Gartner

Struktureller Wandel im PC-Markt

16.01.2013 von Thomas Cloer
Die Marktforschungs- und Beratungsfirma Gartner hat ihre Zahlen zum PC-Markt im vierten Quartal vorgelegt.

Die Marktforschungs- und Beratungsfirma Gartner hat ihre Zahlen zum PC-Markt im vierten Quartal vorgelegt.
von Thomas Cloer (Computerwoche-Redakteur)
Nach Zählung von Gartner wurden im Schlussquartal 2012 weltweit 90,3 Millionen PCs ausgeliefert, das sind 4,9 Prozent weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Die Absatzprobleme der PC-Anbieter gehen aus Sicht der Auguren über die schwache Wirtschaft hinaus. "Tablets haben die Gerätelandschaft für PCs dramatisch verändert", erklärt die Gartner-Analystin Mikako Kitagawa, "und zwar weniger dadurch, dass sie PC-Käufe 'kannibalisieren', sondern indem sie dazu führen, dass PC-Benutzer ihren Konsum Richtung Tablets verschieben, statt ältere Rechner auszutauschen."

In der Vergangenheit sei Gartner eher davon ausgegangen, dass Menschen sowohl einen PC als auch einen Tablet-Computer besitzen und benutzen würden. Inzwischen habe man zunehmend den Verdacht, dass die meisten Menschen künftig Inhalte verstärkt auf einem Tablet konsumieren und kreative und administrative Aufgaben auf einem gemeinsam genutzten PC erledigen würden. "Es wird einige Leute geben, die beide Geräte behalten, aber das wird nach unserer Einschätzung die Ausnahme und nicht die Regel sein", so Kitagawa weiter. "Wir gehen deswegen davon aus, dass Käufer Zweitrechner im Haushalt nicht mehr ersetzen, sondern sie veralten lassen und ihren Konsum auf ein Tablet verlagern."

Dieser Wandel sei durch die Verfügbarkeit überzeugender preisgünstiger Tablets im Jahr 2012 angestoßen worden und werde anhalten, bis die installierte Basis von PCs schrumpfe, um Tablets als primärem Konsumgerät Platz zu machen. Für die Hersteller habe die Sache immerhin auch ein Gutes: Die "entrechteten" PCs seien solche mit schwachbrüstigerer Ausstattung; die Durchschnittspreise von PCs dürften eher steigen, wenn die Nutzer eher Rechner für anspruchsvollere Anwendungen ersetzen als solche für den passiven Konsum.

Im Weihnachtsgeschäft hätten Verbraucher PCs nicht länger als das Geschenk Nummer eins gesehen, schreibt Gartner weiter, und ihre Aufmerksamkeit angesichts vieler neuer Geräte und Dienstleistungen anderswohin gerichtet. Immerhin bei sehr günstigen Notebooks habe es ein paar gute Vorweihnachtsschnäppchen gegeben, die aber den Gesamtmarkt kaum treiben konnten.

Auch der Launch von Windows 8 habe die PC-Auslieferungen im vierten Quartal nicht merklich beeinflusst. Einige PC-Hersteller hätten doch eher "fade" Formfaktoren in ihrem Windows-8-Angebot gehabt und die Touch-Begeisterung verpasst. Es kämen aber jetzt mehr Windows-8-Geräte, was den Markt innerhalb der installierten Basis beflügeln könnte.

Auf Seiten der Hersteller holte sich HP die Marktführung nach Stückzahlen zurück. Der Konzern aus Palo Alto verkaufte 14,6 Millionen PCs und kam trotz eines Stückzahlenminus von 0,5 Prozent auf einen höheren Marktanteil von 16,2 Prozent. Lenovo als Zweitplatzierter konnte seinen Absatz um 8,2 Prozent unter den führenden Herstellern am stärksten steigern und erreichte 15,5 Prozent Market Share. Auf den Plätzen folgen Dell und die beiden taiwanischen Hersteller Acer und Asus.

In EMEA (Europa, Nahost und Afrika) ging der PC-Markt im 4Q12 sogar um 9,6 Prozent zurück auf 28,1 Millionen ausgelieferte Rechner; der Schwachpunkt war dabei vor allem Westeuropa. "Im PC-Markt gibt es weiter jede Menge Gegenwind. Der Launch von Windows 8 hat der PC-Nachfrage nicht geholfen, vor allem weil Ultramobile-Produkte sowohl knapp als auch zu teuer waren", erläutert Gartner-Analyst Ranjit Atwal. "Im Weihnachtsgeschäft haben die Händler zumeist ihre Windows-7-Lagerbestände losgeschlagen oder die Stückzahlen von Low-End-Notebooks getrieben. Und dank mehr Auswahl und sinkender Preise waren Tablets als beliebtestes Weihnachtsgeschenk zweifellos vor PCs."

In EMEA ist HP ganz klar Marktführer mit 5,4 Millionen verkauften Rechnern (minus 8,3 Prozent) und 19,1 Prozent Marktanteil. Lenovo verkaufte im Schlussquartal mit 3,1 Millionen satte 29,4 Prozent mehr Rechner als ein Jahr zuvor und schob sich mit elf Prozent Market Share auf den zweiten Platz von Acer. Die Top Five für EMEA komplettieren Asus und Dell.

Die konkurrierenden Marktforscher der IDC hatten ihre Zahlen bereits vor einigen Tagen vorgelegt. Sie konstatieren wie üblich ähnliche Trends trotz der aufgrund unterschiedlicher Methodik leicht abweichenden Zahlenwerke.

(Der Beitrag wurde von der CP-Schwesterpublikation Computerwoche übernommen / rb)