Der PDCA-Zyklus in der Firma

So lösen Sie Probleme mit System

01.03.2018 von Daniela Kudernatsch
Wenn Unternehmen agiler werden und sich kontinuierlich verbessern möchten, müssen ihre Mitarbeiter lernen, eigenständig Probleme zu erkennen und zu lösen. Ein smartes Hilfsmittel hierbei ist der PDCA-Zyklus, auf dem auch der A3-Report basiert.
Auf den ersten Blick erkennt man häufig nicht den Kern eines Problems.
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Viele Projekte zum Verankern einer Kultur der kontinuierlichen Verbesserung in Unternehmen scheitern, weil den Mitarbeitern auf der operativen Ebene Werkzeuge fehlen, um parallel zum Tagesgeschäft die angestrebten Veränderungen zu realisieren. Ein solches Instrument ist der A3-Report, der auf Wirtschaftsingenieur Joseph M. Juran zurückgeht.

Er empfahl in den 1950er-Jahren japanischen Topmanagern, Problemlösungen, Entscheidungsgrundlagen und Strategien auf einem Blatt Papier darzustellen - aus Gründen der Übersicht. Toyota folgte diesem Rat und wählte hierfür Papier im DIN-A3-Format: Der A3-Report war geboren.

Der A3-Report gibt den Mitarbeitern eine Schablone an die Hand, welche Analyse- und Handlungsschritte beim Lösen eines Problems zu durchschreiten sind. Und diesem Prozess liegt wiederum ein systematisiertes Vorgehen zugrunde: der sogenannte Plan-Do-Check-Act- Zyklus, kurz PDCA-Zyklus genannt.

Die vier Phasen des PDCA-Zyklus

Der PDCA-Zyklus gliedert Verbesserungsprozesse in vier Phasen.

Phase 1: Plan. In ihr werden das Problem und der Ist-Zustand beschrieben sowie die (Kern-)Ursachen des Problems analysiert. Außerdem wird der Ziel-Zustand formuliert. Zudem werden Messgrößen für das Erreichen des Ziel-Zustands definiert.

Phase 2: Do. In ihr werden die Maßnahmen zum Erreichen des Ziel-Zustands fixiert.

Phase 3: Check. In ihr werden die beim Umsetzen der Maßnahmen gesammelten Erfahrungen und erzielten Ergebnisse reflektiert und die Maßnahmen bei Bedarf nachjustiert.

Phase 4: Act. In ihr werden die im Prozess der Problemlösung gesammelten Erfahrungen evaluiert und hieraus Standards für das künftige Vorgehen ableitet.

Diesen Prozess durchlaufen die Arbeitsteams stets, wenn sie ein Problem oder eine relevante Verbesserungschance erkannt haben. Dann wird jeweils ein neuer PDCA-Zyklus gestartet, mit dem Ziel einen neuen Standard im Unternehmen zu etablieren, der als Basis für weitere Verbesserungen dient. Wie die Arbeit mit dem PDCA-Zyklus funktioniert, sei an einem anonymisierten Fallbeispiel illustriert.

Ein anonymisiertes Fallbeispiel

Im Sommer 2016 verabschiedete der Vorstand eines Flaschenherstellers eine neue Strategie, um die Qualitätsführerschaft des Unternehmens bei der Flaschenproduktion weiter auszubauen. Ausgehend von dieser Vision definierte das Managementteam sogenannte Durchbruch-Ziele für das Realisieren der Strategie. Sie lauteten für die Produktion:

  1. Die Produktionsverfahren müssen dem neusten Stand der Technik entsprechen.

  2. Die Arbeit muss sich am Null-Fehler-Prinzip orientieren. Und:

  3. Das Streben nach Verbesserung muss sich in den Genen der Mitarbeiter verankern.

Diese Ziele wurden in Meetings auf alle Ebenen heruntergebrochen. Außerdem wurden die Führungskräfte zu Kata-Coaches ausgebildet, die ihre Mitarbeiter beim Analysieren und Lösen neuer Aufgaben und Probleme unterstützen - so auch der Abteilungsleiter Flaschenfertigung Claus Schmitt und seine Gruppenleiterin Etikettierung Karla Haas.

Bei einem ihrer Meetings im Januar 2017 wies Abteilungsleiter Schmitt die Gruppenleiterin darauf hin, dass die von ihr betreuten fünf Etikettierlinien weniger als die angestrebten 25.000 Flaschen/Tag produzieren, was zu Lieferengpässen und Kundenunzufriedenheit führt. Er bat sie, das Problem zu lösen.

PDCA-Phase 1: Plan!

Daraufhin analysierte Frau Haas die Produktionszahlen der zurückliegenden Wochen und stellte fest: Die von Teamleiter Heinz May betreute Etikettierlinie lieferte statt 5.000 im Schnitt nur 4.200 Flaschen pro Tag aus. Also traf sie sich mit Teamleiter May und bat ihn, Vermutungen über die Problemursachen zu äußern. Seine Vermutung: Es liegt am hohen Ausschuss. Also schauten sich die beiden die aussortierten Flaschen an und registrierten: Bei fast allen Ausschussflaschen sind die Etiketten faltig und schief angebracht.

Frau Haas fragte Herrn May, was die Ursachen hierfür sein könnten. Seine Vermutung: Die gelieferten Etiketten sind nicht okay. Ein Anruf bei der Eingangsprüfung ergab: Sie sind okay. Also war klar: Beim Etikettieren selbst läuft etwas schief. Herr May schaute sich daraufhin in den Schichtberichten die Ausschusszahlen an. Dabei zeigte sich: Über 80 Prozent der Ausschussflaschen werden in der Nachtschicht produziert.

Also beobachteten die Gruppenleiterin und der Teamleiter in einer Nachtschicht den Etikettierprozess. Dabei stellten sie fest: Das Etikettierband staut sich zuweilen in der Spenderstation, und deshalb werden die Etiketten schief aufgebracht. Als Ursache vermutete Herr May: Das Etekettierband wird von einigen Mitarbeitern beim Wechseln falsch eingefädelt - "und zwar von den beiden neuen." Damit stand für ihn die Kernursache des Problems fest.

Also bat Frau Haas Herrn May, ein Ziel für eventuelle Gegenmaßnahmen zu formulieren. Mays Antwort: Das Ziel sei doch klar, den Ausschuss zu reduzieren. Seine Vorgesetzte erinnerte ihn daran, dass Ziele "smart" - also auch messbar und terminiert - sein sollten. Daraufhin formulierte Herr May das Ziel neu: Die Ausschussquote der Nachtschicht soll in acht Wochen, am 31. März, 50 Prozent niedriger sein - und dieses Ziel wolle er durch ein Schulen der neuen Mitarbeiter erreichen. Damit war die Sache für ihn erledigt.

PDCA-Phase 2: Do!

Anders für Frau Haas. Sie fragte den Teamleiter, ob er genau wisse, wie die Mitarbeiter beim Rollenwechsel vorgingen; außerdem, ob es eine schriftliche Beschreibung gebe, wie dieser zu erfolgen habe - auch zum Einarbeiten neuer Mitarbeiter. Mays Antwort auf beide Fragen: Nein.

Also schauten sich Haas und May in einer weiteren Nachtschicht den Rollenwechsel durch erfahrene und unerfahrene Mitarbeiter an. Dabei registrierten sie Unterschiede: Die erfahrenen Mitarbeiter achteten darauf, dass das Etikettenband beim Wechsel den Boden nicht berührte; bei den unerfahrenen hingegen schleifte es oft auf dem Boden. So sammelte sich allmählich Schmutz im Etikettenspender, so dass sich das Band von Zeit zu Zeit verhakte, und dies führte zu den Ausschussflaschen.

Frau Haas bat den Teamleiter, sich mit seinem Team Gegenmaßnahmen zu überlegen, diese zu priorisieren und einen Aktionsplan zu erstellen. Die beschlossenen Maßnahmen lauteten:

  1. Der Boden wird alle zwei Stunden gereinigt.

  2. Auf dem Boden vor dem Etikettenbandabwickler wird ein Gitterrost montiert, durch den eventueller Schmutz fallen kann. Und:

  3. Herr May definiert schriftlich den idealen Prozessablauf beim Rollenwechsel und schult seine Mitarbeiter diesbezüglich.

  4. Zudem vereinbarte das Team:

  5. Der aktuelle Status des Projekts wird bis Ende März stets an der Shopfloor-Tafel der Etikettierlinie dokumentiert, und

  6. hierüber wird regelmäßig in der täglichen Shopfloor-Runde des Teams gesprochen.

PDCA-Phase 3: Check!

In den folgenden Wochen trafen sich Frau Haas und Herr May wöchentlich, um die Entwicklung der Ausschusszahlen zu studieren. Zudem definierten sie weitere Maßnahmen. Das führte dazu, dass am 31. März der Ausschuss um fast 70 Prozent gesunken war. Das geplante Ziel wurde somit übertroffen.

Frau Haas gratulierte Herrn May zu dem Erfolg und bat ihn, eine Einschätzung von dessen Wirkung hinsichtlich der Kunden, der Flaschenfabrik und seiner eigenen Person vorzunehmen; außerdem ihr die Gründe für den Erfolg zu nennen. Herr May antwortete: Der Rollenwechsel sei nun prozesssicher. Das führe zu weniger Reklamationen und die Flaschenfabrik spare wegen des geringeren Ausschusses Geld. Zudem sei durch die Problemlösung sein Selbstvertrauen gestiegen, auch andere Probleme anzugehen - um den Ausschuss gemäß dem Null-Fehler-Prinzip weiter zu senken.

Als Gründe für den Erfolg nannte Herr May: Durch das sehr strukturierte Vorgehen sei die Kernursache des Problems ermittelt sowie eine pragmatische und nachhaltige Lösung gefunden worden - auch weil alle Mitarbeiter ihre Erfahrungen in den Verbesserungsprozess einbrachten.

PDCA-Phase 4: Act!

Nach dieser Einschätzung fragte Frau Haas den Teamleiter, was er hinsichtlich einer Standardisierung tun wolle. Er erwiderte, er werde eine schriftliche Beschreibung des optimalen Prozesses "Wechsel des Etikettenbands" erstellen - auch für das Einarbeiten neuer Mitarbeiter. Außerdem werde er fortan täglich eine Prozesskontrolle durchführen, um Soll-Ist-Abweichungen früher zu erkennen.

Frau Haas lobte Herrn May hierfür und bat ihn, im nächsten Teamleiter-Meeting die Teamleiter der vier anderen Etikettierlinien über den neuen Standard und die Erkenntnisse in dem PDCA-Problemlösungsprozess zu informieren, damit sie von den Erfahrungen lernen. Sie selbst informierte ihren "Chef" - den Abteilungsleiter Flaschenfertigung: Das Problem "zu geringe Flaschenproduktion" ist gelöst.

Führungskräfte haben Schlüsselfunktion

Das Bearbeiten und Lösen von Problemen mit dem PDCA-Zyklus erfordert von allen Beteiligten spezielle Fähigkeiten - insbesondere von den Führungskräften. Sie müssen

  1. sich als Coach und Lernbegleiter ihrer Mitarbeiter verstehen und

  2. bereit sein, sich intensiv mit den wertschöpfenden Prozessen zu befassen.

Hierfür gilt es sie zu schulen. Sonst zeigt sich rasch ein Problem, das man oft in Unternehmen, die den PDCA-Zyklus ohne eine Schulung ihrer Führungskräfte einsetzen, registriert: Sie sind zwar gut in den Phasen "plan" und "do" des PDCA-Prozesses, haben aber Schwierigkeiten bei den Phasen "check" und "act" - also dann, wenn es darum geht,

  1. aus den ersten Initiativen die erforderlichen Schlüsse zu ziehen und

  2. aus den Erfahrungen im Projekt neue Standards abzuleiten und diese im Unternehmen zu etablieren.

Die zentrale Ursache hierfür: Die Führungskräfte haben noch nicht verinnerlicht, dass sie primär Lernbegleiter ihrer Mitarbeiter sind. Deshalb geben sie ihnen in den Phasen "plan" und "act" oft noch (unbewusst) die Lösung des Problems vor. Darum finden bei den Mitarbeitern keine Lernprozesse statt - weshalb auch ihre Problemlöse-Kompetenz nicht steigt.

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