Am 1. Januar trat die fünfte Novellierung der Verpackungsverordnung in Kraft. Für Sebastian Fellhauer, Leiter Händlerbetreuung und Category Management von Hitmeister.de, gehört das Thema mittlerweile zum Arbeitsalltag: "Viele unserer Händler haben Angst vor Abmahnungen, weil sie nicht wissen, wie sie die Verpackungsverordnung im Sinne des Gesetzgebers umsetzen sollen." Jeden Tag rufen bei ihm und anderen Marktplatzbetreibern die Online-Händler an und fragen nach den genauen Konsequenzen, dem "richtigen" Dualen System, und hoffen auf Antwort auf andere, offenbar völlig unzureichend geklärte Fragen. Die Konsequenz: Eine Umfrage unter den Händlern von Hitmeister.de ergab, dass mehr als 92 Prozent die neue Regelung wieder abschaffen und - zumindest - zur alten Regelung zurückkehren möchten.
Hintergrund ist, dass Online-Händler entweder alle neu in Umlauf gebrachten Verpackungsmaterialien - dazu gehören auch Zeitungen und Styropor-Kugeln - bei einem dem Dualen System angeschlossenen Dienstleister registrieren lassen oder auf Nachfrage nachweisen müssen, dass zum Beispiel mehrfach verwertete Verpackungen bereits zuvor einmal registriert wurden. Dies nachzuweisen ist aber mit der neuen Verordnung deutlich schwieriger geworden, da die lizenzierten Verpackungen nicht mehr zwingend das Logo "Grüner Punkt" enthalten müssen.
Online-Händler beklagen eine Bevorzugung des stationären Handels
"Wir sehen in der Neuregelung eine Schikane zur Bevorzugung des stationären Handels gegenüber unseren eigenen Interessen", berichtet Frank Windelband von zocobo.de. Denn: Theoretisch sollen die Online-Händler bereit sein, einmal in Umlauf gebrachte Verpackungen wieder zurückzunehmen - doch welcher Kunde schickt die Umverpackung einer gekauften CD schon zurück, und was bedeutet dies für die Umweltbilanz? "Meiner Meinung nach ist die Neuregelung gerade für Verpackungen von CDs, DVDs und Büchern falsch und überflüssig, da es für diese Bereiche schon funktionierende Regelungen gab", fasst Florian Obermüller vom Online-Versand-Grafenau zusammen.
Zur Verunsicherung hinzu kommen ungeklärte juristische Fragen: Welche Verpackungen sind "Verkaufsverpackungen" und welche "Serviceverpackungen"? Droht eine Welle von Abmahnungen für kleine Händler? Wann gibt es die ersten Klagen gegen die neue Verordnung? Die befragten Händler sind frustriert und beklagen sich auch über die mangelnde Informationspolitik. "Gerade vorige Woche rief mich ein älterer, aber recht großer Händler an und fragte aufgeregt, warum er darüber nicht rechtzeitig informiert worden sei", sagt Fellhauer. Offizielle Verlautbarungen zur Novellierung gibt es bislang kaum.
Hauptproblem sind die zusätzlichen Kosten
Als wichtigstes Problem im Zusammenhang mit der Verordnung nennen 81,5 Prozent der befragten Händler die zusätzlichen Kosten. Diese treten deshalb auf, weil sich die Händler faktisch einem dem Dualen System zugehörigen Dienstleister anschließen müssen. Kostenpunkt: mindestens 150 Euro pro Jahr, selbst für kleine Händler, und gestaffelt je nach verwendeter Verpackungsart und -menge. Interessant ist, dass das bekannteste duale System, Der Grüne Punkt, bei den Händlern nicht das beliebteste ist: Das System der Landbell AG aus Mainz ist für fast 30 Prozent der befragten Händler der Favorit. Nach dem Grünen Punkt auf Platz zwei (21,8 Prozent) folgt das System des Kölner Unternehmens Zentek (17,2 Prozent). Weitere Systeme wie Interseroh, Eko-Punkt oder BellandDual spielen eine untergeordnete Rolle.
Vorschläge zur Lösung der drängendsten Probleme "Kosten" und "Bürokratieaufwand" haben auch viele Händler parat: Diese reichen von "Kleine Händler von der Regelung ausnehmen", über "Nur noch lizenzierte Verpackungen in Umlauf bringen", bis zu "Die Hersteller der Verpackungen zur Finanzierung heranziehen". Eine Händlerin des Marktplatzes dawanda hat sogar schon eine Online-Petition im Deutschen Bundestag ins Leben gerufen, die auf eine Ausnahmeregelung für kleine Händler drängt.
Lösung Biokunststoffe?
Nach aktuellem Stand gibt es bislang keine Verpackungshersteller, deren Verpackungen direkt ab Kauf schon lizenziert sind - wann ein solches Angebot kommt, steht in den Sternen. "Wir Händler wollen umweltfreundliche Verpackungen, wenn sie finanzierbar sind", ergänzt Thomas Wandrei von IhrSpielzeug.de - über 86 Prozent äußerten sich bei der Umfrage dementsprechend. Ein Ausweg aus dem Schlamassel könnte das Angebot der sogenannten "Biobiene-Verpackungen" der Firma "Full Service Packaging" aus Hilden sein. Diese bestehen aus Biokunststoffen und fallen damit nicht unter die Lizenzierungspflicht.
Wie gehen Sie mit der neuen Verpackungsverordnung um? Machen Sie bei unserer Umfrage unten mit!
Weitere Informationen und Kontakt:
Der Autor Martin Ulrich Seufert ist Mitarbeiter der Agentur Frische Fische.
Kontakt: Priessnitzstr. 7, 01099 Dresden, Tel.: 0341 2257903, E-Mail: mus@frische-fische.com, Internet: www.frische-fische.com, www.hitmeister.de