Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat just bei der Eröffnung der weltweit größten Industriemesse Hannover Messe 2015 einen durchschlagenden digitalen Wandel in Deutschland angemahnt. Während sie dies im Beisein des indischen Ministerpräsidenten ansprach, war einige Wochen zuvor auf der CeBIT ebenfalls durchgeklungen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland einen solchen Vorsprung auch im verschärften Wettbewerb zu aufstrebenden Nationen wie China nutzen muss.
Eine Herausforderung, die auch der Berliner IP-Telefon-Hersteller Snom Technology AG allzu gut kennt. Das im Jahr 1996 gegründete Unternehmen zählt zwar zu den Pionieren der computerbasierten IP-Telefonie (Internetprotokoll), spürt aber nach zwischenzeitlichem Bekunden eines Führungsmanagers den Atem der Billigkonkurrenz aus Asien.
Snom setzt bei seinem Produktportfolio ausdrücklich „auf qualitativ hochwertige Lösungen“. Der Ruf ist jedoch angekratzt, da zum Einen am Jahresbeginn eine Sicherheitswarnung des CERT-Warn- und Informationsdienstes des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) bei einer Firmware-Version für große Aufmerksamkeit sorgte. Die Warnung war unter Technikexperten umstritten und versuchte der Hersteller mit seiner Anweisung für das ordnungsmäße Vorgehen bei der – alten - Firmware-Version zu entkräften. Es sei ratsam, die empfohlenen Sicherungsmöglichkeiten der snom IP-Telefone auch wirklich anzuwenden, mahnte Snom beim schnell präsentierten Update, mit dem es die Sicherheitslücke beim Programm OpenVPN schloß.
Neuer Ankeraktionär, neuer CEO, neue Strategien
Zum anderen dokumentieren fort laufende Umstrukturierungen die dringende Notwendigkeit neuer Strategien in verschiedenen Unternehmensbereichen. So hat Snom seit wenigen Wochen mit Heidelberg Capital aus der gleichnamigen süddeutschen Stadt einen neuen Anker-Investor und mit Nadahl Shocair einen neuen Chief Operating Officer. „Durch eine signifikante Kapitalerhöhung und durch die Ernennung von Shocair hat der neue Mehrheitseigentümer Heidelberg Capital Private Equity beim ITK-Spezialisten Snom den Grundstein für einen konsequenten Wachstumskurs gelegt“, heißt es beim Berliner Unternehmen.
Shocair will die „beträchtlichen Finanzmittel“ in die Entwicklung innovativer Produkte stecken, die ausdrücklich den Marktanteil vergrößern, die globale Präsenz und das Vertriebsnetz ausbauen sowie „Mehrwerte für unsere Kunden, Partner, Zulieferer und Aktionäre schaffen“ sollen. Zudem betont André Deloch, Partner bei Heidelberg Capital und Aufsichtsratsvorsitzender von Snom: „Wir wollen die Entwicklung neuer Produkte und moderner Software ebenso nachhaltig fördern wie das internationale Wachstum von Snom.“
In den vergangenen 25 Jahren war der gebürtige Texaner Shocair in verschiedenen Führungspositionen für internationale Telefonieanbieter wie Detewe, Boomtel Networks, Denso, Sprint und Hagenuk tätig. In Berlin treibt er nebenher das Technologienetzwerk Silicon Allee mit voran.
Mit Heidelberg Capital und Shocair sind der bisherige Mehrheitseigentümer Beaufort Capital GmbH und der nur rund acht Monate amtierende CEO Markus Schmitt-Fumian in diesen Positionen bei Snom abgelöst worden. Seit Mitte Februar 2015 bildet Transformationsexperte Shocair zusammen mit Chief Finance Officer Thomas Müller-Braun und Chief Sales Officer Olivier Gerling den Vorstand. Das Trio spiegelt den multinationalen Hintergrund bei Snom wider, der als große Chance für die Unternehmensentwicklung gesehen wird: „Unsere Mitarbeiter stammen aus über 15 Nationen, wir sind in mehr als 50 Ländern durch Distributoren vertreten, und den Löwenanteil unserer Umsätze machen wir schon heute im nicht-deutschsprachigen Raum.“
Neue Vertriebsaktivitäten in Mitteleuropa
Seit dem neuerlichen Umbruch unterstützt auch Michael Hengl das Team. Der ehemalige HeadOn- und Jabra-Manager übernimmt als Vertriebsleiter die Sales-Aktivitäten in dem süddeutschen Raum, der Schweiz, Österreich und Slowenien. Außerdem hat das Unternehmen gerade die Vertriebspartnerschaft mit Voipoint in Polen verkündet, der als führender polnischer Reseller von VoIP-Lösungen für den B2B-Einsatz einen lukrativen wie schnell wachsenden Markt bedient.
Vor diesem Hintergrund spricht Snom auch von einem neuen Reseller-Programm. Es sieht unter anderem die Einführung von neuen flexiblen Leasingkonzepten für all seine IP-Geräte vor. Mit den alternativen Finanzierungsmodellen werde das Sales Team die Bedürfnisse der registrierten und zertifizierten Snom Fachhändler stärker in das Sales Management einbinden, kündigt der Hersteller an.
Verstärkte Technologie-Kooperation mit GSMK
Darüber hinaus arbeitet Snom nach der technischen Kooperation mit dem deutschen Sicherheitsspezialisten und Blackberry-Tochterunternehmen Secusmart nun verstärkt mit der GSMK Gesellschaft für Sichere Mobile Kommunikation mbH aus Berlin zusammen. Die beiden Unternehmen, die bereits seit fünf Jahren kooperieren, entwickeln neue verschlüsselte und sichere Desktop-IP-Telefone unter der Prämisse „Abhörsicherheit, engineered in Germany“. GSMK bietet angeblich rundum abhör- und datensichere Telefone unter dem Technologielabel Cryptophone für Unternehmens-, Regierungs- und Individualkunden an.
Damit setzt der Technologiepartner Snom gleichzeitig auf eine internationale Expansion wie auf seine deutsche Herkunft und Made-in-Germany-Qualitäten. Wenn das Unternehmen wieder im Herbst zum Partnertag einladen sollte, dürfen die Handelspartner gespannt sein, wie die weiteren Fortschritte aussehen und von Erfolg gekrönt sein werden. (rw)