Schlechte Nachrichten für Händler: Gewährleistungsausschluss ist unwirksam

04.07.2007 von Johannes Richard
Der Bundesgerichtshof macht Gewährleitungsverkürzungen in AGB ein Ende

Die Frage des Ausschlusses der gesetzlichen Gewährleistung ist zum einen für den Handel bei eBay wichtig, da dort viele Gebrauchtprodukte angeboten werden. Letztlich ist eine korrekte Formulierung eines Gewährleistungsausschlusses jedoch in vielen Bereichen, wie beispielsweise beim gewerblichen Auto-Verkauf von immenser Bedeutung.

Private Verkäufer können die gesetzliche Gewährleistung, die 24 Monate beträgt, bei gebrauchter Ware ausschließen. Gewerbliche Verkäufer können gegenüber Verbrauchern die Gewährleistung bei gebrauchten Produkten auf 12 Monate begrenzen und gegenüber Unternehmern ganz ausschließen.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Händlern oder in Formularverträgen zum Auto-Kauf werden Klauseln dahingehend verwandt, dass die Gewährleistung für gebrauchte Ware ein Jahr beträgt.

Auf Grund einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 15.11.2006, Aktenzeichen: VIII ZR 3/06) muss man davon ausgehen, dass quasi alle Gewährleistungsverkürzungen in Deutschland, sei es bei eBay, beim Auto-Kauf oder wo sonst Gewährleistungsverkürzungen in AGB verwendet werden, unwirksam sind! Dies hat zur Folge, dass mangels wirksamer Vereinbarung die gesetzlich vorgesehene Gewährleistungsfrist von 24 Monaten ab Übergabe der Ware gilt. Gerade in Bereichen, in denen im größeren Umfang Gebrauchtware verkauft wird, wie beispielsweise im gewerblichen Autohandel ist diese Entscheidung somit sehr weitreichend, da man zur Zeit davon ausgehen kann, dass wohl kein Händler in Deutschland auf die überraschende Rechtsprechung des BGH reagieren konnte.

Die Entscheidung ist bisher in der Öffentlichkeit nicht besonders breit getreten worden, da es um die nicht jeden interessierende Frage ging, wann Tiere gebraucht sind. Vorliegend ging es um den Verkauf eines 6-Monate alten Hengst-Fohlens. Der Verkäufer hatte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die nicht unübliche Klausel verwandt "Die Gewährleistungsrechte des Käufers verjähren innerhalb von 12 Monaten nach Gefahrübergang". Ähnliche Klauseln sind in so gut wie allen deutschen AGB zu finden.

Nach Ansicht des BGH ist diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, da sie gegen § 309 Nr. 7 a und b BGB verstößt. Nach dieser Norm kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Verschuldenshaftung für Körper -Gesundheitsschäden nicht, sonstige Schäden nur für den Fall einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt werden. Eine Begrenzung dieser Haftung ist auch eine zeitliche Begrenzung der Durchsetzbarkeit entsprechender Schadensersatzansprüche durch Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfristen. Hintergrund ist, dass die Gewährleistungsansprüche für den Fall, dass die Sache mangelhaft ist, sich nicht nur auf eine Nacherfüllung gemäß § 439 BGB beziehen (Reparatur oder Lieferung einer mangelfreien Sache), sondern auf Schadensersatzansprüche. Theoretisch denkbar sind auf Grund eines Mangels auch Schadensersatzansprüche des Käufers wegen eines Körper- oder Gesundheitsschadens, die ihre Ursache in einem groben Verschulden des Verkäufers haben.

Der übliche formularmäßige Gewährleistungsausschluss oder eine entsprechende Verkürzung berücksichtigt diese Tatsache nicht. Die beanstandete Klausel enthält nur eine einzige Regelung, mit der für sämtliche Gewährleistungsrechte des Käufers die Verjährung auf 12 Monate abgekürzt wird. Der Bundesgerichtshof macht deutlich, wie es eigentlich richtig heißen muss: "Um zu einem inhaltlich zulässigen Klauselinhalt zu gelangen, müsste die Klausel um eine Ausnahmeregelung für die Verjährung der in § 309 Nr. 7 a und b BGB aufgeführten Schadensersatzansprüche ergänzt werden."

Wenn man sich diese BGB-Norm einmal näher ansieht, wird deutlich, dass dies gar nicht so einfach ist:

§ 309: Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ....

7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden)
a) (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit)

ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;

b) (Grobes Verschulden)

ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;

die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgasts von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge;

Eine Umdeutung bestehender Gewährleistungsklauseln schließt der BGH aus. Mit anderen Worten: Wer den Ausnahmetatbestand des § 309 Nr. 7 a und b BGB nicht in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen deutlich formuliert stehen hat, hat automatisch eine unwirksame Gewährleistungsklausel.

Folge ist gemäß § 306 Abs. 2 BGB statt der unwirksamen Klausel die gesetzliche Verjährungsfrist für Mängelansprüche gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB von zwei Jahren, somit auch bei gebrauchten Sachen.

Folge ist, dass wohl so gut wie sämtliche Gewährleistungsverkürzungen der letzten Jahre unwirksam sind und an ihre Stelle die gesetzliche Gewährleistung von zwei Jahren tritt. Die wirtschaftlichen Folgen dieser BGH-Entscheidung sind weitreichend, neben der Tatsache, dass wohl die allermeisten Händler ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen überarbeiten müssen. Dies gilt wohlgemerkt nicht nur für den Online-Handel oder den Verkauf bei eBay, sondern für alle Wirtschaftsbereiche in Deutschland, in denen gerade gebrauchte Güter verkauft werden. Gerade gewerbliche Autohändler dürften diese Rechtsprechung, wenn sie denn erst einmal bekannt ist, deutlich zu spüren bekommen.

Wir empfehlen daher dringend, Allgemeine Geschäftsbedingungen sowie beispielsweise Formularverträge zum Verkauf gebrauchter Ware zu überarbeiten.

Der Autor: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rechtsanwälte Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen, Richard Wagner Straße 14, 18055 Rostock, Tel: 0381-448998-0, Fax: 0381-448998-22. Im Internet unter: www.internetrecht-rostock.de (mf)