Sogar "Bier holen" kann sie schon, virtuell zumindest und neuerdings gibt es auch "Bier nicht vor 4" (per Telefonwahl #96*6*). Die Fritzbox von AVM bietet mit jedem neuen Modelltypen und Firmware-Update immer mehr Features. Diese bleiben jedoch, so wie die Fax-Funktion, vielfach ungenutzt, weil sie selbst oder die Wege dahin vielleicht gar nicht bekannt sind.
Dabei ist es gerade die wachsende Funktionsvielfalt, welche der Fritzbox 2008 nach nur vier Jahren bereits einen Marktanteil von 60 Prozent bei WLAN-fähigen DSL-Routern in Deutschland beschert hat. Was eingangs so bierselig herüberkam, bekommt mit Smart Home und der Unterstützung intelligenter Steckdosen wie der FritzDECT 200 einen durchaus ernsten Hintergrund.
Allein der USB-Anschluss eröffnet viele Möglichkeiten als Anrufbeantworter, als NAS-Speicher oder als Netzwerkdrucker. Von AVM angebotene Zusatzgeräte wie das FritzFon, FritzDECT und Fritz WLAN Repeater erweitern den Umfang ebenso. Mit Tipps und Tricks für die Nutzung und Einrichtung der vielen Funktionen nehmen wir auch Besitzer älterer Fritzboxen mit auf die Entdeckungstour.
Zwei Highlights aus zehn Jahren im Test
Als AVM auf der CeBIT 2004 die erste Fritzbox, im selben Jahr schon als Fritzbox Fon WLAN, vorstellte, ahnte wohl niemand, welcher Megaseller hier seinen Einstand feierte. Dazu wurde sie auch durch eine wachsende Zahl neuer Funktionen mit jedem Modellwechsel und Firmware-Update.
Zu einem echten ADSL-Dauerbrenner wurde vor allem die bald schon als "eierlegende Wollmilchsau" bezeichnete Fritzbox Fon WLAN 7270 von 2007, die heute noch ganz prominent die AVM-Homepage ziert, obwohl sie mit der Fritzbox 7272 längst einen Nachfolger hat. Die 7270 war als erstes Modell mit einem leistungsstärkeren Chipsatz ausgestattet und hatte USB 2.0, 64 MB internen Speicher und eine integrierte DECT-Basisstation für bis zu sechs Schnurlostelefone an Bord. Sie ist eines von zwei für diesen Artikel verwendeten Geräte.
Der nächste große Coup war 2009 die Fritzbox 7390, die als langjähriges Topmodell mit VDSL-Speed für rund 190 Euro jüngst als erstes Produkt das neueste Firmware-Update FritzOS 6.0 erhielt. Dieses wartet mit verbesserten VPN- und SIP-Telefonie-Funktionen für Unternehmen auf. Stolze 90 Euro mehr soll der erst im Herbst 2013 auf den Markt gebrachte 7390-Nachfolger Fritzbox 7490 kosten, den wir als zweites Testgerät mit FritzOS 6.0 (allerdings noch in der Laborversion) verwendeten. Für 279 Euro verspricht dieses neue Spitzenmodell VDSL-Vectoring für Transferraten von 100 Mbit/s und einen auf bis zu 1.300 Megabit beschleunigten mehr als vierfachen WLAN-Datendurchsatz. Außerdem bietet die neue Fritzbox als erstes Modell ultraschnelles USB 3.0.
Bahnbrechende neue Firmware-Updates
Um die Fritzbox-Historie zu vervollständigen, kam 2010 das erste Gerät mit integriertem Kabelmodem auf den Markt, ein Jahr später mit der Fritzbox 6840 die erste LTE-Box. Für alle Produkte sind im Laufe der Zeit ständig neue Linux-basierte Firmware-Updates freigegeben worden, die von AVM seit 2012 jeweils stolz als neues FritzOS vermarktet werden. Zum Update gelangt man über den Assistenten in der Übersicht der Fritzbox-Benutzeroberfläche, in der alle Einstellungsmöglichkeiten und Anwendungen zu finden sind.
TIPP: Zur Fritzbox-Benutzeroberfläche gelangt man über den einfachen Browser-Eintrag fritz.box und ein dringend empfohlenes sicheres Kennwort, das man beim ersten Mal festlegt. Auch wenn Sie die Fritzbox zur Konfiguration direkt per IP-Adresse ansprechen, sollten Sie prüfe, ob das Gerät auch per Namen ansprechbar ist. Die Fritzbox-Programme wie Fritzfax etc. suchen die Box nämlich anhand ihres Namens un nicht per IP-Adresse. Häufig ist in den Tools zu Fritzbox auch gar keine direkte IP-Eingabe möglich.
Ein Umstand, der in einfachen Heimnetzen kaum zu bemerken ist, einen aber bei der Fehlersuche in Netzen mit mehreren Segmenten oder Subnetzen schnell zur Verzweiflung bringen kann, wenn etwa die Fritzbox per IP-Adresse ansprechbar bar ist, sich Fritzfax aber beschwert, dass es keine Fritzbox findet. Ein einfacher Workaround unter Windows ist, im Verzeichnis X:\windows\system32\drivers\etc\hosts die hosts-Datei zu editieren. Dort ist der Name der Fritzbox sowie ihre feste IP-Adresse einzutragen. In der Regel sollte so auch in komplexen Netzen die Namensauflösung funktionieren. Hilft dieser Trick auch nicht, so ist hier beispielsweise ein interessantes Kompendium mit Links zu weiteren Tools zu finden. Auch wenn das Kompendium schon etwas älter ist, helfen die meisten Tipps auch bei heutigen Fritzboxen.
Bahnbrechend für weitere produktspezifische Updates war die im Frühjahr 2013 für alle aktuellen Fritzboxen verfügbare neue Firmware FritzOS 5.50, die über 100 Neuerungen und Verbesserungen brachte. Die Liste ist so lang und mitunter modellabhängig, dass man sich am besten selbst ein Bild macht.
Herausragende neue Features in FritzOS 5.53 für die Fritzbox 7270:
• Multimedia, Memo und Durchsagen mit FritzFon
• unterschiedliche Berechtigungen für Einrichtung, Telefonfunktionen und FritzNAS
• Anrufbeantworter mit Nachrichtenübersicht, Hochladen von Ansagen und zeitgesteuertem Ein-/Ausschalten
• Telefonbuch mit Suchfunktion, flexibler Rufnummernmenge, Rufnummerntypen, Google-Telefonbücher mit Gruppenauswahl
• WLAN mit neuer Repeater-Funktion zur Reichweiten-Verlängerung
• Smart Home zum Steuern intelligenter Steckdosen (wie die FritzDECT 200)
• Router-Betrieb über UMTS- oder HSDPA-Sticks mit der Möglichkeit, auch Telefonate über die Mobilfunkverbindung zu führen
Neuere Modelle wie die Fritzboxen 7272 und 7490 bieten mit FritzOS 5.59 noch mehr Möglichkeiten, darunter viele, die mit dem nächsten großen Firmware-Update FritzOS 6.0 bald für alle aktuellen VDSL-Modelle zur Verfügung stehen sollen.
Erweiterte Features des neuen FritzOS 6.0:
• Privater WLAN-Hotspot mit QR-Code für Gastzugänge
• Live TV (IP-TV) auf Tablet oder Smartphone
• VDSL-Vectoring ebnet den Weg für Übertragungsraten von 100 Mbit/s
• Einbindung von Cloud-Services im Mediaserver
• vereinfachter sicherer VPN-Aufbau
• verbesserte SIP-Telefonie
Eigene Rufnummern und Telefonbücher einrichten
Die Fritzbox bietet eine Reihe von Möglichkeiten für die Festnetz- und Internet-Telefonie, die sich per WLAN oder über eine VPN-Verbindung kostensparend zusammen mit der FritzApp Fon für Android und iPhone auch mit einem Smartphone nutzen lässt. Die integrierte Telefonanalage des AVM-Routers stellt darüber hinaus ein eigenes Faxgerät und Anrufbeantworter für bis zu fünf verschiedene Telefonnummern mit E-Mail-Ausgabe oder Nachrichtenspeicherung auf einem USB-Stick zur Verfügung. Zum Faxen von Papiervorlagen braucht man natürlich noch einen Scanner. Um diese Telefon- und Faxservices zu nutzen, müssen unter "Telefonie" in der Fritzbox-Oberfläche erst die Rufnummern und dann die entsprechenden Geräte eingerichtet werden.
Jetzt fehlen nur noch die Telefonbucheinträgen. Für die FritzFon-Schnurlostelefone von AVM können es sogar mehrere Telefonbücher sein. Der einfachste Weg zur Telefonbuchmitnahme ist die kostenlos angebotene FritzApp Fon für Android und iOS, mit der man sich die Telefon- und Faxnummern im XML-Format selbst zuschicken kann. Die Import-Funktion in der Fritzbox-Oberfläche (unter Telefonie / Telefonbuch) nennt sich irreführenderweise "Wiederherstellen". Liegen die Daten im CSV-Format vor, müssen sie unter Umständen erst konvertiert werden. Schließlich bietet die Fritzbox auch die Möglichkeit, Telefonbücher aus E-Mail-Konten von 1 & 1 Internet, GMX, Google oder Web.de zu verwenden und damit zu synchronisieren. Leider kann die Fritzbox jedoch keine Outlook-Exchange-Adressbücher direkt importieren. Dieses Manko lässt sich umgehen, wenn man erst das Smartphone mit Exchange synchronisiert und die Adressen aus dem Smartphone mit FritzApp Fon exportiert.
Telefone und Faxgeräte anschließen
Fritzboxen mit Telefonfunktion bieten - je nach Ausstattung - einen ISDN-Port (Fon S0) sowie jeweils zwei mit Fon 1 und Fon 2 bezeichnete TAE- und RJ11-Buchsen für den Anschluss von maximal zwei analogen Telefonen. Außerdem verfügen neue Modelle in der Regel über eine integrierte DECT-Basisstation, an die sich bis zu sechs Schnurlostelefone anmelden lassen. Dazu muss man das DECT-Telefon nur in den Anmeldemodus bringen, dann bei Aufforderung die PIN der Fritzbox (voreingestellt sind 0000) eingeben und die DECT-Taste an der Fritzbox für circa zehn Sekunden gedrückt halten.
IP-Telefonie über WLAN oder VPN
Neben Festnetzanschlüssen unterstützt die Fritzbox auch die IP-Telefonie, ab FritzOS 5.5x sogar SIP-basiert (Session Initiation Protocol) für eine Vielzahl von IP-Telefonanschlüssen, eine Funktion, die besonders für mittelgroße Unternehmen mit bis zu 100 Arbeitsplätzen interessant ist. Ist ein Smartphone als IP-Telefon über die FritzApp Fon angemeldet und ihm eine Festnetznummer zugewiesen, kann man darüber per WLAN daheim oder über eine VPN-Verbindung unter Umgehung teurer Roaming-Gebühren theoretisch sogar weltweit zum Festnetztarif über die Fritzbox telefonieren. Mit FritzOS 6.0 wird die Einrichtung von VPN-Verbindungen zwar deutlich vereinfacht, aus Platzgründen wird hier aber auf die umfassende Dokumentation von AVM verwiesen:
Tipp: Für die Einrichtung von VPN-Verbindungen mit einer eigenen Domainadresse hält AVM neben nützlichen Anleitungen im Service-Portal eine Datei für den Fritz-Fernzugang zum Download bereit.
FritzApp Fon & Co.
Um das Smartphone mit der FritzApp Fon als IP-Telefon via WLAN nutzen zu können, muss das Gerät auf der Fritzbox-Benutzeroberfläche unter Telefoniegeräte zunächst als "LAN/WLAN (IP-Telefon)" mit Benutzername (typischerweise 620) und einem eigenen Kennwort angemeldet werden. Für die erste Anmeldung an die FritzApp Fon (über die Menüpunkte Mehr und Einstellungen) braucht man neben dem soeben gewählten Kennwort auch noch das Fritzbox-Kennwort. Anschließend legt man noch eine oder mehrere Rufnummern für ein- und ausgehende Anrufe fest. Die FritzApp Fon übernimmt alle Telefon- und Fax-Daten aus der Anrufliste und dem Telefonbuch des Mobiltelefons.
Für die Fernwartung der Fritzbox bietet sich die unten beschriebene Android-App FritzApp Ticker an. Voraussetzung sind eine dynamische DNS-Adresse oder der MyFritz-Dienst von AVM. Letzterer ist der einfachste Weg, um per Internet von überall auf der Welt auf die Fritzbox und angehängte Datenspeicher (USB-Stick oder NAS) zugreifen zu können.
Fernzugriff und Mediennutzung auch per Smartphone
Über die eigene MyFritz-Adresse (etwa https://abcd23efghij4k5l.myfritz.net/), einen Benutzernamen und das Kennwort gelangt man von jedem Rechner aus zur eigenen Fritzbox und deren Inhalte. Der von AVM als "Cloud, der man traut" bezeichnete MyFritz-Dienst, den es für Android auch als App gibt, bietet von überall auf der Welt Zugriff auf die Anrufliste, den Anrufbeantworter, den NAS-Speicher einschließlich angedockter USB-Speicher und auf angeschlossene Smart-Home-Geräte. Unter Heimnetz / Mediaserver kann man mit FritzOS 6.0 auch Online-Medienservices wie den der Deutschen Telekom einbinden, um sich diese zusammen mit anderen Mediadaten über die FritzApp Media für Android aufs Smartphone oder Tablet zu holen.
Ferner können im Bereich Mediaserver auch Stationen für Internetradio und Podcasts eingerichtet werden, um darauf mobil zuzugreifen. Allerdings funktioniert das mit der FritzApp Media meist nur im heimischen WLAN-Netz. Weitere FritzApps für Android sind FritzApp Cam Lab, mit der man aus der Ferne das Haus überwachen kann.
Live TV und Fernzugriff mit der FritzApp Ticker
Mit den meisten FritzApps kommt man nur auf Teilbereiche der Fritzbox, nicht so die FritzApp Ticker. Diese unter anderem für die Fernwartung gedachte Android-App bietet über WLAN und Mobilfunknetze den vollen Zugriff auf die ganze Fritzbox einschließlich aller Dienste und Inhalte. So zum Beispiel auch auf die im neuesten FritzOS unterstütze Funktion Live TV mit einer Auswahl von Fernsehprogrammen in SD- und HD-Qualität. Die für das Videostreaming erforderlichen hohen Bandbreiten setzen allerdings eine WLAN- oder LTE-Verbindung voraus. Mit UMTS oder gar HSDPA führt das Anklicken einer der im Smartphone angezeigten Sender ins Leere.
Außerdem kann man über die FritzApp Ticker direkt auf das Fritzbox-Telefonbuch zugreifen und die Anrufliste einsehen, die in der Android-App nach eigenen Vorgaben ständig aktualisiert wird.
Fazit:
Die Fritzbox ist ein wahrer Tausendsassa, der ständig weiterentwickelt wird. Die Einrichtung mancher Services wie etwa die VPN-Nutzung ist trotz vieler Erleichterungen keineswegs trivial. Aber es gibt kaum einen Hersteller, der samt umfangreicher Dokumentation so einen guten und schnellen Support bietet wie AVM.