Der Bundesgerichtshof hat die frühere Rechtsprechung zu den Rechten des Unternehmers und des Bestellers bei Verträgen "ohne Rechnung" in zwei Entscheidungen berichtigt. Wer schwarz arbeitet, hat keinen Anspruch auf Werklohn. Wer schwarz arbeiten lässt, hat keinen Anspruch auf Nachbesserung. Mit seiner jüngsten Entscheidung vom 10. April 2014 (VII ZR 241/13) setzt der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung vom vergangenen August zur effektiven Eindämmung der Schwarzarbeit fort. Der Verfasser legt dar, wie es zu dieser Änderung der Rechtsprechung kam und was die möglichen Folgen sind.
"Such Dir selber eine!", wurde der frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Lothar Späth, vor vielen Jahren von seiner Gattin aufgefordert, eine Putzfrau zu engagieren, die bereit war, offiziell sozialversichert zu arbeiten. Späth war der Ansicht, eine "schwarz" arbeitende Putzfrau sei mit seiner Position als ehemaligem Landesherrn nicht vereinbar. Seine Frau hatte sich daraufhin mehrere Monate vergeblich bemüht, eine entsprechende "Perle" zu finden – vergeblich.
Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben ist kein Kavaliersdelikt
Nun mögen sich die Zeiten gewandelt haben. Die Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben ist kein Kavaliersdelikt. Gleichwohl: Abgeschafft wurde die Schwarzarbeit weder durch Minijob-Regelungen noch durch die Möglichkeit, haushaltsnahe Dienstleistungen in gewissem Umfang steuerlich geltend zu machen. So ermittelte der Zoll 2013 in 135.000 Verfahren wegen Schwarzarbeit und deckte dabei einen Schaden von mehr als 777 Millionen Euro auf (Zollbilanz 2013 unter www.zoll.de).
Typisch dürfte dabei sein, dass der Handwerker oder Unternehmer seine Leistung anbietet und dabei oder bei der Abnahme fragt, ob eine Rechnung benötigt werde (wenn nicht der Besteller seinerseits schon dezent darauf hingewiesen hat, dass eine solche nicht benötigt werde). Ziel des Unternehmers ist es, Einkommen- und Umsatzsteuer zu sparen.
Schon im vergangenen Sommer hatte der BGH die Klage eines Grundbesitzers in letzter Instanz abgewiesen, der Gewährleistungsansprüche wegen seiner mangelhaft gepflasterten Einfahrt geltend gemacht hatte (BGH, Urteil vom 01.08.2013, VII ZR 6/13). Der Eigentümer hatte die Pflasterung nacharbeiten lassen, nachdem der Bauunternehmer die Nacharbeit verweigert hatte, und von diesem Kostenerstattung verlangt. Auf diesen Kosten blieb der Eigentümer sitzen.
"Ohne-Rechnung-Abrede"
Grund war eine sogenannte "Ohne-Rechnung-Abrede" der Parteien: Der Unternehmer wollte keine Umsatzsteuer abführen und für die Einnahmen keine Einkommensteuer bezahlen, was dem Auftraggeber, der keine Rechnung vorweisen konnte, auch bekannt war. In diesem Fall, so der BGH, ist der Vertrag nichtig, d. h. keine Seite kann vertragliche Ansprüche – wozu eben auch solche auf Gewährleistung zählen – geltend machen.
Die Vereinbarung, ohne Rechnung zu arbeiten, verstößt auf beiden Seiten gegen ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Der Unternehmer erfüllt den Tatbestand der Schwarzarbeit nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG), der Besteller begeht eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO. Bei diesem zweiseitigen Verstoß komme es jedenfalls dann zur Nichtigkeit der vertraglichen Abrede, wenn der Unternehmer vorsätzlich handle und der Besteller diesen Verstoß kenne und bewußt zu eigenen Vorteil ausnutze, wie das bei der "Ohne-Rechnung-Abrede" typischerweise der Fall sei.
Anders als früher, als das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz die Tätigkeiten erfasste, in denen Handwerkerleistungen erbracht wurden, ohne dass der Unternehmer in der Handwerksrolle eingetragen war, ist seit 2004 dort auch der Fall berücksichtigt, den der Verbraucher seit jeher als "Schwarzarbeit" ansieht, nämlich das Arbeiten ohne Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen.
Gewährleistungsansprüche
Sinn und Zweck des Gesetzes sei es nicht, so der BGH, die Schwarzarbeit unmittelbar zu verhindern, sondern den entsprechenden Vereinbarungen die zivilrechtliche Anerkennung zu verweigern, und damit mittelbar dazu beizutragen, die Schwarzarbeit zu bekämpfen. Es war also nur folgerichtig, dem Besteller von Schwarzarbeit die Gewährleistungsansprüche zu versagen, als die Hofeinfahrt nicht ordentlich gepflastert war und der Unternehmer sich weigerte, die Mängel nachzuarbeiten.
Das war nicht immer so. Noch unter der Geltung der früheren Fassung des SchwarzArbG hatte der BGH lediglich die Entgeltabrede für nichtig gehalten und dem Besteller Gewährleistungsansprüche zugebilligt. Zu diesem Zweck trennte der BGH den Vertrag in zwei Teile: Die Entgeltabrede war wegen der vereinbarten Steuerhinterziehung nichtig. Die Werkleistung sei hingegen als von den Parteien in jedem Fall gewollt zu behandeln, die Verpflichtung dazu also wirksam. Das mutete schon seltsam an: Der Vertrag wurde ja häufig gerade deshalb geschlossen, weil er wegen der Steuerhinterziehung billiger für den Besteller war. Es ist zweifelhaft, ob er auch zum höheren Preis inklusive Steuern geschlossen worden wäre.
Mit der Abkehr des BGH von dieser früheren Rechtsprechung im vergangenen Sommer hat der BGH einen neuen Weg eingeschlagen und diesen mit der jüngsten Entscheidung von Anfang April 2014 konsequent fortgeführt.
Vorliegend verlangte ein Unternehmer, der noch nicht voll bezahlt war, restlichen Werklohn für Installationsarbeiten. Der Auftraggeber verweigerte die Zahlung wegen angeblicher Mängel. Die erste Instanz hatte der Klagforderung noch teilweise entsprochen, doch schon das OLG hatte sämtliche Ansprüche des Werkunternehmers wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz abgelehnt. Dem hat sich der BGH nun angeschlossen und damit auch seine Rechtsprechung aus dem Jahr 1990 korrigiert.
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
In der seit 2004 geltenden Fassung verbietet das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz Verträgen, bei denen die Steuerhinterziehung der einen Seite für die andere Seite erkennbar ist, die rechtliche Anerkennung. Sämtliche vertragliche Abreden sind nichtig. Das gilt auch für den versprochenen Werklohn. Der Unternehmer hat keinen Anspruch darauf.
Jedoch konnte der Unternehmer noch hoffen, einen gesetzlichen Anspruch auf die Entlohnung zu haben. Möglich wäre eine Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 S. 1 BGB i.V.m. § 670 BGB). Danach käme eine Vergütung für die Ausführung eines "auch fremden Geschäfts" in Betracht, wenn der Besteller die Vergütung den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Der BGH hatte diese Möglichkeit bei seiner früheren Rechtsprechung in Betracht gezogen. Die Leistung sei weniger wert, weil der Unternehmer keine Zulassung für seine Tätigkeit habe.
Diesen Kunstgriff konnte der BGH nun, da es sich lediglich um einen "steuerlichen" Verstoß handelte, nicht mehr anwenden. Die erbrachte Leistung war für den Besteller nicht weniger wert. Der Unternehmer hätte seine Leistung ohne weiteres offiziell anbieten dürfen (nur eben nicht "ohne Rechnung"). Damit hätte die früher für den Unternehmer schädliche Rechtsprechung zu seinem Vorteil eingesetzt werden können.
Es lässt sich nicht verleugnen, dass der BGH mit der früher von ihm verwendeten Begründung die Vergütung hätte zusprechen können oder gar müssen. Offenbar hat er das nicht mehr gewollt.
Richtigerweise - und dem ist der BGH nun gefolgt - waren die Rechtsfolgen von Leistungen auf nichtige oder unwirksame Verträge vom Gesetzgeber seit jeher dem Bereicherungsrecht zugewiesen, sodass auch die Entgeltforderung des Unternehmers anhand der §§ 812 ff. BGB und nicht anhand des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag zu prüfen war.
Kein Anspruch auf Ausgleich der Bereicherung des Auftraggebers
Insbesondere gibt es für den Unternehmer auch keinen Anspruch auf Ausgleich der Bereicherung des Auftraggebers, der ja die Werkleistung, hier die Installationsarbeiten, erhalten hat. Sinn des Schwarzarbeitsgesetzes sei es, die Schwarzarbeit zu verhindern. Wenn beide Seiten gegen das Gesetz verstoßen, kann der Leistende auch den Wert seiner Leistung nicht zurückfordern.
Damit besteht zumindest Rechtsicherheit für die Fälle der von Anfang an verabredeten Steuerhinterziehung und der Druck auf die Steuerhinterzieher wächst:
Der Unternehmer müsste Vorauskasse verlangen, um das Risiko der Schwarzarbeit auf den Auftraggeber zu verlagern. Da der Einbehalt der Zahlung aber das einzig verbleibende Druckmittel des Auftraggebers ist, um sich bei einer mangelhaften Leistung schadlos zu halten, werden beide Seiten künftig intensiver überlegen, ob sie sich auf derartige Geschäfte einlassen wollen.
Eine offene Flanke bleibt
Eine offene Flanke bleibt allerdings: Die nachträgliche "Ohne-Rechnung-Abrede"! Ist der Vertrag zunächst wirksam geschlossen und vereinbaren die Parteien erst später die Steuerhinterziehung, indem sie auf die an sich geschuldete Rechnung verzichten und den ursprünglich vereinbarten Preis herabsetzen, ist diese spätere Abrede wegen des gesetzlichen Verbots der Steuerhinterziehung nichtig (§ 134 BGB) und die ursprüngliche Vereinbarung gilt fort. D. h., der Unternehmer kann den Werklohn, der Besteller die Nachbesserung verlangen. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung diesen Fall beurteilt.
Alexander Rilling ist Rechtsanwalt und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. (www.mittelstands-anwaelte.de)
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