Stellenanzeigen reichen nicht aus

So finden Sie IT-Spezialisten für Ihre Firma

13.07.2012
Die Personalsuche- und -akquise müssen professionell angegangen werden. Alexander Walz gibt Tipps dazu.
Wer Fachleute sucht, musst strategisch vorgehen.

Wenn Unternehmen einen IT-ler mit einer speziellen Expertise suchen, kommen sie mit dem Schalten von Stellenanzeigen meist nicht weit. Denn diese Spezialisten sind rar. Und sie haben in der Regel bereits einen Job, mit dem sie weitgehend zufrieden sind. Entsprechend professionell muss der Personalsuche und -akquiseprozess gestaltet werden.

Ein Nutzfahrzeughersteller sucht einen Informatiker, der sich auch mit Antriebstechnik auskennt. Eine Softwareschmiede sucht einen Projektmanager, der die Abläufe in der Kreditwirtschaft kennt und die Programmiersprache Fortran beherrscht. Ein Hardwareproduzent sucht einen Programmierer, der Maschinencode schreiben kann.

Immer wieder suchen Unternehmen hoch qualifizierte (IT-)Spezialisten, die ein spezielles Fachwissen haben. Diese Experten sind meist rar. Deshalb versagen in solchen Situationen oft die klassischen Wege der Personalsuche, wie das Schalten von Stellenanzeigen. Auch aus folgendem Grund: Von den von den raren Spezialisten sind oft nur ein, zwei Dutzend aktiv auf Stellensuche. Entsprechend professionell müssen die Unternehmen den Personalsuche-Prozess gestalten. Hier einige Tipps.

Schritt 1: ein klares Anforderungsprofil formulieren

Der erste Schritt ist das Formulieren eines detaillierten Anforderungsprofils. Ein solches Profil existiert oft nicht - vor allem, weil die Personalabteilung, die den Experten sucht, und die Fachabteilung, die ihn benötigt, häufig zu wenig miteinander kommunizieren. Das wäre aber sinnvoll. Denn die Personalabteilung weiß meist nicht, welche Fähigkeiten der Neue in seinem Job genau braucht. Und die Fachabteilung erachtet oft das, was der bisherige Stelleninhaber tat, als ganz selbstverständlich. Also artikuliert sie die Anforderungen nicht.

Deshalb sollten Unternehmen, die rare (IT-)Experten suchen, sich zunächst unter anderem fragen: Was macht der gesuchte Spezialist im Unternehmen genau? Mit wem muss er kooperieren? Über welche fachlichen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften sollte er verfügen? Alles scheinbar banale Punkte. Doch genau hier liegt die Gefahr. Oft geben sich Unternehmen vorschnell mit Worthülsen statt zum Beispiel nachzufragen: Was bedeutet es konkret, dass der neue Projektmanager "unternehmerisch denken" soll? Soll er die Geschäftsprozesse im eigenen Unternehmen oder in den Unternehmen der Kunden verstehen? Soll er die Budgetvorgaben einhalten? Soll er bei seiner Arbeit auch die Marktentwicklung und die künftigen technischen Möglichkeiten im Blick haben? Oder ...?

Schritt 2: die Anforderungen gewichten

Sind die Anforderungen definiert, gilt es, diese zu gewichten. Denn für die Suche von hoch qualifizierten (IT-)Spezialisten gilt: Oft ist es unwahrscheinlich, dass das Unternehmen seinen Traumkandidaten findet. Also muss es Abstriche machen und sich zum Beispiel fragen: Ist es wirklich unabdingbar, dass der neue Programmierer sich auch mit Antriebstechnik auskennt, oder können wir ihm das nötige Wissen nicht auch vermitteln?

Schritt 3: ein verlockendes Angebot schnüren

Sind die Anforderungen gewichtet, sollte das Unternehmen sich fragen: Was können und wollen wir den Wunschkandidaten eigentlich bieten? Ob sie 2000 oder 3000 Euro mehr oder weniger pro Jahr verdienen, das ist den meisten Top-Leuten egal. Sie nehmen hierfür allein zumindest keinen Ortswechsel in Kauf. Bliebe die Aussicht auf eine gehobene Führungsposition? Eine solche Stelle können und wollen die Unternehmen den Spezialisten aber meist nicht offerieren. Denn schließlich sind diese ja gerade wegen ihres Spezialwissens für sie interessant.

Womit also die IT-Spezialisten ködern? Oft reizen Experten die fachlichen Entwicklungsperspektiven, die ihnen eine Stelle bietet. Ein weiterer Trumpf können die Ressourcen sein, die ihnen zur Verfügung gestellt werden. Auch die Art wie Projekte in dem Unternehmen geplant und gemanagt werden, kann ein Pluspunkt sein. Schon mancher ITler wechselte seine Stelle, weil er das permanente "Trouble-Shooting" bei seinem alten Arbeitgeber leid war.

Ebenfalls ein Ass im Ärmel kann der Zugang zu fachlicher Weiterbildung sein. Er ist gerade für IT-Spezialisten, deren Fachwissen schnell veraltet, oft ein Wechselmotiv. Denn sie plagt (zu Recht) latent die Angst: Wenn ich mich nicht weiterbilde und in technisch innovativen Projekten mitarbeite, sinkt mein Marktwert langsam aber kontinuierlich. Und keinesfalls sollten Unternehmen die Bedeutung der weichen Standortfaktoren unterschätzen. Oft ist ein Entscheidungskriterium auch: Welches Schul- und Freizeitangebot bietet mir/uns der neue Wohnort?

Schritt 4: Firmen mit möglichen Kandidaten ermitteln

Sind das Anforderungsprofil und das Angebot formuliert, beginnt die eigentliche Kandidatensuche. In Einzelfällen kann hierbei das Durchforsten solcher Online-Portale wie Xing und LinkedIn, aber auch Gulp hilfreich sein. Gerade bei hoch qualifizierten Spezialisten kommt man aber so meist nicht weit - vor allem, weil sich die wirklich guten "Schaffer" in den Unternehmen dort kaum präsentieren.

Also bleibt den Unternehmen oft nichts anderes übrig, als eine Liste der Firmen zu erstellen, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Kandidaten für die vakante Stelle arbeiten - um diese abzuwerben. Hierbei benötigen sie in der Regel Unterstützung. Denn ihren Mitarbeitern fallen als Antwort auf die Frage, in welchen Firmen Spezialisten mit dem gesuchten Profil arbeiten könnten, meist nur die unmittelbaren Mitbewerber und die Branchen-Giganten ein. Nur selten sind auf ihrem Monitor aber die Nischenanbieter in ihrer Branche; des Weiteren die Unternehmen außerhalb ihrer Branche, in denen IT-Spezialisten mit einem ähnlichen Profil arbeiten. Genau dort findet man aber meist die wirklich heißen Kandidaten.

Schritt 5: die Kandidaten kontaktieren

Sind die Zielfirmen definiert, gilt es, die Namen der Personen zu ermitteln, die in ihnen die betreffende Funktion innehaben. Diese Aufgabe übertragen Unternehmen oft Personalberatern - unter anderem weil diese meist über Netzwerke verfügen, die das Ermitteln der Namen erleichtern. Sind diese bekannt, gilt es die Kandidaten zu kontaktieren. Das erfordert Fingerspitzengefühl und Spezial-Know-how. Denn gerade den Kandidaten, die eigentlich einen guten Job haben, muss die vakante Stelle in der Regel zunächst schmackhaft gemacht werden, damit sie einen Stellenwechsel überhaupt erwä-gen. Dies gelingt nur Personen, bei denen die kontaktierten Kandidaten das Gefühl hat: Mein Gesprächspartner kennt mein Tätigkeitsfeld und kann den Wert meines Know-hows einschätzen.

Schritt 6: die eingeladenen Top-Kandidaten überzeugen

Sind die möglicherweise wechselwilligen Kandidaten identifiziert, beginnt ein reguläres Personalauswahlverfahren. Dabei sollte jedoch allen klar sein: Das Unternehmen wirbt um eine begehrte Top-Kraft, die mehrere bis sehr viele Optionen hat. Entsprechend sollte der Kandidat umworben werden, um ihm die gewünschte Wertschätzung zu signalisieren. Dazu zählt auch, dass zum Beispiel beim Vorstellungsgespräch ein Experte aus der betreffenden Fachabteilung anwesend ist. Denn gerade die absoluten Top-Kandidaten wollen, bevor sie sich entscheiden, sicher wissen: Hier finde ich (auch personell) ein hoch-professionelles Milieu vor, das mir ideale Voraussetzungen bietet, um mich zu entfalten. Zudem haben sie meist konkrete fachliche Fragen, und auf diese wollen sie eine Antwort haben - unter anderem, um einschätzen zu können: In welchem (technischen) Umfeld würde ich künftig arbei-ten? Und: Vor welchen konkreten Herausforderungen würde ich im Arbeitsalltag stehen? Sofern möglich sollte deshalb auch der bisherige Stelleninhaber in das Auswahlverfahren einbezogen werden - zumal er meist am besten einschätzen kann, welcher Kandidat am ehesten über die erforderliche Kompetenz verfügt.

Schritt 7: den Neuen einführen

Ist der gesuchte IT-Spezialist endlich gefunden, atmen die Verantwortlichen in den Unternehmen meist erleichtert auf und kehren zu ihrer Alltagsarbeit zurück. Das heißt: Sie bereiten sich auf die Ankunft des Neuen nicht vor, und überlegen sich frühestens am Vorabend, bevor dieser erscheint: Wie wollen wir ihn empfangen?

Die Folge: Der Spezialist, in dessen Suche das Unternehmen so viel Mühe investierte, fragt sich schon am ersten Tag: Wo bin ich hier gelandet? War meine Entscheidung richtig? Nicht nur aufgrund der Art, wie er empfangen wurde, sondern auch, weil keine systematische Einarbeitung und Einführung erfolgt. Der Neue soll vielmehr vom ersten Tag an so funktionieren, als arbeite er schon immer für das Unternehmen - was er selbstverständlich nicht kann, weil ihm noch viele Infos fehlen.

Entsprechend ernüchternd und häufig sogar frustrierend sind für die Neuen häufig die ersten Arbeitstage. Doch nicht nur für sie - auch für ihre neuen Kollegen. Denn diese erhoffen sich vom Neuen oft eine Arbeitserleichterung. Deshalb fragen sie sich, wenn dieser ihnen in den ersten Wochen immer wieder mit irgendwelchen "dummen" Fragen zur Last fällt, recht schnell: Ist das der richtige Mann (oder die richtige Frau)?

Entsprechend groß ist die Gefahr, dass sich die Wege des Spezialisten und des Unternehmens nach der Probezeit wieder trennen. Mit der Konsequenz: Die zeit- und kostenintensive Suche nach einem IT-Spezialisten mit dem gewünschten Profil beginnt von vorne. Und die Aufgaben, die er eigentlich erledigen sollte? Sie bleiben oft weiterhin liegen. (oe)
Der Autor Alexander Walz ist Geschäftsführer der Personal- und Managementberatung Conciliat GmbH, Stuttgart.
Kontakt:
Tel.: 0711 224518-0, E-Mail: Walz.Alexander@conciliat.de, Internet: www.conciliat.de