Die Stunde der Spekulanten schlägt in Katastrophenzeiten. Das war bei der Festplattenknappheit, ausgelöst durch die Flut in Thailand, oder bei Lücken in der Panel-Produktion durch das Erdbeben und den Tsunami in Japan so.
Nun versuchen weltweit Komponenten-Broker, aus einem Brand vor wenigen Tagen in der Speicherproduktion des koreanischen Chip-Produzenten Hynix Kapitial zu schlagen. Laut der ChannelPartner-Schwesterzeitschrift Gamestar ist die betroffene Fabrik im chinesischen Wuxi alleine für fast 15 Prozent der globalen DRAM-Produktion verantwortlich. Auch GDDR5-Speicher für Grafikkarten von Nvidia oder Speicher für Apple wird dort hergestellt.
Kaum machte die Nachricht über den Brand die Runde, reduzierten andere Hersteller die Auslieferungen von Speichermodulen und hielten sich mit Preisangaben zurück. Auch Distributoren reduzierten gemeldete Lagerbestände. Bei der Fachhandelsplattform ITscope, die einen Marktüberblick über Preise und Bestände von über 150 der wichtigsten Lieferanten in Deutschland liefert, konnte man die unmittelbaren Folgen des Brands in Wuxi beobachten: "Die von der Distribution übermittelten Lagerbestände wurden drastisch reduziert, mancher Lieferant entfernte gar die entsprechenden Produkte aus dem Listing oder setze die Aktualisierung der Preisliste aus", berichtet Benjamin Mund, Geschäftsführer Entwicklung bei ITscope. Die Absicht dahinter ist klar: Steigen die Preise, kann man die Ware mit erheblich besserer Marge losschlagen. Zudem fehlten den Distributoren klare Aussagen seitens der Hersteller, wann mit Nachschub und zu welchem Preis für die Ware zu rechnen ist. Gleichzeitig versuchten andere, sich noch schnell mit Speicher zu günstigeren Preisen zu versorgen. "In der Folge haben wir den Verkauf von Speichermodulen zurückgefahren, insbesondere da viele Broker und Trader bei uns größere Stückzahlen angefragt haben. Die wollen den Markt spekulativ aufkaufen", erzählt Gerald Diercks, Geschäftsführer des Komponenten-Distributors Memorysolution.
Die Lage bei Hynix ist noch unklar
Die extremen Preisausschläge nach oben haben sich allerdings bis jetzt in Grenzen gehalten. "Anhand der ITscope Preishistorie, die auf itscope.com für registrierte Mitglieder kostenlos abrufbar ist, lässt sich für gängige 8GB DDR3 Speichermodule nachvollziehen, dass die DRAM-Notierungen bereits seit Beginn des Jahres empfindlich gestiegen sind, je nach Modul um 80 bis sogar über 100 Prozent", erläutert ITscope-Manager Mund. So seien die Auswirkungen der aktuell sichtbaren Preissteigerungen auf die tatsächlich im Handel bezahlten Einkaufspreise marginal.
Viel hängt nun davon ab, wie groß der Schaden bei Hynix wirklich ist, ob bereits produzierte Ware oder gelagerte Wafer betroffen sind und wann die Produktion wieder aufgenommen werden kann. Der koreanische Chip-Spezialist hält sich derzeit noch mit konkreten Aussagen zurück. Die Lage hat sich nach kurzfristigen Ausschlägen nach oben zunächst wieder stabilisiert. Laut Memorysolution-Chef Diercks gibt es auch wieder verbindliche Angebotspreise, sogenannte "Quotes" von Herstellerseite, allerdings noch nicht für alle Produkte. "Wir raten den Fachhändlern, nicht in Panik zu verfallen und auch keine DRAM-Module zu bunkern", beruhigt Diercks. Alle Speichermodule, die für die normale Produktion benötigt werden, seien in ausreichender Stückzahl vorhanden und werden an die Fachhandelspartner auch weiter verkauft. (awe)