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So werden Cloud-Lösungen den IT-Vertrieb verändern

19.12.2017 von Philipp Moder
Mit dem Siegeszug von Cloud-Lösungen verändert sich für den Vertrieb die Art und Weise des Verkaufens radikal. Lesen Sie hier, warum.

In der Vergangenheit war es für viele Vertriebsmitarbeiter der Reseller ausreichend, sich auf einige wenige Kunden mit großen Projekten zu konzentrieren. Wurde ein gewisser Anteil dieser Projekte gewonnen, war die Zielerreichung so gut wie sicher.

Um die Ziele und Probleme eines Interessenten oder Kunden zu ermitteln, heißt es für einen Vertriebsmitarbeiter erst einmal zuzuhören.
Foto: LightField Studios - shutterstock.com

Heute stehen Vertriebsleiter und Vertriebsmitarbeiter vor einer ganz neuen Situation und Herausforderung: wie schaffen sie es, den typischen Projektkunden, der maximal noch einen Wartungsvertrag unterzeichnet hat, in einen Kunden zu wandeln, der nun Monat für Monat sein Geld überweisen soll?

Wenngleich der Lizenzvertrag, also die eigentliche Transaktion zur Nutzung einer Cloud-Lösung über eine Webseite, ein Portal oder einen Marktplatz abgewickelt werden kann, so erfordert es bis zu diesem Vertragsabschluss ein Vertriebsteam, welches den Kunden die positiven Auswirkungen und den Nutzen für sein individuelles Geschäftsmodell klar, kompetent und vertrauenswürdig vermitteln kann. Nur dann wird es den IT-Anbietern, Systemhäusern und Resellern gelingen, ein profitables Neugeschäft oder erfolgreiches Cross- und Up-Selling mit Cloud-Lösungen aufzubauen.

Lesetipp: Cloud-Angebote und Servicevertrage - Karten werden neu gemischt

Digitalisierung hin oder her – auch eine aktuelle Studie von McKinsey zeigt, dass 76 Prozent der Entscheider gerade beim Erstkauf immer noch großen Wert auf den persönlichen Kontakt legen. Dies gilt für das IT-Segment genauso wie für viele andere Industriesegmente. Erst wenn es um Themen wie Renewals oder ähnliches geht, ist der persönliche Kontakt nicht mehr so notwendig und relevant. Also heisst dies auch für Systemhäuser und Hersteller, dass gerade beim Verkauf von Cloud-Services die Bildung einer nachhaltigen, vertrauenswürdigen Kundenbeziehung mehr denn je an Bedeutung gewinnt. Daher bleiben einige Aspekte des Vertriebs unverändert, einige ändern sich dagegen massiv.

Was bleibt beim alten?

Nun, nach wie vor besitzen beispielsweise folgende Themen hohe Relevanz:

Bedarf und „Pain Points“ exakt zu ermitteln, sind die richtigen Fragen. Wenn Sie die Herausforderung kennen, können Sie Lösungen liefern. Damit einhergehend gilt es auch sicherzustellen, dass die Sie mit den richtigen Personen sprechen.

Einer qualifizierten Bedarfsanalyse muss die Ausarbeitung eines lösungsorientierten Angebotes sein, der Vertrieb kann den Kunden heute nicht zum Kauf pushen oder zwingen, wie es in der Vergangenheit immer mal wieder der Fall war. Vielmehr bedarf es Kunden bei gegebenenfalls notwendigen Change-Prozessen beratend zu begleiten. Dies beginnt optimaler Weise bei der Angebotsform beziehungsweise Angebotspräsentation.

Statt einer Artikelauflistung sollte die Ausgangssituation und die bestehende Herausforderung skizziert werden. Gefolgt von dem Lösungsansatz, der den Nutzen für den Kunden klar darstellt. Im besten Fall stellt die Angebotspräsentation auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Buyer Personas ab, also sowohl auf den technischen/fachlichen Entscheider als auch auf den kaufmännischen Entscheider.

Früher oder später kommt der Zeitpunkt, an dem Sie dem Kunden die Lösung in Form einer Demo vorstellen können. Viele versuchen im Rahmen einer Produktdemo nach wie vor alle Funktionalitäten in 30 bis 45 Minuten zu pressen. Viele Cloud-Lösungen haben eine derartige Funktionsvielfalt, dass es schlichtweg nicht möglich ist, alles in eine Demo zu packen.

Erfahrungsgemäß macht es Sinn in einer Demo die fünf Tools vorzustellen, die dem Kunden den größten Nutzen stiften. Und auch hier gilt es wieder daran zu denken, die Demo auf die unterschiedlichen Buyer Personas abzustimmen. Stellen Sie sicher, dass Sie vor der Demo wissen, was die hauptsächlichen Treiber sind. Fragen Sie während der Demo aktiv nach, ob die Lösung greift und ob alle entscheidungskritischen Aspekte zur Zufriedenheit dargestellt wurden. Ist dies der Fall ist es legitim, den Deal vorwärts zu treiben.

Was ändert sich?

Vieles. Meiner Meinung nach muss sich der Vertrieb der Reseller und Systemhäuser vor allem auf den Aufbau einer nachhaltigen Kundenbeziehung fokussieren, indem der Vertrieb zukünftig als Trusted Advisor agiert. Der Begriff des Trusted Advisor stammt in seiner ursprünglichen Form aus dem Bereich der Vermögensberatung beziehungsweise des Private Bankings und stellt auf die „vertrauensvolle Beziehung“ als den Erfolgsfaktor in der Beziehung zwischen Banker und Kunden ab.

Zwischenzeitlich findet das Modell des „Trusted Advisor“ für verschiedene Aufgaben Anwendung, von der Unternehmensberatung bis hin zum Vertrieb. Der moderne Vertrieb lebt von der Beratung und davon, den Kunden dabei zu helfen, die für sie beste Entscheidung zu treffen. Anknüpfend an Punkt 1 ist genau das gemeinsame Verständnis für ein gemeinsames Ziel das Fundament für eine nachhaltige und moderne Geschäftsbeziehung.

Tipps für IT-Profis im Kundengespräch und Beratung
Was IT-Experten im Kundengespräch beachten müssen
Der Softwarevertrieb ist heute ohne das Wissen eines IT-Experten kaum mehr möglich. Doch das Gespräch mit dem Kunden will für Informatiker gelernt sein. Folgende Tipps zeigen, wie IT-Fachleute im Verkaufsgespräch optimal auf den Customer eingehen.
Menschlich sein
Offen und aufrichtig sein: In der Kundenbeziehung menschlich erscheinen.
Gute Vorbereitung
Gut vorbereitet sein auf die Fragen: Was sind die wichtigen Fakten, und was sollte angesprochen werden?
Flexibilität
Flexibel reagieren: Feststellen, was der Kunde gerade in diesem Moment braucht und was ihm wichtig ist.
Kontaktaufnahme
Nicht auf den ersten Schritt des Kunden warten: Berater sollten in der Kundenbeziehung aktiv sein und von sich aus Kontakt aufnehmen.
Integrität
Integer sein: Nichts versprechen, was fachlich nicht erfüllt werden kann.
Zuhören
Zuhören und die Konzentrationsspanne verlängern: Auf den Kunden hören und nicht schon beim ersten Schlüsselwort einen fachlichen Vortrag halten oder unerbetene Ratschläge erteilen.
Richtiges Antwortverhalten
Nicht vorschnell antworten: Vor der Antwort überprüfen, ob der Gedanke des Kunden richtig erfasst wurde.
Ergebnisse zusammenfassen
Konkretisieren: Aus dem Gespräch konkrete To-Dos ableiten, nachverfolgen und rückmelden. Damit behält jeder den Überblick über das Besprochene.
Positive Ausstrahlung
Freude am Thema und den Menschen haben: Das erzeugt eine positive Ausstrahlung.

Das ist auch das Geheimnis, warum manche Unternehmen sehr lange mit einem Anbieter zusammenarbeiten und nicht zum Mitbewerb wechseln. Kunden finden heute im Netz eine Vielzahl an Informationen auf Websites der Hersteller, Websites der Systemhäuser/Reseller/Integratoren, Websites der Fachverlage wie IDG, Bewertungsportale, Gruppen auf XING/LinkedIn und Branchenforen. Was man dort jedoch eher selten findet sind vertrauenswürdige Berater, die Kunden uneigennützig auf ihrem Weg begleiten. Dadurch kommt dem Vertrieb heute eine noch wesentlich verantwortungsvollere Rolle zu, als es in der Vergangenheit der Fall war.

Customer Success Management - nach dem Abschluss ist vor dem Renewal

Auch wenn es in der Vergangenheit bereits die Regel hätte sein sollen, so kam es doch zu oft vor, dass nach dem abgeschlossenen Projekt vom Anbieter keiner mehr gesehen wurde. Der Wartungsvertrag wurde maximal noch offeriert und mitgenommen.

Wenn Cloud-Lösungen an Kunden verkauft werden, können Kunden in der Regel nach zwölf Monaten kündigen. Es erfordert per se also eine gänzlich andere Kundennähe und Kundenorientierung. Anbieter, die im Vertrieb von einer starken „Hunter-Mentalität“ leben, sollten daher schnell eine Neuorganisation im Vertrieb anstreben. Da man einen leidenschaftlichen „Hunter“ nie zu einem guten „Farmer“ entwickeln wird, darf über die Einführung sogenannter Customer Success Manager nachgedacht werden.
Customer Success Manager sind heute die modernen Bestandskundenbetreuer, allerdings mit einem deutlich gestiegenen Anforderungsprofil. Customer Success Management steht nicht für substanzlose Anrufe und Kaffee-Trinken-Besuche. Customer Success Management steht für eine Rolle, die verschiedene Aufgaben aus Marketing, Vertrieb, Professional Services, Training und Support kombiniert. Erfolgreiche Customer Success Manager zeichnen sich durch drei Merkmale aus: tiefe Kenntnisse über den Kunden, hohes Produkt-/Lösungs-Knowhow und umfassende Branchenkenntnisse.

Der Vertrieb wird zum „Trusted Advisor“

Hunter-Charaktere werden dem Anspruch eines Trusted Advisors und Customer Success Managers nur bedingt gerecht, sie tragen das Gen der Neukundenakquise einfach in sich. Dieses Gen steht dem Anspruch eines Trusted Advisors oder Customer Success Managers oftmals im Weg. Der Weg zu einem Trusted Advisor kann lang und aufwändig sein.

Ein Trusted Advisor zu sein, bedeutet oftmals mit Kunden und Interessenten über Themen und Herausforderungen zu sprechen, die für den Vertrieb primär und kurzfristig keine Umsatzimpulse bedeuten.

Es geht um Vertrauensaufbau und der kann über fachfremde Themen genauso erfolgen - oftmals sogar besser erzielt werden. Ein Trusted Advisor ist also eine Person, die dem Interessent oder Kunden bei der Lösung eines Problems hilft, indem sie ihre Expertenkompetenz in Form eines Rats zur Verfügung stellt. Das Gegenüber macht diese Person zum Ratgeber im Vertrauen darauf, dass bei ihr keine eigenen Ziele und Interessen den Rat überlagern. Allein die Bedürfnisse und Sichtweisen des Ratsuchenden sind die Richtschnur für die Hilfestellungen des Trusted Advisors.

Zum Trusted Advisor eignet sich nach dieser Definition jeder Experte, der die Rolle einnehmen kann und will. Sie ist nicht an ein bestimmtes Produkt, einen bestimmten Tätigkeitsinhalt, eine bestimmte Art der Organisation oder Durchführung, an eine Branche oder an eine Hierarchiestufe gebunden.

Keine nachhaltige Kundenbeziehung ohne Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität

Nach wie vor stellt bei vielen IT-Anbietern, Systemhäusern und Resellern das Thema Kundenzufriedenheit ein stiefmütterliches Dasein. Aber wie soll eine hohe Kundenzufriedenheit erzielt werden, wenn die Kunden nicht befragt werden? Wie sollen loyale Kunden entwickelt werden, wenn Anbieter die positiven und negativen Treiber Ihrer Kunden nicht kennen? Die Implementierung regelmäßiger Kundenbefragungen wird zukünftig fester Bestandteil der Unternehmensstrategie werden. Anbieter, die es ernst meinen, sollten noch einen Schritt weitergehen und einen Loyalitätsindex und einen Kundenzufriedenheitsindex als Unternehmenskennzahl implementieren.

Der Vertrieb wird zum Content-Produzent

Wer ist näher an den Entscheidern beim Kunden, als der Vertrieb? Wer kennt die Herausforderungen, Einwände und Ziele der Kunden besser, als der Vertrieb? In der Regel niemand.

Und da sich auch im IT-Segment das Beschaffungsverhalten radikal ändert, wird sich in Konsequenz die Aufgabe des Vertriebs ändern. Heute sind laut einer Studie von Roland Berger und Google bereits bis zu 57 Prozent des Beschaffungsprozesses abgeschlossen, bis sich ein Unternehmen mit einem potenziellen Anbieter in Verbindung setzt. Der Weg bis dahin ist vor allem durch zwei Aspekte geprägt – dem Austausch mit Kollegen und Geschäftspartnern sowie der Recherche im Netz
Um eine Empfehlung zu erhalten, werden zufriedene und loyale Kunden benötigt. Und um im Netz gefunden zu werden, bedarf es einer entsprechenden Content- und Inbound Marketing Strategie. Der Vertrieb ist heute also gefordert seine Erfahrungen, Eindrücke und Wahrnehmungen an das Marketing zu vermitteln, damit das Marketing entsprechende Content-Formate produzieren kann.

Inbound Sales wird fester Bestandteil des Vertriebs

Mit dem sich ändernden Beschaffungsverhalten und dem Aufkommen von Content- und Inbound Marketing werden zukünftig mehr eingehende Leads generiert. IT-Anbieter können diesem Wandel Rechnung tragen, indem sie ihren Vertriebsprozess ebenfalls transformieren. Aber Lead ist nicht gleich Lead und der moderne Vertrieb von IT- Anbietern darf sich mit der modernen Inbound Sales Methodik auseinandersetzen.

Nicht jedes eingehende Lead sollte sofort angerufen und in traditioneller Vertriebsmanier einem Sales Pitch unterzogen werden. Vielmehr sollte der moderne Vertrieb alle zur Verfügung stehenden Tools und Methoden nutzen, um mehr über den Kunden zu erfahren und zu lernen. Dies führt schlussendlich dazu, dass der Vertrieb das Problem des Kunden kennt und genau weiß, wie er es lösen kann. Moderner IT-Vertrieb von Cloud-Lösungen steht auch für den Entwurf eines persönlichen Vertriebsansatzes, der genau auf den potentiellen Kunden abgestimmt ist und so im besten Fall dessen Kaufentscheidung bedingt.

Die Neukundenakquise erfolgt digilog

Auch wenn sie regelmäßig totgesagt wird, die proaktive Neukundenakquise ist nach wie vor der Weg, um schnellstmöglich konkrete Umsatzimpulse zu setzen. Richtig ist, dass die moderne Neukundenakquise aber nichts mehr mit klassischem Adresslisten abtelefonieren zu tun hat. Moderner Vertrieb von Cloud-Lösungen erfordert ein digiloges Vorgehen und ist stark Content-getrieben.

Die richtige Mischung bringt den Erfolg: wenn IT-Anbieter einen intelligenten Mix aus Telefonakquise und Social Selling umsetzen, der auf dem digitalen Fußabdruck eines Interessenten oder Kunden basiert, wird es für beide Seiten angenehmer und erfolgreicher. Der Vertrieb bewegt sich in keinem klassischen Kaltakquise-Szenario und die Entscheider in den Unternehmen werden die zielgerichtete und lösungsorientierte Vorgehensweise des Anbieters schätzen und positiv wahrnehmen. Voraussetzung hierfür ist, dass dem Vertrieb der digitale Fußabdruck des Kunden zur Verfügung steht.

Bis zum nächsten Mal,
Ihr Philipp Moder