Windows XP ist das bislang erfolgreichste Betriebssystem, das Microsoft jemals herausgebracht hat. Der "Oldie" wurde bereits im Oktober 2001 vorgestellt. Trotzdem war nach Angaben der Web-Analysefirma Statcounter Mitte März dieses Jahres XP noch auf rund 32 Prozent der Rechner in Deutschland installiert. Windows 7 kam auf 39 Prozent, das glücklose Windows Vista auf knapp 21 Prozent.
Vor allem für Nutzer von Windows XP ist es an der Zeit, über eine Migration zu Windows 7 nachzudenken. Der Grund: Microsoft unterstützt Rechner mit XP Service Pack 3 nur noch bis zum April 2014. Ab diesem Zeitpunkt wird es keine Updates für das Betriebssystem mehr geben, auch keine Patches, die Sicherheitslücken schließen. Damit ist XP für Unternehmen obsolet.
Mit den Vorbereitungen für die Migration auf Windows 7 sollten Anwender etwa 18 Monate vor Auslaufen von XP beginnen, also spätestens Ende kommenden Jahres, denn ein Migrationsprojekt erfordert etliche Vorarbeiten. Dazu gehören beispielsweise Tests der Programme, die von XP auf Windows 7 portiert werden sollen, außerdem eine Überprüfung der Hardware der Clients.
Bestandaufnahme von Hard- und Software
Eine Migration "ins Blaue hinein" ist höchst riskant. Im ersten Schritt ist es daher notwendig, eine Inventur der bestehenden IT-Umgebungen durchzuführen. Das heißt:
• die Zahl und Hardware-Ausstattung der Client-Rechner ermitteln, auf denen Windows 7 zum Einsatz kommen soll;
• die vorhandenen Anwendungen analysieren: Wie viele generell vorhanden sind, welche unternehmenskritisch sind und welche problemlos auch unter Windows 7 laufen.
Für Hardware-Ausstattung gibt es folgende Eckdaten: Windows 7 erfordert mindestens einen 1-GHz-Prozessor, 1GByte RAM, 16GByte-Festplattenspeicher und eine DirectX-9-Grafikkarte. Bei der 64-Bit-Version liegen die Anforderungen etwas höher. Soll auf Rechnern der XP-Modus von Windows eingesetzt werden, sind weitere 1 GByte Arbeitsspeicher und 15 GByte Festplattenplatz zu veranschlagen. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Gartner müssen im Schnitt etwa 25 Prozent der vorhandenen PCs in einem Unternehmen aufgerüstet oder ausgemustert werden, weil sie diese Anforderungen nicht erfüllen.
Teaserbild: Microsoft
Tools für die Inventarisierung
Für die Inventarisierung bietet sich bereits in kleineren Unternehmen mit etwa 50 PC-Arbeitsplätzen der Einsatz von Asset-Management-Programmen an. Sie erlauben es, die Hard- und Software der Client-Systeme automatisch zu analysieren. Solche Produkte sind unter anderem "Inventory Manager" von Numara Software, die "Altiris Asset Management Suite" von Symantec und der "Landesk Inventory Manager" von Landesk. Auch die deutschen Anbieter Baramundi Software AG ("Baramundi Inventory"), Matrix42 ("Matrix 42 Inventory") und Optimal ("Prism Asset Manager") haben entsprechende Lösungen auf Lager.
Firmen aus dem gehobenen Mittelstand, die mehr als 500 oder 1000 PCs im Einsatz haben, setzen in der Regel bereits Client-Management-Programme ein, etwa von BMC, CA, Dell, HP, IBM oder Novell. Auch diese Pakete enthalten Komponenten, mit denen sich die Hard- und Softwarelandschaft im Unternehmensnetz erfassen lässt. Der Schwerpunkt der Programme dieser Hersteller liegt allerdings auf der Verwaltung einer kompletten Client-Umgebung. In der Praxis ist ein Client-Management in Installationen ab etwa 100 Rechnern sinnvoll.
Eine günstige Wahl ist das kostenlose Microsoft "Assessment and Planning Toolkit" (MAP). Es liefert Informationen über die Windows- und Linux-Systeme in einem Netzwerk und über die auf den Rechnern installierten Betriebssysteme und Anwendungen. Auch Datenbanken und Virtualisierungssoftware von Vmware spürt das Programm auf. Zudem gibt MAP an, welche Rechner für die Migration auf Windows 7 in Frage kommen.
Anwendungen analysieren
Ein Faktor, der bei der Umstellung von XP auf Windows 7 nicht unterschätzt werden darf, sind die "Alt-Anwendungen". Nach Angaben der Beratungsfirma Forrester Research werden je nach Branche mehr als 60 Prozent der eingesetzten Applikationen nicht von Windows 7 unterstützt. Ein Grund dafür ist, dass XP mit solchen teilweise noch DOS-basierten Applikationen zurechtkommt, Windows 7 jedoch nicht.
Um festzustellen, welche Anwendungen zum neuen Betriebssystem kompatibel sind, lohnt ein Blick in die Windows 7 Application Compatibility List for IT Professionals von Microsoft. Ergänzend bietet Microsoft kostenlos das Application Compatibility Toolkit (ACT) an. Diese Software ermittelt, welche Anwendungen zu Windows 7 kompatibel sind.
Vom Ergebnis der Untersuchung hängen die folgenden Schritte ab. Zunächst sollte der IT-Fachmann ermitteln, welche Anwendungen überhaupt noch benutzt werden. Auf vielen Rechnern lagert Software, die nicht mehr benötigt wird und problemlos entfernt werden kann. Anschließend sollten inkompatible alte Applikationen wenn möglich durchWindows-7-taugliche Versionen ersetzt werden.
XP-Modus als Notbehelf
Nicht immer steht jedoch eine Windows-7-kompatible Version einer Anwendung zur Verfügung, etwa für ein "handgestricktes" Buchhaltungsprogramm oder eine Spezialapplikation für die Lagerverwaltung. In diesem Fall bietet es sich an, die Anwendung unter dem XP-Modus von Windows 7 laufen zu lassen. Dieser führt XP in einer virtualisierten Umgebung aus.
Ein Allheilmittel ist der XP-Modus jedoch nicht. In diversen Online-Foren beklagen sich etliche Nutzer von Programmen, dass diese nicht oder nur unzureichend in einer solchen Umgebung funktionieren. Daher sollte der IT-Fachmann vor dem Umstieg prüfen, ob es für Anwendungen nicht doch eine Windows-7-taugliche Alternative gibt. Der XP-Mode ist Bestandteil der Windows-7-Versionen ab der Professional-Variante.
Migrationsstrategie erarbeiten
Steht fest, wie viele Systeme und Programme auf Windows 7 migriert werden sollen, wird eine Planung erarbeitet. Zunächst sollten Testläufe mit einer kleineren Zahl von Clients durchgeführt werden, etwa in einer Außenstelle. Zudem ist es notwendig, eine möglichst exakte Aufwandsplanung aufzustellen. Sie sollte darüber Aufschluss geben, wie lange die Umstellung dauert und welche Ressourcen dafür abgestellt werden müssen. Die schließt die Arbeitsleistung der IT-Abteilung mit ein, zudem den finanziellen Aufwandfür das Aufrüsten oder den Kauf von Rechnern. Hinzu kommen die Ausgaben für Migrations-Tools, Beratungsleistungen und eventuell eines Client-Management-Systems. Ebenfalls zu berücksichtigen ist der Nutzungsausfall von Systemen, auf denen die Installation durchgeführt wird und die den Mitarbeitern zeitweise nicht zur Verfügung stehen.
Häufig wird bei Migrationsprojekten zudem der "menschliche Faktor" übersehen. Während jüngere Mitarbeiter den Umstieg auf eine neue Systemsoftware begrüßen, sind ältere Kollegen häufig skeptisch. Sie fürchten, dass sich durch die Einführung eines neuen Betriebssystems gewohnte Arbeitsabläufe ändern. Hinweise auf die Vorteile der Umstellung und Hilfsmaßnahmen wie Schulungen helfen dabei, solche Vorbehalte zu zerstreuen.
Auch das Management muss für die Migration gewonnen werden. Dies ist keine leichte Aufgabe. Denn nach Angaben der Beratungsgesellschaft Gartner kostet die Migration eines PCs von XP auf Windows 7 umgerechnet zwischen 1200 und 1400 Euro. Darin eingeschlossen sind Hardware-Upgrades für diejenigen Systeme, welche die Anforderungen nicht erfüllen, die Personalkosten der IT-Abteilung und Ausgaben für neue Software.
Welche Windows-7-Version die richtige ist?
Viele kleinere Unternehmen verzichten darauf, spezielle PCs für Unternehmenskunden zu ordern. Oft greifen sie auf Produkte eines Discounters zurück. Auf solchen Systemen ist häufig Windows 7 Home Premium vorinstalliert. Im Vergleich zur Professional-, Enterprise-und Ultimate-Ausgabe fehlen dieser Version jedoch Funktionen, die für den Betrieb im Unternehmen wichtig sind. Dazu zählt der Support von Netzwerk-Domänen. Zudem unterstützen Professional, Enterprise und Ultimate den Windows-XP-Modus. Dies ist für Unternehmen wichtig, die alte Anwendungen einsetzen, die nicht unter Windows 7 laufen.
Zudem bietet Home Premium nur eingeschränkte Funktionen zum Sichern und Wiederherstellen der Betriebssystemumgebungen. Auch die Festplatten-Verschlüsselung Bitlocker fehlt. Allerdings ist dieses Programm nur in den teuersten Windows-7-Versionen "Ultimate" und "Enterprise" integriert.
Eine weitere Frage, die Umsteiger auf Windows 7 beantworten müssen: Soll es die 32- oder die 64-Bit-Version sein? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Für die 64-Bit-Ausgabe spricht, dass sie mehr Arbeitsspeicher ansprechen kann (mehr als 4 GByte). Bestimmte Anwendungen, vor allem Grafik- und CAD/CAM-Programme wie etwa Adobe Photoshop, arbeiten zudem unter 64 Bit schneller. Bei Standard-Anwendungen wie Office-Paketen oder E-Mail-Programmen ist kein Leistungsunterschied zu erkennen. "Zukunftssicherer" ist allerdings die 64-Bit-Version. Doch auch in diesem Fall gilt: Im Vorfeld prüfen, ob die vorhandene oder neue Applikationen auch mit 64 Bit zurechtkommen. Gleiches gilt für die Hardware. Nicht für alle Systeme stehen 64-Bit-taugliche Treiber zur Verfügung, auch wenn Windows 7 eine deutlich bessere Treiberunterstützung bietet als Vista.
Eine Liste der Hard- und Software, die mit Windows 7 zusammenarbeitet, hat Microsoft im Windows-7-Kompatibilitätscenter veröffentlicht.
Vier Migration-Varianten
Um die Migration in der Praxis durchzuführen, stehen vier Verfahren zur Auswahl:
Die Installation im "Handbetrieb":
Betriebssystem und Anwendungen werden von Hand auf jedem Rechner installiert. Dies kommt nur für kleine Unternehmen mit maximal 100 PCs in Betracht. Leichter fällt dieser Prozess, wenn auf Deployment- oder Client-Management-Programme eingesetzt werden, wie etwa die bereits angesprochenen Produkte von Numara, Landesk, Symantec etc.
Installation mittels eines Standardabbildes (Images):
Ein kostenloses Hilfsmittel ist Microsofts "Automated Installation Kit für Windows 7" (AIK). Mit ihm lässt sich auf einem PC eine Referenzinstallation von Windows 7 zusammenstellen, inklusive Treibern und Anwendungen. Diese "Blaupause" (Windows Preinstallation Environment, PE) kann der IT-Verwalter auf andere Clients aufspielen, etwa mithilfe eines USB-Sticks oder einer externen Festplatte. Ein Bestandteil des AIK ist das "User State Migration Tool". Damit können bei einem "Refresh" eines Windows-XP-Rechners auf Windows 7 die User-Einstellungen übernommen werden. Die Anwendungen müssen allerdings auf dem System neu installiert werden.
Da die Software mittels DVD, USB-Stick oder USB-Festplatte auf die Systeme übertragen wird, also manuell, kommt die Windows-7-Installation mittels Image für kleinere Unternehmen mit bis zu 200 Clients, in Betracht - vor allem dort, wo dieselbe Windows-7-Version und weitgehend dieselben Anwendungen installiert werden.
Automatische Installation:
Dieses Verfahren erfordert den Einsatz eines Datei-Servers unter "Windows Server 2008" beziehungsweise "Windows Server 2008 R2". Auf ihm werden die Windows-7-Installationen inklusive Anwendungen und Treibern hinterlegt. Der Client-Rechner holt sich diese Dateien über das Netzwerk.
Erforderlich ist eine Windows-PE-Version auf einem Speicherstick oder einer DVD, von der der Client-Rechner bootet. Insofern ist immer noch gewisses Maß an Handarbeit erforderlich. Die eigentliche Installation läuft automatisch ab. Als Hilfsmittel bietet Microsoft das "Microsoft Deployment Toolkit" (MDT) an. Die kostenlose Software konfiguriert die Deployment-Services (Bereitstellungsdienste) auf dem Server.
Automatische Installation mit Configuration Manager:
Für Unternehmen mit mehr als 500 PC-Arbeitsplätzen kommt die Client-Management-Suite "System Center Configuration Manager" von Microsoft oder ein vergleichbares Produkt eines anderen Herstellers in Frage. Sie erlauben es, die Migration eines XP-Rechners zu starten, ohne dass dieser manuell von einem Preinstallation Environment gestartet werden muss.
Client-Management-Lösungen bieten zudem weiter gehende Funktionen, etwa das Management von Patches, das Verteilen von virtualisierten Anwendungen und das Erstellen einer Inventarliste der Hard- und Software der Client-Rechner. Solche Produkte bieten unter anderem CA ("IT Client Manager"), Novell ("ZENworks"), HP ("HP Client Automation") und BMC ("BladeLogic Client Automation"). Auch Dell ist mit "Kace" in dieser Riege vertreten. Hinzu kommen Software-Suites der Anbieter Altiris, Baramundi, Landesk, Manage Engine, Numara und Optimal.
Warten auf Windows 8 ist riskant
Die Umstellung auf Windows 7 ist kein Hexenwerk, sofern die IT-Abteilung die Umstellung sorgfältig plant und die entsprechenden technischen Hilfsmittel einsetzt. Besondere Sorgfalt erfordert das Portieren vorhandener Anwendungen. Hier liegt ein Kostenrisiko, weil nötigenfalls ältere Applikationen durch neue ersetzt werden müssen.
Auf keinen Fall ist es ratsam, ähnlich wie bei Windows Vista, auf den Nachfolger von Windows 7 zu warten. Microsoft wird Windows 8 vermutlich im Lauf des Jahres 2013 lancieren, also etliche Monate vor dem Ende des XP-Supports. Dennoch ist es riskant, direkt von XP auf Windows 8 umzustellen. Zum einen ist unklar, wann genau Windows 8 auf der Bildfläche erscheint. Sollte dies Ende 2013 sein, bleibt zu wenig Zeit, um bis April 2014, dem offiziellen Ende von XP, eine geordnete Migration durchzuführen. Zum anderen ist es für Unternehmen empfehlenswert, zunächst die Veröffentlichung des ersten Service-Packs der neuen Systemsoftware abzuwarten. Dies dürfte bei Windows 8 erst Ende 2014 oder Anfang 2015 der Fall sein.
Warum auf Windows 7 umsteigen?
Der wichtigste Grund für einen von Windows XP zu Windows 7 ist die auslaufende technische Unterstützung des alten Betriebssystems. Für Rechner, auf denen XP mit Service-Pack 2 installiert ist, endete sie bereits am 13. Juli 2010. Für Systeme mit Service Pack 3 geht er am 8. April 2014 zu Ende. Dann werden auch keine Sicherheits-Patches mehr verfügbar sein.
Im Vergleich zu XP bietet Windows 7 zudem eine Reihe von Verbesserungen: eine Suchfunktion undeine intuitiver zu bedienende Oberfläche, ein einfacheres Einrichtungen von Netzwerkverbindungen sowie einen besseren Treiber-Support. Für Unternehmenskunden wichtig sind Funktionen wie Direct Access. Damit kann ein Windows-7-System über das Internet eine sichere Verbindung zum Unternehmensnetz aufbauen, ähnlich wie über ein VPN (Virtual Private Network). Systeme ab Windows 7 Professional steht zudem die Funktion "Branch Cache" zur Verfügung. Im Zusammenspiel mit einem Server unter Windows Server 2008 R2 werden Daten zwischengespeichert, die Rechner in der Außenstelle und dem Rechenzentrum in der Zentrale austauschen. Das erhöht die Übertragungsgeschwindigkeit und entlastet die Weitverkehrsverbindungen.
Der Umstieg von Vista auf Windows 7 ist dagegen nur bedingt sinnvoll. Beide Systeme basieren weitgehend auf demselben Programmcode. Auch das Vorurteil, Vista sei langsamer als Windows 7, ist falsch. Allerdings hat Microsoft bei Windows 7 die Benutzerfreundlichkeit deutlich verbessert.
Migrationsszenarien Windows 7
Zahl der Windows-Clients |
Bis 100 |
Bis 200 |
200 - 500 |
Mehr als 500 |
Qualifikation der IT-Abteilung |
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Lizenzvereinbarung |
Einzelhandel |
Einzelhandel oder Software Assurance |
Software Assurance |
Enterprise Agreement |
Lizenzart |
Einzelhandel |
Einzelhandel oder Volumenlizenz |
Volumenlizenz |
Volumenlizenz |
IT-Infrastruktur |
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Installationsart |
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Tools von Microsoft |
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