Forscher der Security-Firma Finjan sind einem neuen Supertrojaner auf die Spur gekommen, der es insbesondere auf die Bankdaten und das Geld seiner Opfer abgesehen hat. Dabei geht die auf dem Toolkit LuckySpoilt basierende Malware "URLzone" so gevieft vor, nur einen gewissen Prozentsatz des auf einem Konto befindlichen Vermögens zu klauen, um nicht so schnell aufzufallen. Zusätzlich klinkt sie sich beim Online-Banking in den Browser ein und zeigt falsche Kontostände an, um den User in Sicherheit zu wiegen. Der Bank-Trojaner, der im übrigen auch in anderen Web-Accounts wie PayPal, Google Mail und Facebook herumschnüffelt, besitzt Funktionen, die eigens dafür entwickelt wurden, Security-Software zu täuschen.
"Es handelt sich um einen Bank-Trojaner der nächsten Generation. Das ist Teil des neuen Trends, immer fortschrittlichere Malware zu programmieren, die für das Austricksen von Sicherheitssystemen optimiert ist", sagt Ben Itzhak von Finjan. Auch der Sicherheitsexperte Toralv Dirro von McAfee stimmt ihm zu. "Der Trend geht eindeutig hin zu aufwändigeren Trojanern. Kriminelle Gruppen entwickeln das ganz gezielt weiter, heute arbeitet eine ganze Reihe von Trojanern so wie der Beschriebene. Man kann das als eine Art Wettrüsten zwischen den Cyberkriminellen, Banken und der Sicherheitsindustrie interpretieren", sagt er im pressetext-Gespräch.
Zielgruppe des Trojaners waren die Kunden einiger deutscher Banken, die man vonseiten Finjans nicht nennen wollte. Insgesamt wurden mithilfe des Trojaners rund 300.000 Euro erbeutet. "Das halte ich noch für relativ wenig Beute, was wahrscheinlich an der relativ geringen Zahl der Infektionen lag. Normalerweise werden aber auch keine Informationen über die Höhe des finanziellen Schadens bekannt gegeben", so Dirro. Die Server, von der die Malware gesteuert wurde, konnten in der Ukraine lokalisiert werden. "Das läuft über sogenannte Bulletproof-Hoster. Die gibt es weltweit. Sie sind teurer als andere Hoster und lassen ihre Kunden dafür hosten, was sie wollen. Sie behaupten, der Inhalt der Server sei Sache der Kunden und gehe sie nichts an", sagt der Experte. Die deutschen Behörden sind informiert.
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300.000 Euro erbeutet
Die Finjan-Mitarbeiter schafften es, die Kommunikation des Trojaners auf einem infizierten System abzuhören und auf diese Art den Kommandoserver aufzuspüren. Diesen hatten die Cyberkriminellen unvorsichtigerweise nicht ausreichend gesichert, wodurch die Security-Experten allerlei Daten über den Trojaner beschaffen konnten, darunter auch Statistiken zu den Infektionen. Insgesamt sollen rund 90.000 Computer die Seiten, auf denen der Schädling gehostet war, besucht haben. Davon infizierten sich 6.400 mit der Malware - eine Erfolgsquote von 7,5 Prozent. Von ein paar hundert der infizierten Computer wurde tatsächlich Geld gestohlen, insgesamt etwa 300.000 Euro. Nach 22 Tagen verschwand der Trojaner Ende August wieder - offenbar hatten die Cyberkriminellen bemerkt, dass man ihnen auf der Spur war.
Infiziert wurden die Computer auf zwei verschiedene Methoden. Zum einen erhielten Opfer E-Mails, in denen Links enthalten waren, die sie auf eine zur Verbreitung des Trojaners erstellte Website lotsten. Die zweite Möglichkeit, sich den Trojaner einzufangen, war der Besuch von durch die Malware unterwanderten Internetseiten. So oder so, der Schädling nutzte eine bekannte Sicherheitslücke in gängigen Internetbrowsern aus, um sich auf der Festplatte des Opfers einzunisten und dort bis zum Aufruf der Internetseiten der Zielbanken in eine Art Schläfermodus zu verfallen.
Startet der User Online-Banking-Dienste, wird die Malware aktiv. Sie kapert den Browser, analysiert den Kontostand, ermittelt einen Betrag, der ohne großes Aufsehen entwendet werden kann und überweist diesen auf das Konto eines Strohmanns, der einen kleinen Anteil an den erbeuteten Summen erhält. Anschließend wird der vom User beim Besuch der Banken-Website eigentlich erwartete Kontostand eingeblendet, wodurch dieser keinen Verdacht schöpft - zumindest solange er sich für seine Bankgeschäfte ausschließlich auf dem infizierten Computer anmeldet. Die Verwendung von Strohmännern scheint bei derartigen Angriffen gängige Praxis zu sein. "Diese sogenannten Mules sind ebenfalls Opfer. Das sind Leute, die auf dubiose Jobangebote als Finanzagent reinfallen. Sie werden in den meisten Fällen erwischt und wegen Geldwäsche angezeigt", weiß Dirro. Den Hintermännern ist freilich sehr viel schwerer beizukommen. (pte/rw)