Digital Business geht an IBM

Software AG verkauft ihre Zukunft

19.12.2023 von Martin Bayer
Die Investoren von Silver Lake, die die Software AG erst vor kurzem übernommen haben, machen Kasse und verkaufen das zukunftsträchtige Integrationsgeschäft für gut zwei Milliarden Euro an IBM.
Ob der Legacy-Bereich die Zukunft der Software AG retten kann, ist mehr als fraglich.
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Nachdem Silver Lake Partners Ende September 2023 die Übernahme der Software AG abgeschlossen hatten, machen die Investoren kurzen Prozess und kassieren ab. Für 2,13 Milliarden Euro verkauft der Darmstädter Softwarehersteller sein Super-iPaaS-Geschäft an IBM. Die Software AG hatte Super iPaaS erst Ende Oktober dieses Jahres vorgestellt. Die Plattform basiert im Wesentlichen auf den Zukäufen von webMethods und StreamSets.

Die Verantwortlichen der Software AG sprechen im Zusammenhang mit Super iPaaS von einer neuen Kategorie an Integrationsplattformen, die Unternehmen dabei helfen soll, das durch die digitale Expansion verursachte Konnektivitäts-Chaos zu bewältigen. "Früher reichte es aus, einige ausgewählte Systeme zu integrieren, die nicht miteinander kommunizieren konnten", erklärte noch im November 2023 Stefan Sigg, Chief Product Officer bei der Software AG, im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. "Heute gibt es ein verworrenes Netz an Systemen, Anwendungen und Datensilos, das verhindert, dass Anwender Wertschöpfung aus ihren Daten betreiben können." Super iPaaS kombiniere die Integration von Anwendungen, Daten, APIs, B2B und Events in einer einheitlichen Plattform.

Silver Lake bietet 2,2 Milliarden Euro: Investoren wollen Software AG übernehmen

Mit dem Deal verkauft die Software AG ihre Zukunft. "Wir sind bereit, in eine neue Wachstumsphase einzutreten, angeführt von unserer wegweisenden 'Super iPaaS'-Plattform", hatte Sanjay Brahmawar, Chief Executive Officer der Software AG, noch Ende Oktober anlässlich der Bekanntgabe der Bilanz für das dritte Quartal 2023 vollmundig verkündet. Die neue Produktplattform stelle einen ersten Meilenstein für weitere strategische Evolution dar.

IBM will Super iPaaS in sein Portfolio einbauen

Mit dem Verkauf an IBM dürften indes keine weiteren Meilensteine folgen. "Diese Transaktion ist eine Bestätigung unserer Strategie und zeigt die Wertschätzung jener Produkte, die das Herzstück unserer Super iPaaS-Vision bilden", kommentierte Brahmawar den Ausverkauf. "Angesichts der globalen Größe von IBM und dessen Fokus auf die hybride Cloud und KI bekommt unser Team eine tolle Chance, das Super-iPaaS-Angebot mit dem neuen Eigentümer weiterzuentwickeln."

Für Sanjay Brahmawar, CEO der Software AG, sind die an IBM verkauften Assets das Herzstück der Super-iPaaS-Vision.
Foto: Software AG

Die bevorstehende Übernahme folge auf eine mehr als 20-jährige Geschäftsbeziehung, verlautete seitens IBM. Big Blue hofft offenbar auf Synergien zwischen StreamSets und webMethods der Software AG und dem eigenen Portfolio, darunter watsonx, Red Hat, die IT-Automatisierungsprodukte des Unternehmens sowie IBM Consulting.

"Zusammen mit der KI- und Datenplattform watsonx von IBM sowie den Produkten für Anwendungsmodernisierung, Data Fabric und IT-Automatisierung werden StreamSets und webMethods Kunden dabei helfen, das volle Potenzial ihrer Anwendungen und Daten auszuschöpfen", sagte Rob Thomas, Senior Vice President in IBMs Softwarebereich und Chief Commercial Officer. Die Kombination helfe, Innovationen voranzutreiben und Unternehmen auf KI vorzubereiten, unabhängig davon, wo sich Anwendungen oder Daten befinden.

IBM wird den Kaufpreis in bar begleichen. Vorbehaltlich der üblichen behördlichen Genehmigungen soll der Deal im zweiten Quartal 2024 abgeschlossen werden.

Software AG macht mit Legacy weiter

Für die Zukunft der Software AG sieht es indessen düster aus. Der 1969 gegründete deutsche Traditionssoftwarehersteller verkauft das Kernstück seines Bereichs Digital Business, der für über 70 Prozent seiner Produkteinnahmen steht. Im dritten Quartal 2023 erwirtschaftete die Software einen Produktumsatz von 189,8 Millionen Euro - plus fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Davon entfielen 134,9 Millionen Euro auf das Segment Digital Business (plus ein Prozent) und 54,9 Millionen Euro auf den Legacy-Bereich Adabas & Natural (plus 18 Prozent).

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"Adabas und Natural sind ein Profitabilitäts-Garant für unser Business", erklärte vor einigen Wochen Technikchef Sigg im CW-Gespräch. "Die Kunden sind extrem loyal, wir haben in den letzten Jahren sogar ein leicht wachsendes Geschäft verzeichnet, weil wir auch Innovationen liefern." Als Beispiel verwies der Manager auf IBMs Mainframe-Kunden. Diesen biete die Software AG eine Technologie, die die TCO begrenzt oder sogar reduziert, indem Workloads von den teureren auf günstigere Prozessoren umgeleitet würden.

Silver Lake nimmt Software AG von der Börse

Dieses Geschäft wird die Software AG künftig abseits der Börse weiterführen müssen. Silver Lake hat parallel zum Deal mit IBM bekannt gegeben, den deutschen Softwareanbieter von der Börse nehmen zu wollen. Aktuell halten die Investoren über die von ihnen kontrollierte Mosel Bidco SE 93,3 Prozent der Software-AG-Aktien. Für alle ausstehenden Aktien bietet Silver Lake 32 Euro je Papier - das entspricht dem vorherigen Übernahmeangebot.

Die Aktionäre haben vier Wochen Zeit, ihre Aktien während der Annahmefrist anzudienen, hieß es. Das Delisting-Angebot sei an keinerlei Bedingungen geknüpft und wird nach Ablauf der Annahmefrist abgeschlossen. Eine weitere Annahmefrist werde es nicht geben. "Unser Delisting-Angebot soll allen Aktionären, die die Gelegenheit verpasst haben, von unserem im Laufe des Jahres abgeschlossenen Übernahmeangebot zu profitieren, die Möglichkeit geben, ihre Aktien noch zu verkaufen, bevor die Software AG ihren Weg außerhalb der Börse fortsetzt", sagte Christian Lucas, Managing Partner bei Silver Lake.