Der Vertriebschef als Trainer

So sichern Sie den Vertriebserfolg

20.09.2011
Wie Verkaufsleiter den Erfolg ihrer Mitarbeiter beeinflussen können, verrät Walter Kaltenbach.

Wie kann ich die Leistung meiner Mitarbeiter steigern - kurzfristig und dauerhaft? Vor dieser Frage stehen Verkaufs- und Vertriebsleiter immer wieder. Entsprechend viele Konzepte zum Steigern des Vertriebserfolgs wurden bereits entwickelt. Sie eignen sich meist für den Betriebsalltag nicht - unter anderem, weil die meisten Managementsysteme zu komplex, das heißt im Vertriebsalltag zu schwierig handhabbar sind. Hinzu kommt: Die meisten Managementsysteme versuchen den Erfolg zu steuern, indem sie die Ziele mit Kennzahlen hinterlegen. Dadurch verschiebt sich der Fokus der Arbeit von der Erfolgssteuerung zur Ergebniskontrolle. Denn mit Kennzahlen kann man zwar ermitteln, ob die Ziele erreicht wurden, aber nicht, was getan werden sollte, um die Ziele zu erreichen.

Aufs "Spielfeld" schauen

Dies erkennen Verkaufs- und Vertriebsleiter nur, wenn sie sich mit den Prozessen befassen, die zu den Zahlen - also Ergebnissen - führen. Ähnlich wie ein Fußball-Trainer. Er steuert den Erfolg seiner "Mannen" nicht, indem er ihnen vor Saisonstart mitteilt, wie viele Tore sie im Saisonverlauf erzielen müssen. Nein, "der Coach" sitzt jeden Spieltag auf der Trainerbank. Und dort schaut er nicht auf die Anzeigetafel, wo der Spielstand steht. Nein, er blickt aufs Spielfeld, um zu erkennen, ob sein Team zum Beispiel in Rückstand liegt, weil die Spieler zu wenig Einsatz zeigen oder ein schlechtes Stellungsspiel praktizieren. Denn nur wenn der Trainer das Verhalten seiner Spieler beim Spiel beobachtet, kann er ihnen Tipps geben, wie sie dieses - trotz Rückstand - noch gewinnen können und so den kurzfristigen Erfolg beeinflussen.

Das Gleiche gilt für den mittel- und langfristigen Erfolg. Auch ihn kann ein Coach nur beeinflussen, wenn er das Verhalten seiner "Mannen" beim Spiel analysiert. Nur dann kann er ermitteln: Wer hat wie viele Zweikämpfe gewonnen? Und: Wie viele Flanken kamen an?

Was gilt es für den Erfolg zu tun?

Dieses Wissen allein nützt dem Trainer aber wenig. Denn wie er zum Beispiel die Zahl der gewonnenen Zweikämpfe steigern kann, das erfährt er erst, wenn er sein Wissen, dass zu wenig Zweikämpfe gewonnen wurden, mit seinen Beobachtungen beim Spiel vergleicht. Erst dann erfährt er, ob der Spieler Müller so viele Zweikämpfe verlor, weil er zum Beispiel

- zu langsam ist oder

- ein schlechtes Stellungsspiel praktiziert.

(Kenn-)Zahlen zeigen also nur, wo etwas getan werden sollte. Aus ihnen erschließt sich aber nicht, was es zu tun gilt.

Ebenso ist es im Verkauf. Ein Verkaufs- und Vertriebsleiter, der nur am Schreibtisch sitzt und Zahlen analysiert, kann den Erfolg seiner "Mannen" nicht beeinflussen. Nur wenn er sich - wie ein guter Fußball-Coach - mit ihrem Verhalten im Alltag (und hierbei insbesondere im Kundenkontakt) befasst, kann er ihre Leistung steigern.

Beispiel

Ein Beispiel: Der Vertriebsleiter eines Herstellers von Gabelstaplern vereinbart mit einem Außendienstmitarbeiter Anfang April, dass dieser bis Ende Juni mindestens fünf Gabelstapler verkaufen soll. Wenn die beiden keine weiteren Vereinbarungen treffen, ist es reine Glückssache, ob der Außendienstmitarbeiter dieses Ziel erreicht. Denn dann bleibt es dem Zufall überlassen, ob dieser im April und Mai die nötigen Vorarbeiten erledigt, damit er bis Ende Juni das Ziel erreicht.

Und der Verkaufsleiter? Er erfährt es auch erst Ende Juni, wenn der Außendienstmitarbeiter das Ziel verfehlt. Dann ist es aber zu spät, um korrigierend einzugreifen. Dies kann der Verkaufsleiter nur, wenn er bereits Ende April oder Anfang Mai den Außendienstmitarbeiter fragt: "An wen wollen Sie im Juni die fünf Gabelstapler verkaufen? Welche potenziellen Kunden haben Sie in der Pipeline?". Hierdurch veranlasst er den Mitarbeiter dazu, darüber nachzudenken, wie er das vereinbarte Ziel erreicht. Außerdem, welche Maßnahmen er ergreifen muss, um die gewünschten Verkaufserfolge zu erzielen. Zum Beispiel: 100 Unternehmen, die Gabelstapler zum Transport von Waren oder Bauteilen einsetzen, anrufen und mit mindestens zehn Geschäftsführern oder Leitern der Logistikbereiche Präsentationstermine vereinbaren.

Diese Maßnahmen kann der Außendienstmitarbeiter dann planen und mit seinem Verkaufsleiter vereinbaren. So wird der Mitarbeiter bereits acht bis zehn Wochen vor dem Stichtag 30. Juni dazu veranlasst,

- potenzielle Kunden aufzuspüren,

- mit ihnen Kontakt aufzunehmen und

- bei ihnen den Kaufentscheidungsprozess in Gang zu setzen.

Und wenn seine Initiativen zu wenig Wirkung zeigen? Dann hat er noch ausreichend Zeit, um durch ergänzende Maßnahmen dafür zu sorgen, dass das Ziel "mindestens fünf Gabelstapler" verkaufen doch noch erreicht wird.

30 Anrufe, 3 Präsentationen, 1 Verkauf

Um die Erfolgsfaktoren, also die Voraussetzungen für den Erfolg, beeinflussen zu können, muss sich die Führungskraft auch um Details kümmern. Also zum Beispiel:

- Welche Unternehmen und Personen ruft der Außendienstmitarbeiter an?

- Wie viele ruft er an?

- Wie baut er seine Gespräche, Telefonate auf?

- Mit welchen Unternehmen vereinbart er Präsentationstermine?

- Wie bereitet er sich auf die Termine vor und wie zielorientiert gestaltet er diese? Und:

- Wie bereitet er die Termine nach?

Das heißt, der Vertriebs- oder Verkaufsleiter muss seinem Mitarbeiter regelmäßig bei seiner Arbeit über die Schulter schauen und ihm ein Feedback über sein Vorgehen und Verhalten geben. Denn nur dann setzt er bei ihm einen Lern- und kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Gang.

Hiervor schrecken viele Verkaufs- und Vertriebsleiter zurück, obwohl es ihre Kernaufgabe ist, ihre Mitarbeiter zum Erfolg zu führen. Denn das Coachen der Mitarbeiter erfordert Zeit. Und das Ermitteln der Erfolgsfaktoren im Kundenkontakt ist oft ein mühsamer Prozess. Und noch schwerer ist es, die Erfolgsfaktoren ohne großen Verwaltungsaufwand messbar zu machen, damit Verhaltensveränderungen kontrollierbar werden. Stellt sich ein Verkaufsleiter jedoch diesen Herausforderungen, dann macht er den Vertriebserfolg unabhängig von Zufälligkeiten, weil er die Aktivitäten seiner Mitarbeiter gezielt steuert und ihre verkäuferische Kompetenz Schritt für Schritt ausbaut.

Die Mitarbeiter im Vertriebsalltag coachen

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sich Verkaufs- oder Vertriebsleiter regelmäßig mit jedem ihrer Mitarbeiter zusammensetzen und mit ihm analysieren:

- "Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Sie den gewünschten (Vertriebs-)Erfolg haben?" Und:

- "Welches Verhalten von Ihnen ist nötig, um die gewünschten Abschlüsse zu erzielen?"

Als sinnvoll erweist es sich in solchen Gesprächen meist, gemeinsam die Historie eines Mitarbeiter-Erfolgs zu analysieren. Also: Was tat der Mitarbeiter, damit er Erfolg hatte?

Ein solches Gespräch kann wie folgt strukturiert sein:

- "Herzlichen Glückwunsch, Herr Müller, zu diesem tollen Abschluss ...."

- "Was taten Sie, damit dieser Erfolg zu Stande kam?"

- "Und was haben Sie davor gemacht?"

- "Und davor?"

- "Läuft das immer so gut?"

- "Wie viele Anläufe müssen Sie im Schnitt nehmen, um einmal Ihr Ziel zu erreichen?"

Das Gesprächsergebnis kann zum Beispiel bei einem Außendienstmitarbeiter sein:

- Ich muss fünf Unternehmen anrufen, um eines zu ermitteln, das aktuell einen neuen Gabelstapler braucht.

- Mit jedem zweiten Unternehmen, das einen Bedarf signalisiert, kann ich einen Präsentationstermin vereinbaren.

- Drei Präsentationen führen zu einem Abschluss.

Durch eine schlichte Multiplikation kann der Verkäufer dann ermitteln, wie viele Telefonate er im April führen muss, damit er bis Ende Juni wie geplant mindestens fünf Gabelstapler verkauft.

Tipps für den Kundenkontakt

Entsprechendes gilt für das Verhalten im Kundenkontakt. Auch hier kann durch eine gemeinsame Analyse des Verkäuferverhaltens zum Beispiel im Rahmen einer Bordsteinkonferenz oder ähnlicher Coaching- und Feedback-Gespräche ermittelt werden, welches Verhalten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zum Ziel führt. Das heißt, der Verkäufer wird in der Lage versetzt, seine Leistung Schritt für Schritt zu verbessern - vorgesetzt die Führungskraft nimmt sich für ihren Mitarbeiter Zeit. (oe)

Zum Autor: Walter Kaltenbach ist Inhaber des auf den technischen Vertrieb spezialisierten Trainings- und Beratungsunternehmens Kaltenbach Training, Böbingen bei Aalen (D), das Unternehmen auch bei der Auswahl der richtigen Verkäufer sowie Führungskräfte im Vertrieb unterstützt. Zudem ist er Autor des Buchs "Was im Verkauf wirklich zählt: Die besten Methoden für volle Auftragsbücher".

Kontakt:

Tel.: 07173 6039, E-Mail: info@kaltenbach-training.de, Internet: www.kaltenbach-training.de

Hinweis: Vom 21. bis 22. November führt Kaltenbach-Training ein offenes Seminar "Der neue Verkaufsmanager: Führungskompetenz im Verkauf" durch. Dort erfahren die teilnehmenden (Nachwuchs-)Führungskräfte im Vertrieb unter anderem, wie sie mittels Coaching ihr Verkaufsteam ziel- und ergebnisorientiert führen. Entsprechende Seminare führt Walter Kaltenbach auch firmenintern durch.