Ausschreibung, Vergütung & SLAs

So gelingen Outsourcing-Verträge

08.12.2011 von Thomas Jansen und Britta Hinzpeter
Nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Cloud-Lösungen gewinnt Outsourcing wieder an Bedeutung. Die Verhandlung entsprechender Verträge ist eine Herausforderung für Anbieter und Anwender. Beide Seiten müssen genau wissen, was sie voneinander wollen.
Karsten Leclerque gilt als ein führender Outsourcing-Experte unter den Unternehmensberatern.
Karsten Leclerque gilt als ein führender Outsourcing-Experte unter den Unternehmensberatern.

Nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Cloud-Lösungen gewinnt Outsourcing wieder an Bedeutung. Die Verhandlung entsprechender Verträge ist eine Herausforderung für Anbieter und Anwender. Beide Seiten müssen genau wissen, was sie voneinander wollen.
von von Britta Hinzpeter (Kanzlei DLA Piper) und Thomas Jansen (Partner der internationalen Rechtsanwaltskanzlei DLA Piper in München )

Grob betrachtet, lässt sich ein Outsourcing-Vertragswerk in neun Bestandteile zerlegen: Ausschreibung, Vergabe, Leistungsbeschreibung, Service-Levels, Vergütung, Benchmarking, Haftungfragen, Nutzungsrechte und Schutz des geistigen Eigentums sowie Exit-Management. Hinsichtlich jedes dieser Teile muss der Auftraggeber nicht nur aus juristischer Sicht die richtigen Fragen stellen; auch die betriebswirtschaftliche Perspektive darf nicht zu kurz kommen. Aus diesem Grund haben die Autoren den Unternehmensberater Karsten Leclerque, Principal Consultant Outsourcing & Cloud bei Pierre Audoin Consultants (PAC) in München, zu Rate gezogen.

Die Ausschreibung

Der Ausschreibungsprozess legt den Grundstein für den Erfolg eines Outsourcing-Projekts. Wer IT-Leistungen auslagern will, muss zuerst die fachlichen Anforderungen definieren und in der Ausschreibung wiedergeben, also ein Lastenheft erstellen. Die Projektverantwortlichen sollten sich fragen, welche Leistungen aus technischer, prozessökonomischer und wirtschaftlicher Sicht extern bezogen werden sollen, um betriebliche Prozesse zu beschleunigen, deren Qualität zu verbessern oder sie ökonomischer zu gestalten. Die wichtigsten Fragen an das Business lauten hierbei:

Wie der Unternehemsberater Leclerque ergänzt, ist in dieser Phase die Beteiligung sämtlicher Stakeholder entscheidend. Nur so lasse sich ein wirklich einheitliches Verständnis für Status Quo und Ziele der Vergabe schaffen. Schließlich könnten Kriterien wie Kostenersparnis und Serviceverbesserung durchaus im Widerspruch zueinander stehen.

Die Vergabe

Foto: Fotolia/yellowj

Die Auswahl des richtigen Anbieters kann vor allem in Cloud-Projekten mit vielschichtigen unternehmerischen Anforderungen komplex sein. Häufig ist ein Anbieter allein nicht in der Lage, alle IT-Leistungen zu erbringen und wird Dienstleistungen eines oder mehrerer Subunternehmer hinzukaufen, zum Beispiel für die Bereitstellung der IT-Infrastruktur. Der Auftraggeber sollte unbedingt die Erfüllung des Lastenheftes durch die Unterauftragnehmer abfragen und das Ergebnis in seine Vergabeentscheidung einbeziehen. Die Checkliste für diese Phase gestaltet sich so:

Damit der Auswahlprozess effizient bleibt, schlägt Leclerque vor, die Zahl der Anbieter durch Vorselektion anhand definierter Kriterien einzugrenzen. Insbesondere die RFI-Phase (Request for Information) lasse sich durch Zuhilfenahme externer Informationen über die Provider-Landschaft verkürzen oder einsparen. Neben technik- und servicebezogenen Aspekten können bestimmte Ausschlusskriterien für einen Auftraggeber besonders relevant sein. Dazu zählt beispielsweise die geografische Präsenz des Anbieters, konkrete Erfahrungen, Verständnis für die Branche, ähnliche Referenzen oder andere spezifische Stärken.

Outsourcing braucht Transparenz

Die Leistungsbeschreibung

Der zentrale Inhalt des Outsourcing-Vertrags ist die Leistungsbeschreibung. Sie muss so konkret wie möglich formuliert sein, denn der Detaillierungsgrad entscheidet maßgeblich über den Erfolg des Projekts. Je nachdem, ob der Auftraggeber nur eine bestimmte Anwendung oder beispielsweise eine gesamte IT-Infrastruktur beziehen will, sehen die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung unterschiedlich aus. Die Art der Leistung entscheidet außerdem über den Vertragstyp ( Werkvertrag, Dienstvertrag, Miete) sowie über das anwendbare Gesetzesrecht.

Die Leistungserbringung des Providers sollte zu jedem Zeitpunkt für den Kunden transparent sein, rät Leclerque. Das bedeute aber nicht, dem Provider im Detail vorzuschreiben, wie er die Leistungen erbringen müsse. Viele Provider bieten heute Plattform-basierende Dienstleistungen an, die sich stark auf standardisierte Technologien, Architekturen und Prozesse stützen. Diese "cloudifizierten" Angebote bedeuten für den Kunden beispielsweise günstigerer Kosten, Rückgriff auf Best Practices und erhöhte Flexibilität. Dafür verzichte er ein Stück weit darauf, Einfluss auf das "Wie" der Leistungserbringung zu nehmen.

Service-Level-Agreements

Foto: Fotolia/L.S.

Die Service-Level-Vereinbarung definiert die Leistung über qualitative und quantitative Leistungskriterien, auch KPIs genannt (Key Performance Indicators). Sie sieht Verfahren vor, mit denen sich prüfen lässt, ob die Service-Levels erfüllt sind. Zudem regelt sie die Folgen der Nichterfüllung. Jedem Auftraggeber dürfte daran gelegen sein, die ausgelagerte Leistung wie vereinbart zu erhalten. Nicht- oder Schlechterfüllung sollte die Ausnahme sein. Kommt es aber doch zu einer mangelhaften Leistung, so ist es aus Sicht des Auftraggebers wichtig, dass er sich vom Vertrag ganz oder teilweise lösen kann, um die Leistung selbst zu erbringen oder einen anderen Service-Provider zu beauftragen.

Klassische Outsourcing-Verträge erlegen die Pflicht zur Prüfung der Service-Levels meist dem Anbieter auf. Er berichtet die Prüfergebnisse im Rahmen eines Reporting-Verfahrens an den Auftraggeber. Ein Anbieter von Cloud-Services kann das nur schwer leisten, weil die IT-Ressourcen gerade nicht einem bestimmten Auftraggeber zugeordnet sind. Deshalb weisen Cloud-Verträge hier eine Besonderheit auf: Der Auftraggeber bleibt für das SLA-Monitoring verantwortlich. Zu checken ist:

Wie Leclerque zu bedenken gibt, macht das Modell der "Hosted Private Cloud" nach wie vor das Gros des heutigen Cloud-Markts aus. Hier kommen zwar typische Cloud-Charakteristiken, zum Beispiel Ressourcen-Sharing, zum Tragen, doch das SLA-Management ähnelt eher dem des traditionellen Outsourcing. Deshalb sollte hier logischerweise auch der Provider für das Monitoring und Reporting der KPIs verantwortlich sein. In den "cloudifizierten" Angeboten der etablierten Outsourcing-Provider sind die KPIs häufig Grundlage für die nutzungsbasierte Abrechnung.

In zwanzig Schritten zum SLA

Vergütung

Vergütungsmodell und Leistung müssen aufeinander abgestimmt sein. Für Cloud-Verträge kommen insbesondere Fixpreis (feste Zahlung pro Abrechnungseinheit) und "Pay-per-Use" (Zahlung für die abgerufene Leistung) in Betracht. Sie lassen sich auch unternehmensspezifisch kombinieren. Allgemein gilt: Je länger die Laufzeit eines Projekts, desto flexibler die Vergütungsregelungen.

Gängige Outsourcing-Preismodelle unterscheiden sich insbesondere in der Aufteilung des (Planungs-)Risikos zwischen Kunde und Anbieter sowie in der Granularität der Preiseinheit, erläutert Leclerque. Sie umspannen die ganze Palette von Technologie- über Service- bis zu Geschäftsprozess-bezogenen Preiskomponenten.

Ein wichtiger Aspekt bei der Wahl des Preismodells ist aus Sicht des Unternehmensberaters eine geeignete Incentivierung des Anbieters, damit er im Laufe der Zusammenarbeit die Effizienz und/oder Qualität der Leistungserbringung ständig erhöht. Zum Beispiel könnte der Provider von einem Rückgang der Ticket-Zahl profitieren; ein reines "Preis-pro-Ticket"-Modell ist weniger geeignet.

Trotz des allgegenwärtigen Cloud-Trends sollte der Auftraggeber genau abwägen, wie flexibel Leistungserbringung und Abrechnung tatsächlich sein müssen, so Leclerque weiter. Höhere Flexibilität für den Kunden bedeute in der Regel geringere Planungssicherheit für den Anbieter. Damit steige dessen Risiko, was sich eventuell negativ auf den Preis auswirke.

Benchmarking

In Verträgen über langfristige Outsourcing-Projekte darf die Benchmarking-Klausel nicht fehlen. Der Begriff Benchmarking bezeichnet hier ein standardisiertes Verfahren zur Überprüfung und Anpassung des Vertrags während seiner Laufzeit. Auf diese Weise lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit der vereinbarten Leistung im Verhältnis zur Vergütung über einen längeren Zeitraum sicherstellen:

11 Outsourcing-Trends für 2011

Haftung

Foto: Fotolia, L.Smokovski

Die Haftung ist meist der kritischste und sensibelste Punkt in der Verhandlung eines IT-Outsourcing-Vertrags. Hier ist Fingerspitzengefühl gefordert. Der Outscourcing-Provider will sein unternehmerisches Risiko minimieren und wird deshalb regelmäßig darauf drängen, Beschränkungen oder gar Ausschlüsse der Haftung im Outsourcing-Vertrag durchzusetzen. Die Interessen des beauftragenden Unternehmens sind entgegengesetzt. Das Verhandlungsziel sollte also ein interessengerechtes Haftungsregime sein, das für beiden Seiten akzeptable Haftungsbeschränkungen vorsieht.

Was CIOs 2011 tun müssen

Nutzungsrechte und Schutz des geistiges Eigentums

Foto: Falko Matte_Fotolia.com

Der Outsourcing-Vertrag sollte die bestehenden geistigen Eigentumsrechte (Urheberrechte, Markenrechte, Patente etc.) vor unbeabsichtigter Übertragung schützen. Die Vertragsparteien müssen demzufolge sicherstellen, dass die gegenseitig eingeräumten Rechte nicht über das zur Vertragserfüllung erforderliche Maß hinausgehen. Gleichzeitig ist es notwendig, gewisse Nutzungsrechte einzuräumen, ohne die eine Vertragserfüllung nicht möglich ist. Wichtig sind hier insbesondere Nutzungsrechte an Software.

Welche Rechte im Einzelnen eingeräumt werden müssen, hängt vom konkreten Nutzungsbedarf ab. Immer zu treffen sind Regelungen zum inhaltlichen (wie darf die Software genutzt werden und durch wen?), zeitlichen (wie lange darf sie genutzt werden?) und räumlichen (Deutschland, Europa, weltweit?) Nutzungsumfang. Vor allem die Cloud-Anbieter müssen unter Umständen gewährleisten, dass sie berechtigt sind, die Software in allen Ländern zu verwenden, in denen die Cloud zum Einsatz kommt.

Dazu noch einmal der Unternehmensberaten Leclerque: "Angesichts des besonders strikten deutschen und europäischen Datenschutzgesetzes sollte nicht nur das geistige Eigentum geschützt, sondern auch sehr genau beachtet werden, welche Art von Daten im Sinne der Auftragsdatenverarbeitung an einen externen Provider übermittelt werden und welchen spezifischen gesetzlichen Regelungen diese eventuell unterliegen." Geklärt werden müsse, wo die Daten geografisch verarbeitet werden und wie die Zugriffsrechte geregelt seien. Das gelte vor allem bei der Verarbeitung personenbezogener oder persönlicher Daten, etwa von Mitarbeitern, Kunden oder Lieferanten.

Exit-Management

Eine gute Planung berücksichtigt bereits zu Beginn eines Projektes dessen Ende. Gerade im Zusammenhang mit Cloud-Services ist es unverzichtbar, Rechte und Pflichten der Parteien im Fall einer Vertragsbeendigung - sei es durch Zeitablauf oder Kündigung - detailliert zu regeln. Um dem auslagernden Unternehmen eine reibungslose Übertragung der Leistungen auf einen anderen Anbieter oder eine Rückführung in den eigenen Betrieb zu ermöglichen, muss der Provider Unterstützung erbringen. Die Verantwortlichkeiten der Parteien im Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung sollten in einem Exit-Plan festgehalten werden.

Wie Leclerque ergänzt, sollte ein Exit-Plan neben dem Szenario des Anbieterwechsels auch eine Insolvenz des Providers oder dessen Übernahme durch ein anderes Unternehmen berücksichtigen.

So wechseln CIOs den Outsourcing-Partner

COMPUTERWOCHE-Kommentar

COMPUTERWOCHE-Redakteurin Karin Quack
Foto: Joachim Wendler

Vor zwei oder drei Jahrzehnten hatte ein IT/Org.- Leiter "früher mal" etwas ganz anderes gemacht: Häufig entstammte er der Linienorganisation des jeweiligen Unternehmens, war beispielsweise Versicherungsmathematiker oder Ingenieur mit einer gewissen Affinität zur Science-Fiction, bevor der Vorstand ihn ausguckte, um den Betrieb informationstechnisch zu unterstützen. Der Vorteil lag auf der Hand: Der designierte IT-Chef kannte das Unternehmen und zumindest ein oder zwei seiner wichtigsten Prozesse.

Außergewöhnlich häufig fanden - und finden - sich auch promovierte Physiker in leitender IT-Position wieder. Das verwundert kaum. Liebt doch die Gattung des Physicus Vulgaris das abstrakte Denken, wie es Computer im vergangenen Jahrhundert in Reinkultur verkörperten. Zudem sind Physiker im Allgemeinen jeglicher Hysterie abhold, was sich vor allem im Falle des (Systemaus-) Falles als ausgesprochen nützlich erweist.

Der "studierte CIO" ist auch heute noch eine Seltenheit. Reinen Informatikern ist der Karrierepfad "CIO" wohl eher suspekt. Sie widmen ihr Leben lieber der Suche nach dem Ideal-Code. Zudem stellte sich spätestens in den 90er-Jahren heraus, dass ein Studium der Betriebswirtschaft eine mindestens ebenso sinnvolle Vorbereitung auf den CIO-Beruf ist. Besser noch: ein Abschluss in Wirtschaftsinformatik.

Allerdings kann man mit solch einem Studium auch direkt von der Uni als Berater einsteigen. Das heißt, viel früher und mit weniger Verantwortung in etwa genauso viel Geld verdienen. Vielleicht liegt es daran, dass sich in den Reihen der CIOs immer noch viele Quereinsteiger finden.

Eine Profession ist dort allerdings kaum vertreten. Eine, die zu vielem befähigt, was ein CIO heute können muss: Compliance, IT-Governance, Security-Maßnahmen, Vertrags-Management, Prozesse ... ja, ja, der Witz ist faul. In jedem CIO steckt heute zwangsläufig ein wenig von einem Juristen. Wo sind die gelernten Juristen im CIO-Sessel?

(Dieser Beitrag wurde von der ChannelPartner-Schwesterpublikation Computerwoche übernommen / rb)