GfK-Studie "Distribution 2020"

So sieht die Distribution der Zukunft aus

03.01.2018 von Armin Weiler
Ist das zweistufige Vertriebsmodell am Ende? Ganz im Gegenteil, meint GfK-Experte Prof. Dr. Rudi Aunkofer. Doch Distribution muss sich verändern, um mithalten zu können.

Die rasante Veränderung der Branche durch Digitalisierung vieler Lebensbereiche und grundlegende Technologiewechsel geht auch an den Vertriebsmodellen des Channels nicht spurlos vorbei. Welche Auswirkungen dies auf die Distribution hat und welche Anforderungen künftig an die Grossisten gestellt werden, beschäftigt auch die Marktforscher.

Prof. Dr. Rudi Aunkofer, Global Research Director IT bei der GfK, ist überzeugt, dass das zweistufige Distributionsmodell Bestand hat.
Prof. Dr. Rudi Aunkofer, Global Research Director IT bei der GfK, ist überzeugt, dass das zweistufige Distributionsmodell Bestand hat.
Foto: GfK

So hat beispielsweise der GfK Verein 112 Entscheidungsträger namhafter ITK-Hersteller und Distributoren zur Zukunft der Distribution befragt. Hierbei wurde die GfK SE-Tochter vom Institut für Information & Supply Chain Management (iSCM) der Hochschule für angewandtes Management, der brasilianischen (Abradisti) und der indischen Distributoren-Vereinigung TDAI sowie dem Global Technology Distribution Council (GTDC) unterstützt. Mittels strukturierter Interviews bat der GfK Verein Mitarbeiter aus dem Senior Management großer Distributoren und Hersteller ihre Einschätzungen und Erwartungen hinsichtlich ihrer zukünftigen Geschäftstätigkeit abzugehen.

Mix aus Hardware, Software und Service

Prof. Dr. Rudi Aunkofer, Global Director Business Development Technology bei der GfK, ist als langjähriger Begleiter der Branche einer der ausgewiesenen Experten des ITK-Business in Deutschland und Europa. Bei seinen Einschätzungen kann er auf einen einzigartigen Datenbestand aus der GfK-Marktforschung zurückgreifen.

Aunkofer kommt zu dem Schluss, dass die High-Tech-Industrie durch disruptive Technologiewechsel vor einem nachhaltigen Wandel der Lieferketten und Kooperationsmodelle steht. "Eine klassische Fokussierung auf Hardware, dem ursprünglichen Brot- und Buttergeschäft vieler Distributoren, reicht nicht mehr aus, um langfristig einen strategischen und profitablen Wettbewerbsvorteil wie auch nachhaltigen Profit zu generieren", präzisiert der Marktforscher. Vielmehr seien nun kombinierte Lösungsangebote aus Hardware, Software und Services gefragt.

Die deutschen IT-Händler beziehen durchschnittlich bei über acht Distributoren ihre Ware und liegen damit an der Spitze im europäischen Vergleich.
Die deutschen IT-Händler beziehen durchschnittlich bei über acht Distributoren ihre Ware und liegen damit an der Spitze im europäischen Vergleich.
Foto: GfK

Die großen, international aufgestellten Distributoren sowie Spezialdistributoren der Branche werden dabei die bevorzugten Ansprechpartner multinationaler Hersteller sein. "Gerade in Deutschland müssen daher lokale Distributoren, die sich in der Regel auf das SME-Segment fokussieren, in integrierte Lösungskonzepte investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben", prognostiziert Aunkofer. Gerade die Margensituation mit hauchdünnen Gewinnspannen für alle Beteiligten erfordert eine gemeinsame Optimierung der Wertschöpfungskette.

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Informationen sind Wettbewerbsvorteil

Dass Prozesse ständig optimiert und an aktuelle Marktsituationen angepasst werden ist nicht neu. Nach Ansicht Aunkofers hat sich das Supply Chain Management, kurz SCM, im letzten Jahrzehnt aber überwiegend auf die Optimierung der Zulieferkette zur Produkterstellung beschäftigt. "Nach einer starken Konzentration auf Outsourcing-Prozesse auf Produktionsseite steht nun die Optimierung der Distributions- und der Go-to-Market-Strategie im Vordergrund", betont der GfK-Manager.

Bei der Distributionstreue liegen deutsche IT-Händler im unteren Mittelfeld. Am wechselfreudigsten sind die Niederländer, die Finnen treusten.
Foto: GfK

Dabei sieht er natürlich auch eine wichtige Rolle bei denen, die entsprechende Daten zur Analyse der Prozesse bereithalten: "Informationen zur Steuerung einer komplexer werdenden Supply Chain sind ein elementarer Wettbewerbsvorteil, um rasch, angemessen und erfolgreich in gesättigten Märket agieren zu können", meint Aunkofer. Im Vergleich zu früheren Jahren sind Vorhersagen gerade im B2B-Segment wesentlich schwerer zu treffen. Die Gründe dafür liegen unter anderem in hohen Ausstattungsraten, länger werdenden Nutzungs- und Replacement-Zyklen sowie alternierenden Nachfragezyklen.

Zweistufiges Vertriebsmodell hat Zukunft

Die Lieferkette nach der Produktion, Aunkofer nennt dies "Front End Supply Chain" bietet dabei weitreichendes Optimierungspotenzial. Als Beispiel führt der Experte an die konkrete Nachfrage angepasste Bestände, Minimierung der Logistikbewegungen und die Vermeidung von Über- oder Minderkapazitäten an. So soll eine signifikante Reduzierung der Logistikkosten und eine bessere Marge erreicht werden.

Insbesondere bei Multi-, Omni- und Cross-Channel-Modellen kommt dies zu tragen: "Diese Vertriebsstrategien benötigen eine funktionierende Informations- und Lieferkette, um Nachfragezyklen über das bestehende zweistufige Channel-Modell adäquat bedienen zu können", betont Aunkofer. Da die einzelnen Stufen einer Kaufentscheidung oder eines Kaufprozesses über die verschiedenen Händler, Distributoren und Hersteller zunehmend verschwimmen, wird ein abgestimmtes Zusammenspiel der einzelnen Akteure an Bedeutung gewinnen. "Kunden können sich direkt beim Hersteller oder beim Distributor informieren, dann aber vom langjährigen Reseller-Partner vor Ort kaufen oder umgekehrt", erläutert er. Wenn der Kunde sich beim Reseller informiert, dann aber beim Distributor oder Hersteller direkt kauft, muss der Händler allerdings durch entsprechende Prämien entlohnt, oder in die Projektabwicklung eingebunden werden.

Für Aunkofer bietet das zweistufige Vertriebsmodell aufgrund der unterschiedlichen Positionierung der Akteure einen "höchst effizienten und flexiblen Ansatz", um eine nachfragesteuerte Wertschöpfungskette effizient zu gestalten. "Da die einzelnen Channels, Distributoren und Hersteller ihre jeweiligen Alleinstellungsmerkmale einbringen, wird das zweistufige Channel-Modell auch in Zukunft bestehen bleiben", ist sich Aunkofer sicher.

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