Geringer Abstand kann teuer werden

Schlechte Karten für Drängler

04.12.2013 von Renate Oettinger
Das Oberlandesgericht Hamm hat die Grenzen für bußgeldpflichtiges "Drängeln" im Straßenverkehr verschärft.
Foto: Sergiy Serdyuk - Fotolia.com

Eine Unterschreitung des im Straßenverkehr vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes kann mit einem Bußgeld geahndet werden, wenn die vorwerfbare Dauer der Unterschreitung mindestens drei Sekunden oder die Strecke der vorwerfbaren Unterschreitung mindestens 140 Meter beträgt.

Darauf verweist der Bad Nauheimer Fachanwalt für Verkehrsrecht Romanus Schlemm, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 22.08.2013 zu seinem rechtskräftigen Beschluss vom 09.07.2013 (1 RBs 78/13).

Verkehrsüberwachung

Der 57 Jahre alte Betroffene, ein Revisor aus Siegen, befuhr mit einem Pkw die BAB 1 in Fahrtrichtung Bremen. Im Bereich der Autobahn zwischen dem Westhofener Kreuz und dem Kreuz Dortmund/Unna stellte die Polizei im Rahmen einer Verkehrsüberwachung fest, dass der Betroffene mit einer Geschwindigkeit von 131 km/h über eine Strecke von 123 m lediglich einem Abstand von 26 m zum vorausfahrenden Fahrzeug einhielt. Aufgrund dieser Fahrweise verurteilte das Amtsgericht Unna den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu einer Geldbuße von 180 Euro.

Der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm hat die Verurteilung des Betroffenen bestätigt, so Schlemm, und seine Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen. Ein Abstandsverstoß könne nach der Rechtsprechung geahndet werden, wenn die vorwerfbare Abstandsunterschreitung nicht nur ganz vorrübergehend sei. Situationen, die nur kurzzeitig zu einem zu geringen Abstand führten wie z.B. das plötzliche Abbremsen oder ein abstandsverkürzender Spurwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeugs, stellten keine schuldhafte Pflichtverletzung dar.

Die Frage, wann eine Abstandsunterschreitung nicht nur vorrübergehend sei, werde in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach Ansicht des Senats sei sie in erster Linie nach ihrer zeitlichen Dauer zu beantworten. Bei einer Abstandsunterschreitung von mehr als drei Sekunden liege kein kurzfristiges Versagen des Fahrzeugführers mehr vor, wenn von ihm nicht zu vertretende, abstandsverkürzende Ereignisse ausgeschlossen werden könnten.

Reaktionszeiten berücksichtigen

Auch unter Berücksichtigung üblicher Reaktionszeiten sei von einem Fahrzeugführer zu verlangen, dass er bei einer Abstandsunterschreitung innerhalb von drei Sekunden handele, um den Sicherheitsabstand wieder zu vergrößern. Im vorliegenden Fall habe das der Betroffene versäumt, der nach dem Ergebnis der Verkehrsüberwachung mehr als drei Sekunden mit einem ihm vorwerfbaren zu geringen Sicherheitsabstand gefahren sei.

Um besonders schnell fahrende Fahrzeuge nicht zu privilegieren, sei es - alternativ zu einer vorwerfbaren Abstandsunterschreitung von drei Sekunden - auch ausreichend, wenn diese jedenfalls eine Strecke von 140 m ausmache. Wer 140 m in weniger als drei Sekunden zurücklege überschreite die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf Autobahnen deutlich und erhöhe dadurch die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs. Er müsse deswegen den erforderlichen Mindestabstand auch schneller wiederherstellen.

Schlemm empfiehlt, die Entscheidung zu beachten und in derartigen Fällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. (www.vdvka.de) verweist. (oe)

Weitere Informationen und Kontakt:
Romanus Schlemm, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Vize-Präsident des VdVKA - Verband Deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V., c/o Kanzlei Ruppert, Schlemm & Steidl, Frankfurter Str. 28, 61231 Bad Nauheim, Tel.: 06032 9345-21, E-Mail: Schlemm@anwaltshaus-bad-nauheim.de, Internet: www.anwaltshaus-bad-nauheim.de

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