Kennen Sie die Situation? Sie haben eine Aufgabe vor sich, die Sie angehen müssen, ein schwieriges Projekt oder eine unangenehme Sache, beispielsweise ein Kündigungsgespräch mit einem Mitarbeiter oder eine Besprechung mit einem unzufriedenen Kunden. Vielleicht ist es auch eine Angelegenheit, die Sie eigentlich gar nicht interessiert, aber die in Ihren Verantwortungsbereich fällt.
Nun merken Sie an sich selber, dass es Ihnen von Tag zu Tag gelingt, sich immer wieder Aufschub zu verschaffen. Sie ertappen sich dabei, wie Sie Verzögerungstaktiken einsetzen und alle anderen Arbeiten vorziehen, und sei es nur der wiederholte Gang zum Kaffeeautomaten oder ein als dringend empfundenes Telefonat.
Eine solche Haltung ist nicht nur ineffektiv, sie ist kontraproduktiv. Denn Sie erledigen weder die eigentliche Arbeit noch die als Alibi dienende Pseudo-Aufgabe richtig, sind bei beiden nur halbherzig bei der Sache. Sie nutzen Ihre knappe Zeit weder für produktives Arbeiten noch für wirkliche Entspannung, sondern schauen zu, wie sie ihnen davonläuft, wie sich ein schlechtes Gewissen aufbaut, wie Stress entsteht - ein Verhalten, das Sie sich als Manager mit wenig Zeit und einem großen Arbeitspensum nicht leisten können.
Lernen Sie deshalb das "richtige Anfangen", und beherzigen Sie dabei die folgenden Tipps:
Tipp 1: Schaffen Sie die Voraussetzungen für den Anfang. Beschaffen Sie sich alle Informationen und Unterlagen, die Sie brauchen, um starten zu können. Beauftragen Sie Ihre Sekretärin, die erforderlichen Auskünfte über den Kunden einzuholen, studieren Sie die Personalakte des zu kündigenden Mitarbeiters, legen Sie sich die Argumente bereit, die Sie im Gespräch vorbringen wollen.
Wichtig: Setzen Sie sich und anderen ein Zeitlimit, bis zu dem die Informationen vorliegen müssen. Die Aktivitäten müssen von Ihnen selbst ausgehen. Wer sich rein passiv verhält und darauf vertraut, dass andere die Voraussetzungen für den Start schaffen, wartet oft vergeblich.
Perfektionismus lähmt die Aktivitäten
Tipp 2: Verabschieden Sie sich vom Perfektionismus. Gerade Manager, die hohe Anforderungen an die eigene Person richten, neigen dazu, alles selber machen zu wollen, und das auch noch perfekt. Diese (Zwangs-)Vorstellung baut einen inneren Druck auf, der das Gegenteil von dem bewirkt, was beabsichtigt ist: Er lähmt die Aktivitäten - nach dem Motto: entweder hundertprozentig oder gar nicht. Menschen mit Hang zum Perfektionismus schieben die Dinge gerne vor sich her.
Arbeiten Sie daran, diesem Teufelskreis zu entkommen. Unterteilen Sie das "Gesamtziel" (die perfekte Lösung) in einzelne, überschaubare "Etappenziele". Beim anstehenden Treffen mit dem unzufriedenen Kunden wären das beispielsweise ein Entschuldigungsbrief an den Kunden, dann ein Telefonat, dann die Einladung zum persönlichen Gespräch und schließlich das Angebot einer Ersatzleistung. Auf diese Weise ist der "Berg", der vor Ihnen liegt, nicht mehr so groß. Zudem zeigen Ihnen die schnellen Anfangserfolge ("early wins") der Einzeletappen, dass die Gesamtsache vorangeht. Lernen Sie, vorläufige, grob strukturierte Ergebnisse zuzulassen und im jeweils nächsten Schritt die Detailarbeit, das Fein-Tuning, vorzunehmen.
Tipp 3: Erledigen Sie Wichtiges vor Interessantem. Es gibt immer etwas, was einen - tatsächlich oder auch nur scheinbar - mehr interessiert als das, was zur Erledigung ansteht. Widerstehen Sie der Versuchung, sich durch angenehme Aufgaben von den uninteressanten Dingen ablenken zu lassen. Versuchen Sie, auch dem Uninteressanten etwas Positives abzugewinnen. Es gibt eigentlich keine wirklich uninteressanten Aufgaben, eine Aufgabe ist immer so herausfordernd, wie man sie sich selbst gestaltet.
Wer diese Grundregeln befolgt, beherrscht die Kunst des "richtigen Anfangens" und kommt dem gesteckten Gesamtziel rasch näher.
Die Autorin Dr. Renate Oettinger ist Diplom-Kauffrau und arbeitet als freie Journalistin, Autorin und Lektorin in München.