Deutsche sehen die Digitalkompetenz der Parteien skeptisch, das hat Bitkom in einer Umfrage bereits herausgefunden (ChannelPartner berichtete). Auch der eco-Verband hat bei den Wählern nachgehakt und das Meinungsforschungsinstitut Civey beauftragt, 2.500 erwachsene Personen Deutschland zur Digitalkompetenz der Parteien zu befragen. Die Umfrage fand Mitte März 2024 statt.
Danach betonen insbesondere die Wähler der Grünen (43,2 Prozent), der FDP (37,1 Prozent) und der Linken (36,4 Prozent) die Bedeutung der Digitalkompetenz. Für Anhänger der SPD (21,0 Prozent) und der Union (23,8 Prozent) ist die Digitalpolitik nicht so wichtig und nur für jeden achten AfD-Wähler spielt das Thema überhaupt eine Rolle. Damit unterscheiden sich die Ergebnisse der eco-Umfrage etwas von den Resultaten der Bitkom-Untersuchung.
Cyber-Security, Glasfaser und KI
Für 37,0 Prozent der im Auftrag von eco befragten Wähler ist Cyber-Sicherheit das Topthema, hier sollte die EU mehr tun. Für mehr Anstrengungen beim Ausbau der Glasfaserinfrastruktur plädieren 21,3 Prozent der Befragten. 11,4 Prozent der von Civey interviewten Personen legen großen Wert auf Künstliche Intelligenz.
Der eco-Verband hat auch die Programme der wichtigsten an der Europawahl teilnehmenden Parteien untersucht. So finden sich die Kernaspekte der Digitalpolitik wie Wettbewerb, Daten und KI in allen untersuchten Wahlprogrammen, wenngleich mit teils unterschiedlichen Schwerpunkten. Die Union betont besonders die ethische Nutzung von KI, während die Grünen auf Transparenz setzen. Alle Parteien äußern sich zum Wettbewerb, von der FDP, die hier eine Digital-Freihandelszone fordert, bis zur SPD, die eher auf arbeitsrechtliche Regulierung setzt. Obwohl die Haltungen gegenüber dem Thema Datenschutz und -nutzung in den jeweiligen Parteien auseinandergehen, erkennen alle Parteien im Grundsatz die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und ihre Prinzipien an.
Erstaunlich wenig Beachtung in den Wahlprogrammen findet hingegen die Stärkung und Ausbau digitaler Infrastrukturen. Zwar betonen alle Parteien, die Digitalisierung vorantreiben zu wollen, doch über konkrete Maßnahmen lassen sie sich kaum aus, für den eco-Vorstandsvorsitzender Oliver Süme ein Alarmzeichen:
"Digitale Infrastrukturen sind die Basis der digitalen Souveränität Europas und Fundament für die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Stärkung und Weiterentwicklung eines leistungsfähigen und sicheren Ökosystems digitaler Infrastrukturen, bestehend aus Rechenzentren, gut ausgebauten Gigabitnetzen und sicheren Cloud-Infrastrukturen ist essenziell für die Zukunftsfähigkeit des Digitalstandorts Europa und sollte daher ganz oben auf der digitalpolitischen Agenda aller Parteien stehen, wenn es um die Ziele für die kommende Legislaturperiode geht."
Ferner sorgt sich der eco-Vorsitzender, dass die Bedeutung Künstlicher Intelligenz von der Politik nach wie vor unterschätzt wird: "Diese Vernachlässigung gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit ganz Europas", so Süme.
Alle Ergebnisse der eco-Befragung finden sich hier.
Kommentar des Autors:
Meiner Meinung nach unterschätzen die Parteien und ihre Wähler nach wie vor die Bedeutung der Digitaltechnologien. Cyber-Attacken aus autokratischen Ländern bedrohen unsere kritische Infrastruktur (Energie- und Wasserversorgung), aber nur 37 Prozent der Wähler treibt das Thema "Cyber-Sicherheit" um. Wirklich?
Setzt man die Marktkapitalisierung der US-amerikanischen Digitalkonzerne ins Verhältnis zum Börsenwert der größten europäischen Unternehmen, wird die Diskrepanz allzu deutlich. Hier sollten also alle EU-Länder mehr tun: Startups fördern, Risikokapital-freundlicher werden, deutlich mehr als bisher in digitale Infrastruktur investieren (Cloud, Data Center, Netzwerke, Software, etc.) und eine einheitliche EU-Digitalpolitik betreiben, um im Kampf mit den Giganten USA und China, der schon verloren scheint, wenigstens ein paar Punkte zu machen.
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