Bei vielen geschäftlichen E-Mails ist nur ein Ergebnis entscheidend: Dass der Angeschriebene antwortet. Nach einer Studie des E-Mail-Dienstleisters Boomerang kann man seine Chancen verbessern, wenn man folgende Tipps befolgt. Diese Ratschläge hat sich Boomerang im Unterschied zu unzähligen E-Mail-Knigges nicht einfach ausgedacht: Mit der für US-Firmen typischen Nonchalance hat der E-Mail-Dienstleister dazu 40 Millionen E-Mails seiner Kunden ausgewertet. Dabei prüfte eine Textanalysesoftware, welche Art von Nachrichten beantwortet wurden, und welche nicht. Kunden von Boomerang sind vor allem amerikanische Firmen und Selbständige, die mit dem Dienst ihre E-Mails verwalten und zeitgesteuert versenden lassen – also kaum Privatanwender.
Die Ergebnisse sind aber für deutsche Anwender ebenfalls interessant, weshalb wir uns die Ergebnisse etwas ausführlicher angesehen haben.
1. Ein Zehnjähriger sollte den Text verstehen
Will man auf seine E-Mail auch eine Antwort erhalten, sollte der Text laut den Ergebnissen der Analyse vor allem leicht verständlich sein. Die meisten Reaktionen bekamen nämlich diejenigen Absender, deren Text auch für einen Drittklässler verständlich war – also das Leseverständnis eines Acht- bis Zehnjährigen nicht überforderte. Um 36 Prozent weniger Antworten erhielten dagegen E-Mail-Anfragen, deren Wortschatz und Komplexität auf Universitäts-Niveau liegt – Fremdwörter wie „Nonchalance“ (sic!) sollte man sich in E-Mails wohl besser sparen und auf kurze Sätze und einfache Sprache setzen.
Das hängt aber nicht mit dem Bildungsniveau des Empfängers zusammen: Man wird einfach schnell ungeduldig, wenn man den Sinn einer E-Mail nicht schnell erkennen kann. So löschen laut Boomerang Anwender etwa 80 Prozent ihrer E-Mails innerhalb von drei Sekunden nach Öffnen wieder – eine E-Mail sollte da deshalb besser schnell verständlich sein. Zu einfach sollte sie aber ebenfalls nicht sein, E-Mails auf Vorschul-Sprachniveau kamen ebenfalls nicht gut an.
2. Zwischen 50 bis 125 Wörter
Ein zweites interessantes Ergebnis betrifft die Textlänge der E-Mails – perfekt sind Boomerang zufolge 50 bis 125 Wörter. Besonders wenig Antworten erhielten dagegen E-Mails mit weniger als zehn Wörtern Text, aber auch 25 Wörter sind noch zu wenig. Offenbar reicht dies nicht aus, um ein Anliegen zu erklären. Bei mehr als 150 Wörtern sinkt die Zahl der Antworten wieder etwas. Extrem lange E-Mails erzeugen dagegen Ablehnung: Bei mehr als 2000 Wörtern sank die Akzeptanz sogar unter die von sehr kurzen Nachrichten. Kaum eine Antwort erhalten nebenbei E-Mails, die nur aus der Betreffzeile bestehen.
3. Etwas Emotion, aber nicht zu viel
Per Textanalyse-Software ist aber nicht nur der Schwierigkeitsgrad eines Textes zu erfassen, sondern auch die Emotionalität hat Boomerang gemessen. Auch hier gab es Unterschiede:
Um beantwortet zu werden, sollten Texte offensichtlich einen gewissen Grad an Emotionalität besitzen – aber nur einen leichten. Die meisten Antworten bekamen E-Mails mit einem leichten emotionalen Unterton, egal ob negativ oder positiv.
Laut den Ergebnissen ist beispielsweise die völlig neutrale Aufforderung an einen Kollegen „Hi lange nicht gesehen. Lass uns mal ein Kaffee trinken gehen.“ nicht perfekt. Besser ist ein wenig mehr an Emotion: „Hi ich würde dich gerne mal wieder sehen. Wie wäre es, wenn wir uns auf einen Kaffee treffen?“ Übertreiben sollte man es aber nicht, mit einem Zuviel an Emotionen ist man ebenfalls nicht erfolgreich. So erfolgreich wie eine völlig neutrale Anfrage wäre laut der Studie die folgende Anfrage: „ Hi! Wäre so schön, dich wieder zu sehen! Treffen wir uns auf einen Kaffee? Ich würde mich total freuen!“
Das trifft natürlich auch auf Beschwerdemails zu: Eine völlig neutrale Anfrage wie „Ich bin mit ihrem Service nicht zufrieden“ beantworten Support-Mitarbeiter so selten wie „Eure Drecks-Webseite ist einfach Scheiße!“. Wichtig ist die Angemessenheit der Sprache: Vor allem bei der Kommunikation mit Kollegen und Kunden ist in einer E-Mail eben mehr Zurückhaltung als mit Freunden oder auf Facebook angebracht.
4. Betreffzeile mit drei bis vier Wörtern
Wenig überraschend: Nur eine Betreffzeile zu verschicken ist ebenso sinnlos, wie keine zu verwenden. Nur 14 Prozent Antworten erhielten E-Mails ohne Betreffzeile, mit drei bis vier Wörtern gab es die beste Antwortquote von 48 Prozent. Aber auch mit fünf oder sechs Wörtern in der Betreffzeile gab es noch eine Quote von 46 bis 41 Prozent.
In einem früheren Beitrag hatte Boomerang sogar schon eine Wortliste erstellt, welche Wörter man in einer Betreffzeile besser vermeiden sollte. In den USA gehören dazu beispielsweise „Press“, „Speaker“, „Confirm“ und „Join“. Positiver wirken dagegen „Apply“, „Demo“, „Payments“ und „Connect“.
Hier stößt nach unserer Meinung allerdings die Statistik an ihre Grenzen: Die Betreffzeile so zu verfassen, dass sie für Aufmerksamkeit sorgt, ist ein Thema für sich. Für allgemeine Regeln hängt da dann doch zu viel vom Können des E-Mail-Autoren ab. Die Länge ist da wohl eher von zweitrangiger Bedeutung.
5. Fragen, Fragen, Fragen
Eigentlich nicht überraschend: Enthielt die E-Mail eine Frage, wurde sie öfter beantwortet. Laut den Statistiken ist anscheinend eine Anzahl von einer bis drei Fragen ideal. E-Mails mit dieser Anzahl an Fragen beantworteten 60 Prozent der Adressaten. Fehlte jegliche Frage, gab es nur 40 Prozent an Rückmeldungen. Aber man sollte es auch hier nicht übertreiben: Eine E-Mail mit acht oder mehr Fragen wollten nur noch 50 Prozent der Angeschriebenen beantworten.
6. Eigene Meinung
Einen kleinen Unterschied macht es anscheinend ebenfalls, ob die E-Mail eher objektiv oder subjektiv gehalten ist. Zu viel Neutralität scheint die Anzahl der Antworten zu beschränken. Aber eher in geringem Maßstab: Eine Nachricht mit eigener Meinung erzielte eine Antwortquote von 50 Prozent, eine neutrale von 42 Prozent.
Das sind aber noch nicht alle Tipps: So empfiehlt Boomerang, E-Mails zu bestimmten Tageszeiten zu versenden: Vor Arbeitsbeginn und während der Mittagspause. Der Tipp ist allerdings nicht ganz uneigennützig, ist doch eine der Hauptfunktionen des Firmen-Service der zeitgesteuerte Versand von E-Mails!
Die Kurzfassung:
Die Ergebnisse sind sehr interessant, viele Ergebnisse wirken bekannt und bestätigen alte Empfehlungen aus der Praxis. Manche der Ratschläge darf man aber nach unserer Meinung nicht zu sklavisch folgen. Die Tipps sind sehr stark auf eine bestimmte Nutzergruppe zugeschnitten: Den beruflichen Anwender, der einen (vielleicht unbekannten) Kunden oder Kollegen anschreibt. So sollte auch der passende Ton immer gewahrt bleiben: Erhält man beispielsweise einen Brief der Hausbank, wirken emotionale Ansprache und eine leicht verständlicher Sprache schnell unseriös – und bei der E-Mail an den langjährigen Kollegen kann man sich ruhig kurz fassen.
Was die Studie aus technischen Gründen ebenfalls nicht berücksichtigen kann, ist der Einsatz von Bilddateien – ist doch gerade bei Firmen-E-Mails die optische Gestaltung der E-Mail vielleicht sogar noch wichtiger als Stilfragen wie Objektivität und emotionale Sprache. (Macwelt)