Dem neuen Siemens-Chef Klaus Kleinfeld läuft die Zeit davon. "In Kürze" werde ein Partner für die verlustreiche Handy-Sparte präsentiert, hatte er Ende April 2005 bei Vorlage der Halbjahreszahlen verkündet. Doch die Bewerber für eine Kooperation oder eine Übernahme der Krisensparte stehen nicht gerade Schlange. Das berichtet unsere Schwesterpublikation Computerwoche.
Seit Kleinfelds Ankündigung sind vier Wochen ins Land gegangen, und die Braut steht noch immer alleine da. "Es gibt keine neue Situation", hieß es am Dienstag bei Siemens in München. Die Gespräche mit möglichen Partnern dauerten an, eine Lösung solle in Kürze präsentiert werden.
Kunden, Anleger und Analysten sind langsam mit ihrer Geduld am Ende. "Es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit", sagt Siemens-Analyst Frank Rotauge von Sal Oppenheim. Kleinfeld habe aus eigenem Antrieb die Hoffnung geweckt, dass schnell eine Lösung präsentiert werde. "Jetzt müssen sie auch liefern."
Selbst bei den Kunden wird öffentlich Kritik laut. Der Siemens-Anwenderverein "Justsave" bemängelte das Fehlen einer Strategie im gesamten Kommunikationsbereich der Siemens AG. "Jetzt sind mutige Innovationen und zukunftsorientierte Investitionsentscheidungen gefragt und nicht eine Politik der schleichenden Selbstauflösung."
Die Lage in der Handysparte ist trostlos. Im ersten Quartal des Kalenderjahres machte Siemens mit den Mobilfunkgeräten erneut einen Verlust von 138 Millionen Euro. Der Marktanteil sinkt, Konkurrenten wie Nokia, Motorola oder Samsung sind weit enteilt. "Es ist nur ein ganz kleiner Teil von Siemens, der aber den Rest mit runterzieht", so Rotauge.
Am liebsten würde Siemens die Mehrheit am Handygeschäft abgeben. Darüber verhandelt der Konzern nach Angaben aus Branchenkreisen entgegen Medienspekulationen auch weiterhin mit dem US-Konkurrenten Motorola. Eine Alternative ist weiterhin eine Allianz mit einem asiatischen Partner. LG Electronics war hier im Gespräch, Rotauge kann sich auch ein Bündnis mit Panasonic oder NEC vorstellen.
Dass eine Partnerschaft kein Allheilmittel ist, hat gerade erst Alcatel zu spüren bekommen. Die Franzosen hatten ihr Handygeschäft in ein Gemeinschaftsunternehmen mit der chinesischen TCL-Gruppe eingebracht. So sollte der eingeführte Markenname erhalten, aber billiger in einem Joint Venture produziert werden. Vor wenigen Tagen nun zog Alcatel die Notbremse.
Der Konzern gibt die Handyfertigung ganz auf und verkauft die Minderheitsbeteiligung an dem Gemeinschaftsunternehmen an TCL. "Nachdem die Lohnkosten ohnehin nur einen geringen Teil der Fertigungskosten ausmachen, bietet also die Fertigung in Niedriglohnländern keine Garantie, unter denjenigen Playern zu bleiben, die sich auf dem umkämpften Mobiltelefonmarkt behaupten können", folgerte die IG Metall mit Blick auf Siemens.
Auch für Rotauge ist der Weg den Alcatel beschritten hat, nur eine "verlangsamte Abwicklung". Die Werte, die Siemens mit den Handys trotz aller Probleme geschaffen habe wie zum Beispiel die Marke und die gute Marktposition in Deutschland, müssten erhalten bleiben. Ihm schwebt daher ein Kooperationsmodell nach dem Vorbild von SonyEricsson vor.
Nach der Zusammenlegung der Mobilfunksparten ging das Gemeinschaftsunternehmen allerdings durch ein tiefes Tal der Tränen, ehe sich die neue Marke halbwegs am Markt behaupten konnte. Ob die dafür notwendige Geduld bei Siemens vorhanden ist, muss sich zeigen. In Kürze wissen Anleger, Kunden, Analysten und Mitarbeiter vielleicht mehr. (cm)