Rund 1.000 Teilnehmer aus über 70 Ländern sind nach Monaco gereist, um innerhalb von drei Tagen einen wahren Meeting-Marathon zu absolvieren. Trotzdem ist hierzulande die Distree EMEA ist als Business-Plattform relativ unbekannt. In anderen europäischen Märkten ist der Distributionskongress hingegen eine feste Größe.
Trotz der beachtlichen Preise, die präsenten Unternehmen zahlen fünfstellige Beträge für Stände und Meeting-Räume, lohnt sich es sich für die Teilnehmer, drei Tage nach Monaco zu reisen. "Hier können wir die europäischen Management-Teams der Lieferanten treffen, die großen Player sind alle da", erklärt Ingram-Micro-Deutschlandchef Gerhard Schulz. Der Ingram-Manager berichtet von 20 Meetings innerhalb von zwei Tagen.
Andere Distributoren schauen sich bei den ausstellenden Herstellern nach neuen Lieferanten um: "Wir wollen unser Portfolio von Verbrauchsmaterial mit PC-Zubehör erweitern", erläutert Emrah Kücükgirgin von Despec Türkei. Im großen Ballsaal des Fairmont-Hotels präsentierten dafür über 100 Aussteller ihre Produkte und Konzepte.
Harold Huizing, Group Commercial Director beim niederländischen Peripherie-Anbieter Trust, lobt die "gute Atmosphäre" der Veranstaltung: "Für mich sind die One-to-One-Meetings sehr wichtig. Hier treffe ich das Top-Level-Management innerhalb von zwei Tagen". "Speed-Dating für Distributoren" nennt dies ein anderer Hersteller. Weit über 5.000 dieser Treffen finden während der Distree EMEA statt.
Ultrabooks als Marktreiber
Neben den Meeting-Möglichkeiten informieren führende Marktforscher von GfK, IDC und Context über die Trends des ITK-Markts in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika. So sieht Context-Mitgründer Jeremy Davies für das laufende Jahr Stagnation oder allenfalls einstelliges Wachstum in der Region voraus. Gerade für den deutschen Markt prognostiziert Davies einen Rückgang im größeren Geschäftskundensegment, während sich seiner Ansicht nach das SMB- und Consumer-Geschäft stabil entwickelt. "Wer sich auf die entsprechenden Märkte fokussiert und sein Channel Management verbessert, wird gute Zahlen melden können", gibt er den Zuhörern auf den Weg.
"Das Wachstum kommt aus Osteuropa und aus dem Mittleren Osten", ergänzt Dr. Rudolf Aunkofer, Global Research Director IT bei der GfK. Für Westeuropa und die USA rechnet der Marktforscher aus Nürnberg eher mit sinkenden Zahlen. Neue Produktgruppen wie Ultrabooks helfen zwar dem Markt, können aber die rückläufige Tendenz nicht komplett kompensieren. Die von vielen Marktbeobachtern vorausgesagte Kannibalisierung von Notebooks durch Tablet-PCs kann Aunkofer anhand seiner Daten nicht bestätigen.
Insgesamt abgeschwächt haben sich auch die vormals enormen Wachstumsraten im E-Commerce. "Das ist normal, denn E-Commerce ist mittlerweile ein etablierter Kanal", erklärt Aunkofer. Er warnt aber vor unbedachtem Engagement im E-Tail: "eine Multi-Channel-Strategie, die nicht die Marktgegebenheiten berücksichtigt, wird nicht funktionieren", glaubt der Marktforscher. Er macht aber jenen Mut, die derzeit das Online-Business vor allem mit Preisverfall in Verbindung bringen: "E-Commerce geht es längst nicht mehr nur um den Preis", berichtet der GfK-Forscher. Mittlerweile seien Online-Angebote manchmal sogar teuerer als im stationären Handel. Auch die Verbraucher nutzen das Online-Angebot nicht nur wegen des günstigen Einkaufs, sondern auch wegen der Bequemlichkeit und der großen Auswahl.
Ein Award für Ingram Micro
Das gesellschaftliche Highlight der Distree EMEA 2012 war die Award-Verleihung an Distributoren und Hersteller im festlichen Salle des Etoiles. Dazu waren Kandidaten in verschiedenen Kategorien von einer Jury vornominiert. Die Sieger wurden per direktem Voting im Saal ermittelt. Hier zeigte sich auch die regionale Identität vieler Disitributoren. Von den großen Broadlinern der Branche konnte sich Also-Actebis nur in den nordischen Ländern durchsetzen. Den Award für die DACH-Region durfte Ingram-Micro-Manager Gerhard Schulz mit nach Dornach nehmen.
"Die Breite einer Messe, die Tiefe einer Konferenz"
Farouk Hemraj ist Mitbegünder und CEO des Kongressveranstalters Distree Events. ChannelPartner sprach mit dem Distree-Chef am Rande der der Distree EMEA 2012 in Monaco.
Herr Hemraj, warum ist eine Veranstaltung wie die Distree EMEA 2012 überhaupt wichtig?
Farouk Hemraj: Die Distree EMEA ist eine etablierte Business-Plattform für Channel-Verantwortliche. Ursprünglich war die Veranstaltung dafür konzipiert, Hersteller mit osteuropäischen Distributoren zu vernetzen. Doch wir haben uns längst weiter entwickelt. 2004 wurde die Plattform auf den Mittleren Osten und Afrika erweitert, 2007 kamen die übrigen europäischen Länder hinzu. Letztes Jahr wurden erstmals auch Retailer und E-Tailer integriert.
Wir bieten eine neutrale Kommunikationsplattform. So können die Teilnehmer an drei Tagen hunderte Geschäftspartner treffen. Das bedeutet eine enorme Zeitersparnis. Mit über 5.500 Meetings können wir einen neuen Rekord verbuchen.
Allerdings sind deutsche Unternehmen nicht besonders stark vertreten.
Hemraj: Der deutsche Markt ist nicht einfach. Es gibt eine Fülle von etablierten Veranstaltungen, und manche Player tun sich schwer, dazwischen noch Zeit zu finden. Wir können jedoch eine steigende Tendenz vermelden: So nutzen deutsche Distributoren wie Ecom, Api oder Siewert & Kau die Möglichkeit, sich als Aussteller europaweit zu präsentieren. Zudem sind nicht alle teilnehmenden Firmen direkt im Ausstellungsbereich sichtbar. Viele agieren nur im Hintergrund in den zahlreichen Meeting-Räume, wie Ingram Micro.
Ist die zeitliche Nähe zur CeBIT da nicht eher hinderlich?
Hemraj: Nein. Zum einen ist unsere Veranstaltung eher Consumer-orientiert. Deshalb ist für uns ein zeitlicher Abstand zur CES in Las Vegas wichtiger als zur CeBIT. Zum anderen stellen Mittlerweile viele Hersteller den Wert traditioneller Messen in Frage. Die Distree ist keine klassische Messe. Sie ist eine Business-Plattform mit der Breite einer Messe, aber der Tiefe einer Konferenz. Bei uns könnten die Hersteller das Top-Management der Distribution von Angesicht zu Angesicht sprechen.
Welche weiteren Pläne verfolgen Sie mit der Distree EMEA?
Hemraj: Wir wollen noch mehr Retailer und E-Tailer für die Veranstaltung gewinnen. Dieses Jahr waren rund hundert da. Diese Zahl wollen wir kommendes Jahr verdoppeln. Zudem möchten wir die großen, multinationalen Distributoren ansprechen. Bisher ist hier vor allem Ingram Micro mit dem kompletten europäischen management-Team vertreten. Ich würde mir auch eine entsprechende Präsenz von Tech Data und Also-Actebis wünschen. (awe)