarbeiten.
Inzwischen verfügt der IT-Dienstleister bereits über einen Erfahrungsschatz in Sachen digitaler POS, der sich in ganz einfachen Praxisbeispielen ausdrückt, über die Werner Schwarz berichtet: Zum Beispiel würden bei der Videoberatung hochformatige Displays von den Kunden als authentischer eingeschätzt als querformatige Screens. Und um dem Gefühl der Kunden für Privatsphäre zu entsprechen, seien beim Instore-Einsatz generell eher kleinere Display-Größen angezeigt.
Auch bei innovativen Technologien sind also im Zweifelsfall ganz bodenständige Einsichten erfolgsentscheidend. Vielleicht ist es gerade dieses Praxiswissen, das Cancom von anderem Anbietern im dem Bereich positiv unterscheidet. (rw)
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