Notebooks oder Netbooks könnten so manche alte PC-Flotte ersetzen. In der Anschaffung teurer, verbrauchen sie laut EcoTopTen des Freiburger Öko-Instituts rund 70 Prozent weniger als ein vergleichbarer Tischcomputer, zumal sie ihren eigenen Bildschirm mitbringen. Aber es gibt auch gute Gründe dagegen, alle Arbeitsplätze mit mobilen Rechnern auszustatten. Das fängt bei Ergonomierichtlinen an und endet bei Sicherheitsfragen. Wie leicht ist so ein Gerät unter den Arm geklemmt, womit wohmöglich auch unternehmenskritische Daten verloren gehen.
Für die meisten Unternehmen sind daher Desktop-PCs immer noch die erste Wahl. Konkrete Orientierungshilfen für die Kaufentscheidung bietet eine umfangreiche Datenbank von Energy Star gemäß den seit Juli 2009 geltenden neuen strengen Richtlinien in der Version 5.0, die auch von der EU angenommen wurden. Die Datenbank listet nicht nur den Stromverbrauch einer Vielzahl von Tischrechnern auf, sondern lässt die Geräte auch nach den Kategorien CPU-Leistung und Ausstattung miteinander in Konkurrenz treten. Denn es ist natürlich ein großer Unterschied, ob es sich um einen sogenannten Nettop handelt, in der Leistung ähnlich schwach wie ein Netbook, oder einen ausgewachsenen Rechner mit 3-GHz-Quad-Core-Prozessor, 4 GB Arbeitsspeicher und einer dedizierten Grafikkarte
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Typischer Jahresverbrauch laut Energy Star
Energy Star 5.0 unterteilt Tisch-PCs in vier verschiedene Kategorien und gibt für jede einen bestimmten typischen jährlichen Energieverbrauch (Typical Electricity Consumption, TEC) vor. Hinzu kommen "Bonuspunkte" von 1 kWh (Kilowattstunde) je 1 GB über den für die jeweilige Kategorie vorgegebenen Grundspeicher sowie 35 kWh respektive 50 kWh für diskrete Grafik-CPUs mit einer Framebuffer-Breite von über oder unter 128 Bit und 25 kWh für einen zusätzlichen internen Speicher.
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Desktop-PCs der Kategorie D müssen mindestens vier Prozessorkerne, 4 GB Arbeitsspeicher und/oder einen diskreten Grafikprozessor mit einer Framebuffer-Breite von über 128 Bit mitbringen. Die TEC-Höchstgrenze für sie (ohne Extras) sind 234 kWh im Jahr.
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Tischrechner der Kategorie C haben mehr als zwei CPU-Kerne, mindestens 2 GB Arbeitsspeicher und/oder einen diskreten Grafikprozessor. Ihr TEC-Grundwert darf maximal bei 209 kWh liegen.
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Zur Kategorie B gehören Rechner mit Dual-Core-Prozessor und mindestens 2 GB Arbeitsspeicher. Ohne Zusätze dürfen sie laut TEC nicht mehr als 175 kWh pro Jahr verbrauchen.
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Kategorie A betrifft alle Tischcomputer, die nicht in die drei anderen Kategorien fallen, also auch solche mit Single-Core-CPU oder Nettops beziehungsweise Mini-PCs mit Atom-Prozessor. Ohne zusätzliche Features dürfen sie laut Energy Star 5.0 nur maximal 148 kWh im Jahr verbrauchen.
Der TEC-Wert für die einzelnen Desktop-Kategorien errechnet sich anhand der untenstehenden Formel. Dabei repräsentieren die P-Werte die Leistungsaufnahme (in Watt) des Desktops in den entsprechenden Betriebszuständen (Px) und die T-Werte den prozentualen Zeitanteil des Betriebszustandes (Tx) pro Jahr in Prozent.
E(TEC) = (8760/1000) x (P(Off) x T(Off) + P(Sleep) x T(Sleep) + P(Idle) x T(Idle)
Dabei wird angenommen, dass der Tischrechner bei inaktivem Netzwerk zu 55 Prozent ausgeschaltet ist, zu fünf Prozent im Ruhezustand und 40 Prozent "idle", womit das System laut Energy Star vollständig aktiv wäre. Bei Betrieb im Netzwerk ist die zeitliche Gewichtung anders: 40 Prozent Off, 30 Prozent Sleep und 30 Prozent idle.
Messwerte bei Volllast gibt die riesige Produktdatenbank von Energy Star zu Tischcomputern nicht her, aber der TEC-Wert soll als Orientierung genügen. Inwieweit die verbauten Netzteile den 80+-Kriterien genügen, das geht aus den Angaben ebenso wenig hervor wie der Verbrauch der CPU, auch wenn die Produktbezeichnung Rückschlüsse erlaubt.
In der aktuellen Produktdatenbank von Energy Star reichen die TEC-Werte für Desktop-PCs der Kategorie A von 35,6 bis 135,1 kWh. Noch größer sind die Unterschiede im B-Reigen mit 51 bis 251,1 kWh, in der Kategorie C mit Werten von 43,2 bis 253,3 kWh und bei Desktop-PCs der Kategorie D mit TEC-Werten von 109,2 bis 307,9 kWh, wobei Acer mit einer Reihe von Modellen das Schlusslicht bildet.
Milliarden versickern ungenutzt
Seit Jahren schon geht die Debatte über den hohen Standby-Stromverbrauch von Elektroprodukten. Umwelt- und Verbraucherverbände werden nicht müde, darauf hinzuweisen. Die in Deutschland so verpulverten Stromkosten werden vom Bundesumweltministerium auf 3,3 Milliarden Euro geschätzt. Zwei Atomkraftwerke könnten vom Netz gehen, wenn der Leerlaufwahnsinn aufhöre, heißt es. Tatsächlich gelten für eine Reihe von Elektrogeräten in der EU seit Anfang 2010 neue, strengere Richtlinien, die für den Aus-Zustand 1 W als Höchstwert festlegen. Ab 2013 soll der Wert sogar auf 0,5 Watt sinken mit dem Ziel, die unnützen Stromverluste bis 2020 EU-weit um 35 Milliarden Kilowattstunden (kWh) pro Jahr zu senken. Auch wenn die IT-Industrie immer wieder in der Kritik steht, fallen PCs noch nicht unter die neuen Richtlinien. Wie denn auch? Zwei Drittel der von Energy Star gelisteten Tischrechner liegen darüber, manche vom Typ B ziehen im ausgeschalteten Zustand 7,5 Watt, einer sogar 8,2 Watt. Angesichts von 1,50 Euro pro Watt Standby-Verbrauch im Jahr mögen die Mehrkosten im Einzelnen nicht ins Gewicht fallen, bei vielen hundert oder gar Tausenden von Systemen im Unternehmen können sie sich aber ganz schön summieren.
Der Null-Watt-PC: FTS Esprimo
Fujitsu Technology Solutions (ehemals Fujitsu-Siemens) hat bereits auf der CeBIT 2009 mit der Modellreihe Esprimo die ersten Desktop-PCs mit null Watt im ausgeschalteten Zustand angekündigt. Trotz der prompten Kritik von Mitbewerbern, dass die Systeme unterm Strich gar nicht so stromsparend sind, scheint FTS mit dem Vorstoß immer noch allein auf weiter Flur zu sein, selbst wenn der Off-Verbrauch mancher Konkurrenzprodukte ebenfalls gegen Null geht.
2,8 GHz schnelle Quad-Core-CPUs (Intel Core i7 oder Core 2 Quad) und 16 GB Arbeitsspeicher weisen die Esprimos der Kategorie D zu. Mit 176,8 bis 206,4 kWh liegen die TEC-Werte höher als die vieler Konkurrenzprodukte. Die sparsamsten aus Kategorie D sind die TT3V-Modelle von VeryPC mit 109,2 kWh, nicht weit davon der Small-Form-Factor-PC HP Compaq 6005 Pro und der Acer Veriton L670G mit 135,7 respektive 139,6 kWh. Allerdings bieten diese Geräte auch nur 4 GB Arbeitsspeicher.
Nicht nur Nettops sind genügsam
Was die niedrigsten Werte für den Energieverbrauch angeht, liegen Nettops, Mini-PCs oder der Mac-Mini von Apple in allen Kategorien weit vorn. Ganz oben auf der Liste stehen zwei fit-PC2-Modelle des israelischen Herstellers CompuLab Ltd., die mit dem 1,6-GHz-Prozessor Intel Atom Z530 und 1 GB RAM nur einen TEC von 35,6 kWh aufweisen. Auf Platz drei folgt die Eee Box EB1002 von Asus mit 2 GB Arbeitsspeicher und einem TEC von 39,5 kWh.
Dass Quad-Core-Leistung und ein extrem geringer Stromverbrauch sich nicht ausschließen, zeigt der indische Newcomer Wipro. Gleich sechs "Super Genius"-Modelle können in der Kategorie C mit 3 GHz und einem TEC von 42,3 kWh glänzen, womit sie noch vor einigen Mac Minis mit Intel Core 2 Duo rangieren. Mit unter 60 kWh gut im Rennen sind auch Mini-Rechner von ViewSonic, Clevo und Advantech, die wie die meisten Geräte mit weniger als 100 kWh Jahresleistungsaufnahme unter die Kategorie A fallen.
Wer im TEC-Ranking nach großen Namen wie Acer, Dell oder Hewlett-Packard sucht, muss schon etwas scrollen. Mit Werten von 74,4 und 75,5 kWh bringen sich die Nettops Acer Veriton N260G und Dell Inspiron 300 ins Spiel. Der erste HP-Rechner ist der Ultra Slim Desktop Business PC Compaq 8000f Elite, ein Gerät der Kategorie B mit 98,7 kWh. Hart an der 100-kWh-Grenze ist das Lenovo ThinkCentre M20xee mit Atom-Prozessor. Die ThinkCentre M90/M90p bieten mit Intel-Core-i7-Prozessoren die höchsten Taktraten von allen Systemen in der Datenbank von Energy Star. Der Kategorie B zugehörig, liegt ihr TEC bei 163,3 kWh, Off verbrauchen sie nur 0,9 W.
Fazit
Es ist schon erstaunlich, welche großen Unterschiede Energy Star innerhalb der einzelnen Kategorien bei Desktop-PCs hinsichtlich des Stromverbrauchs ermittelt hat. Inwieweit die einzelnen Systeme den eigenen Ansprüchen genügen, was zum Beispiel die Storage-Kapazitäten oder die Zahl der Steck- und Einschubplätze angeht, muss jedes Unternehmen selbst entscheiden. Von Mini-Rechnern oder Nettops ist dahingehend nicht viel zu erwarten, auch wenn sie in der Liste verbrauchsarmer Geräte ganz vorn sind. (wh)