Geschichte eines Desasters

So ruinieren Sie HP in 12 Monaten

30.08.2011 von Beate Wöhe
Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein Jahr Zeit, um Hewlett-Packard zu zerstören. Sehen Sie hier, wie es geht.
Foto: Sebastian Staendecke/www.pixelio.de
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Der Kolumnist Al Lewis* blickt auf die Fehltritte zurück, die dazu geführt haben, dass HP ein desaströses Jahr hinter sich hat. Im Folgenden zählt er die Punkte auf, die manch anderes Unternehmen längst in den Ruin getrieben hätten.

Feuere den CEO Mark Hurd, obwohl er gute Arbeit macht, mit der Begründung, bei der Spesenabrechnung getrickst zu haben. Außerdem hat er einen Vorwurf wegen sexueller Belästigung am Hals, den du selbst für unbegründet hältst. Sage der Öffentlichkeit, dass das alles keine Auswirkungen auf das Unternehmen hat. Feuere vier Vorstandsmitglieder so aufsehenerregend wie möglich. Schüre den Massen-Exodus von Schlüsselpersonen, die wirklich wissen, wie man einen Computergiganten führt.

Stelle einen neuen CEO vom deutschen Wettbewerber SAP ein, der Business-Software und keine Consumer-Produkte verkauft. Erzähle dem neuen CEO, Leo Apotheker, dass Mr. Hurd HP "in guter Verfassung hinterlassen hat".

Ziehe die öffentliche Kritik einer großen Unternehmensberatung auf Dich, die behauptet, dass Leo Apotheker die offenen Stellen im Executive-Board mit Freunden und Kumpanen auffülle.

Betreibe kostspielige Akquisitionen und Aktionrückkäufe. Erlaube es den Kosten, außer Kontrolle zu geraten. Versuche Milliarden von Dollar an Barreserven zu verschleudern, bevor die nächste Rezession einsetzt.

Provoziere Microsoft und Oracle, indem Du damit drohst, PCs mit einem HP-eigenen Betriebssystem auszuliefern. Erinnerst Du Dich noch an diese vielversprechende WebOS-Software, die HP im vergangenen Jahr für 1,2 Milliarden Dollar durch die Akquisition von Palm gekauft hat? Schiebe sie beiseite.

Sei sauer, wenn Oracles Larry Ellison der New York Times sagt: "Der HP-Aufsichtsrat hat die schlechteste Personalentscheidung getroffen, seit die Idioten des Apple-Vorstands Steve Jobs gefeuert haben." Und reiche Klage gegen den Wechsel von Mark Hurd zu Oracle ein.

Prahle damit, das Apple iPad mit Deinem 499-Dollar-TouchPad zu attackieren. Dann verramsche Dein TouchPad in einem 99-Dollar-Ausverkauf und gib gleichzeitig bekannt, dass Du dieses Produkt in Zukunft nicht mehr anbieten wirst.

Gib der Welt bekannt, dass Du einfach zu dumm bist, um Smartphones zu bauen.

Erhöhe Deine Geschäftsziele zweimal. Dann verfehle die Geschäftsziele zweimal.

Stelle sicher, dass die Presse Wind von Herrn Apothekers internen Notizen bekommt – diejenigen, in denen steht: "Jeden Penny zwei Mal umdrehen und so wenig Personal einstellen wie möglich".

Kündige an, das britische Software-Unternehmen Autonomy für 10 Milliarden Dollar kaufen zu wollen, einfach, weil es Enterprise-Software wie SAP macht. Denn davon versteht Herr Apotheker etwas.

Akquisitionen, Ausgliederungen und Aktionkurse

Kündige an, das PC-Business möglicherweise verkaufen oder den Geschäftsbereich als eigenständiges Unternehmen ausgliedern zu wollen. Diese Unsicherheit wird die Preise zerstören.

Vergiss die Anstrengungen, die HP hinter sich hat – zum Beispiel durch die Fusion mit CompaqQ –, um der weltgrößte PC-Hersteller zu werden. Vergiss, dass das PC-Business den profitableren Geschäftsbereichen den Rücken frei hält. Es abzustoßen ist eine wunderbar absurde Entscheidung, die Analyst Jayson Noland von Robert W. Baird & Co so beschreibt: "Das ist, als wenn sich McDonald's aus dem Hamburger-Geschäft zurückziehen würde."

Sieh zu, wie die Rating Agentur Moody’s damit droht, HP herunterzustufen.

Reagiere überrascht, wenn der Kurs der HP-Aktien um über 40 Prozent einbricht.

Gehe zur Wall Street und erzähle lange, verwirrende Geschichten darüber, wie du HP von einem niedrigmargigen zu einem hochmargigen Business transformieren willst.

Die ehemalige HP-Chefin Carly Fiorina.

Vom spektakulären Rücktritt der früheren HP-Chefin Carly Fiorina über die Spitzelaffäre der Verwaltungsratssprecherin Patricia Dunn bis hin zu Hurds angeblichem Sexskandal, der offensichtlich gar keiner war, das ist die Art der Funktionsstörungen, die zum "HP-Weg" wurde.

Es ist ein Jahr her, seit HP Mark Hurd gefeuert hat. Jack Kerkovian hätte sich keinen besseren Plan ausdenken können, um das Unternehmen einzuschläfern. Aber wie der gute Doktor immer gesagt hat: "Sterben ist kein Verbrechen."

*Al Lewis ist ein Kolumnist für Dow Jones Newswires in Denver. Er bloggt auf tellittoal.com Dieser Artikel wurde im Wall Street Journal veröffentlicht. (bw)