Dass Fujitsu dem Client-Geschäft nicht den letzten Jahren keine übergeordnete Bedeutung mehr zugemessen hat, war nicht zuletzt durch die Schließung der Produktionskapazitäten in Augsburg und dem Fujitsu-Lenovo-Joint-Venture sichtbar. So will Fujitsu in Europa PCs und Notebooks nur noch bis April 2024 ausliefern (ChannelPartner berichtete). "Der Ausstieg hatte sich ja bereits angedeutet, doch in der Geschwindigkeit und in diesem Umfang kam es dann doch überraschend", bestätigt Christian Cramer, CEO der Plenticon Group und Geschäftsführer beim Systemhaus Cramer.
So bedauern zwar viele Fujitsu-Partner die Entscheidung, große Einschränkungen oder Probleme für PC-Geschäft sehen sie jedoch nicht. Die meisten Fujitsu-Reseller haben auch Alternativen anderer Hersteller im Portfolio. Viele konzentrieren sich sowieso mehr auf das Data-Center-Geschäft, das auf Client-Aus unberührt bleibt. "Für uns ist das nicht so maßgeblich, da wir vor allem im Data-Center-Geschäft mit Fujitsu zusammenarbeiten. Aber auch im Client-Geschäft waren wir immer mit der Qualität der Produkte zufrieden, deshalb ist es schon bedauerlich, dass es die nicht mehr bei Fujitsu geben soll", meint Cramer. Schwieriger sei das vielleicht für langjährige Fujitsu-Partner, die ihr PC- und Notebook-Geschäft auf das Unternehmen aufgebaut haben.
So sind die Reaktionen eher emotional, da das deutsche PC-Geschäft besonders durch Fujitsu Siemens Computers (FSC) lange Jahre geprägt wurde. "Schade, sehr schade!", ist eine der Reaktionen auf LinkedIn nach der ChannelPartner-Berichterstattung.
Keine Nachteile für Bestandskunden
Sven Kalisch, Co-Founder & Managing Partner bei der Teccle Group, kann den Schritt nachvollziehen: "Das Client-Geschäft wird immer herausfordernder, und im Wettbewerbsvergleich müssen auch Hersteller wie Fujitsu sich fokussieren", sagt er. Strategisch wolle Fujitsu sich in Europa eben auf die Themen plattformbezogene Data Center-Technologien wie Server und Storage und auf On-Premise-Infrastruktur-Lösungen für fokussieren. "Wir rechnen in diesen Bereichen mit keinen Beeinträchtigungen", betont Kalisch.
Kalisch äußert sich positiv über die Informationspolitik des Herstellers: "Wir sind von Fujitsu frühzeitig informiert worden, dass sie aus dem Geschäft mit Client Computing Devices ab April 2024 aussteigen, sodass wir unsere Kunden ebenfalls zeitnah informieren konnten", lobt er. Ihm ist dabei wichtig, dass seinen Bestandkunden im ersten Schritt keine Nachteile erwachsen: "Als IT-Gruppe werden wir unsere Kunden in den kommenden fünf Jahren weiter mit Service und Ersatzteilen versorgen", verspricht Kalisch.
Einheimische Hersteller als Alternative
Ein weiterer LinkedIn-Kommentator erinnert daran, dass viele bekannte Brands, die die Anfangsjahre der PCs geprägt haben, das Geschäft aufgegeben haben oder gar nicht mehr existieren: "Schon krass, dass es keine PCs oder Server mehr von Olivetti, Digital, Sun, IBM, Compaq und nun auch Fujitsu mehr gibt", schreibt er.
Es bleibt spannend, wer nun vom Fujitsu-Ausstieg profitieren wird. "In Deutschland haben wir aber absolut noch einige Hersteller, die durch gute Planung und Betreuung der Händler in die Lücke springen können", merkt der LinkedIn-Kommentator an. Jetzt komme es darauf an, ob die Fachhändler das annehmen und umsetzen, oder ob es sich in Richtung HP, Lenovo oder Dell entwickele. Christian Cramer rechnet mit einer Aufteilung der Marktanteile: "Das müssen aber nicht zwingend die Großen sein. Gerade bei kleineren Stückzahlen könnten kleineren, regionalen Anbieter punkten, denn die Fachhändler wollen die Nähe zu ihrem Hersteller und das können die lokalen Hersteller bieten", weiß der Plenticon-CEO.
Spannende neue Vertriebskonzepte
Sven Kalisch von der Teccle Group setzt dabei auf Partnerschaften beispielsweise mit Microsoft, Lenovo oder Dell: "Wir bieten einen Workplace-as-a-Service mit Endgeräten anderer Hersteller an, sodass unseren Kunden in der gesamten Gruppe passgenaue Lösungen bekommen können", betont er. Damit untermauert Kalisch die Einschätzung von Context-PC-Expertin Marie-Christine Pygott, die damit rechnet, dass vor allem renommierte PC-Hersteller vom Fujitsu-Ausstieg profitieren werden (ChannelPartner berichtete).
Weniger wichtig ist den Systemhäusern und IT-Dienstleistern, dass ein Hersteller ein komplettes Infrastrukturportfolio anbieten kann. "Viele Systemhäuser, wie auch wir, haben auch schon bisher mit mehreren Herstellern zusammengearbeitet", erklärt Christian Cramer. So sei bei der Wahl von Alternativen sicher die Zufriedenheit mit dem jeweiligen Zulieferer ein Faktor. Dazu kommt seiner Ansicht nach noch der Umfang des Lieferprogramms, die Produktqualität, der Service und natürlich das Preis-Leitungsverhältnis. So ist für ihn die Abkehr Fujitsus vom PC-Geschäft auch kein Grund, die gesamte Zusammenarbeit in Frage zu stellen: "Wir werden auf jeden Fall ein treuer Fujitsu-Partner im Data-Center-Geschäft bleiben, zumal es bei Fujitsu spannende neue Vertriebskonzepte wie Fujitsu uScale gibt", bekräftigt er.
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