In wirtschaftlich schlechten Zeiten kommt es immer wieder vor, dass Unternehmen versuchen, einzelne Arbeitnehmer oder gar ganze Betriebsteile von Gehaltserhöhungen auszunehmen. Diesem Ansinnen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) durch ein Urteil vom 03.12.2008 (Az. 5 ARZ 74/08) eine klare Absage erteilt.
In dem entschiedenen Fall betreibt das Unternehmen ein Logistik- und Paketdienstleistungsunternehmen. Es beschäftigt bundesweit ca. 15.000 Arbeitnehmer in zahlreichen Niederlassungen. Der Kläger war im Betrieb G. als Zusteller tätig. Zum 1. September 2005 erhöhte das Unternehmen freiwillig die Vergütung ihrer Arbeitnehmer um 2,1 Prozent. In sechs Betrieben wandte sie einen anderen Erhöhungssatz an, die Mitarbeiter in G. nahm sie als Einzige vollständig von der Erhöhung aus. Das Unternehmen hatte hierfür geltend gemacht, die Löhne im Betrieb G. lägen deutlich über denen der anderen Niederlassungen in Hessen, die Kosten je befördertem Paket seien in G. am höchsten und die flexible Mehrarbeit werde durch die betrieblichen Regelungen in G. nicht ausreichend zugelassen.
Mit seiner Klage begehrte ein Mitarbeiter Teilhabe an dieser Lohnerhöhung von 2,1 Prozent. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Unternehmen habe eine sachgerechte Gruppenbildung vorgenommen. Dem ist das Bundesarbeitsgericht jedoch nicht gefolgt.
Zwar könne ein unterschiedliches Ausgangsniveau der Löhne ebenso wie der unterschiedliche betriebswirtschaftliche Erfolg der Betriebe und eine höhere Leistungsanforderung in einzelnen Betrieben eine unterschiedliche Behandlung bei Lohnerhöhungen rechtfertigen. Hierfür hätte es aber eines unternehmensweiten Vergleichs aller Betriebe der Beklagten - unter Einbeziehung der Gründe für die bestehenden Unterschiede - bedurft. Auf etwaige Regelungen in anderen Betrieben, die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung von Überstunden unzulässig beschränken, könne sich das Unternehmen nicht berufen. Der Senat hat deshalb das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung der Sachgründe an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Sachfremde Schlechterstellung ist nicht erlaubt
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete die sachfremde Schlechterstellung von Arbeitnehmern gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Im Bereich der Vergütung greife das Gebot der Gleichbehandlung ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen aufgrund einer generellen Regelung gewährt, insbesondere wenn er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Ist die Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt, sondern bezieht sie sich auf alle oder mehrere Betriebe seines Unternehmens, sei auch die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer betriebsübergreifend zu gewährleisten. Eine unterschiedliche Behandlung der einzelnen Betriebe setze voraus, dass es hierfür sachliche Gründe gibt.
Michael Henn ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Arbeitsrecht sowie VdAA-Präsident.
Infos und Kontakt:
Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll, Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de und www.vdaa.de