Europaweit schätzen international tätige Unternehmen Deutschland als den innovativsten Standort ein. Dies trifft in erster Linie auf die klassische Industrie zu. Weltweit liegt Deutschland hinter den USA und China zwar "nur" auf Platz drei, kann aber sogar Japan und Indien auf die Ränge verweisen. Vor anderen europäischen Standorten habe Deutschland einen hohen Vorsprung an Technologie- und Fertigungs-Know-how, berichtet die Welt unter Berufung auf eine Erhebung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY). Zu diesem Ergebnis leistet das Bundesland Sachsen einen besonders hohen Beitrag. Der Freistaat erhielt im Rahmen des Innovations-Unternehmergipfels 2008 bereits zum zweiten Mal den Titel "dynamischstes Bundesland Deutschlands". "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Zusammenspiel zwischen Forschung und Wirtschaft funktioniert", meint EY-Partner und Projektleiter Peter Englisch.
In Sachsen sei die Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft gegeben, was besonders für das Land als Industriestandort spreche. Damit erfülle Sachsen eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Innovationsprozesse, so Thomas Jurk, sächsischer Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit. Gegenüber den USA lässt vor allem der Unternehmergeist in Deutschland noch zu wünschen übrig. Wenngleich Deutschland in Europa an der Spitze liege, würde dem Standort die Etablierung zukünftiger "Googles" oder "Microsofts" nicht zugetraut. Dies sei auf den Mangel einer "Kultur des Unternehmertums" zurückzuführen, die auch eine Kultur des möglichen Scheiterns mit einschließe. "In den vergangenen zehn bis 15 Jahren hat sich die Situation in Deutschland sukzessive verändert. Anfangs war hauptsächlich eine Kultur der Entwicklung vorhanden. Die Kombination aus Forschung und Wirtschaft hat sich aber gut entwickelt", erklärt Englisch.
Dennoch - oder gerade deshalb - ist Deutschland auf Innovationen angewiesen. "Ein Hochlohnland wie die Bundesrepublik ist nur als innovative Gesellschaft überlebensfähig", meint Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Innovationen müssten schlussendlich auch entsprechend vermarktet werden, wie es von den deutschen Erfindern des Videorekorders, der CD oder des Mp3-Players verabsäumt worden sei. "Deutschland liegt europaweit, was die Innovationstätigkeit anbelangt, deutlich an der Spitze. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 25.671 Patente und damit gegenüber Frankreich auf Platz zwei mit rund 8.600 knapp dreimal soviel Patente angemeldet", so Englisch.
Die Experten von Ernst & Young geben die Empfehlung an den Industriestandort ab, künftig noch innovationsfreundlicher zu werden. Forschungsförderungen und steuerliche Begünstigungen könnten bereits entsprechende Anreize bieten. Insbesondere sei jedoch auch ein gewisser Mut zum Risiko erforderlich. Angesichts der derzeit schwierigen Lage auf dem Kreditmarkt ist dazu hauptsächlich die Investitionsbereitschaft von Banken, Kreditgebern und Anlegern wichtig. Als Forschungs- und Bildungsstandort verfüge Deutschland mit international angesehenen Hochschulen und Universitäten bereits über bedeutende Voraussetzungen für Innovationen. Dies werde bei klassischen Industrien wie dem Maschinen-, Anlage- und Automobilbau deutlich. "Diese Schwerpunktindustrien sind in Deutschland die Innovationstreiber. Darüber hinaus verfügt der Standort auch über eine sehr starke Marktposition im Pharma- und Biotechnologiebereich", betont Englisch. In Zukunft brauche Deutschland jedoch eine noch intensivere Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und junge Talente müssten an die heimische Industrie gebunden werden. (pte/mf)