Nur drei Jahre nach dem Markteintritt legt Saturn in der Schweiz den Rückwärtsgang ein: Die sechs bestehenden Filialen firmieren zu Media Märkten um, die weitere Expansion wird gestoppt. Dabei hatte Saturn in der Schweiz große Pläne. Insgesamt zwölf Märkte wollte die Retail-Kette in der Eidgenossenschaft eröffnen. Zusammen mit Media Markt sollte die Zahl der Standorte bis 2015 auf 40 bis 45 erhöht werden. Doch wurde bereits vor einigen Wochen bekannt, dass bei der Expansion von Media-Saturn in das Nachbarland nicht alles nach Plan läuft: Auf Grund von sinkenden Umsatz- und Gewinnzahlen kündigte die Metro-Tochter Entlassungen und Einsparungen bei den Personalkosten an (Channelpartner berichtete).
Dem Entscheid für den Rückzug von Saturn vorangegangen war zudem eine Reihe von Abgängen im Top-Management von MSH Schweiz: Im März ging der Länderchef Thomas Keil nach nur einem Jahr. Vor wenigen Tagen folgte nun die Nachricht über das abrupte Ausscheiden der Manager Bernhard Hochspach und Michael Rupp aus der Geschäftsleitung. Gerade Hochspach war maßgeblich am Aufbau der Marke Saturn in der Schweiz beteiligt und spielte auch bei der Entwicklung des Onlineshops mediamarkt.ch eine führende Rolle.
Weder echte Schnäppchen noch Beratungs-Qualität
Die Schweizer Tageszeitung Blick führt als Gründe für das Scheitern von Saturn zum einen Mentalitätsunterschiede an. Saturn sei an einem zu lauten, zu deutschem Auftritt gescheitert. Die aggressive Werbung des Retailers sei bei den „zarten Schweizern“ nicht gut angekommen, zitiert die Zeitung den Zürcher Marketing-Hochschullehrer Cary Steinman. Interessanter – weil allgemeingültiger – liest sich dagegen die zweite Begründung für den Misserfolg von Saturn in der Schweiz: „Der Trend geht heute zurück zu kleineren Läden mit professioneller Bedienung“, so Steinmann. Zudem sei es auch der starke Online-Handel gewesen, der Saturn zu schaffen machte. Zwischen Schnäppchenjagd im Netz und Qualitäts-Beratung im Laden habe sich für die Retail-Kette keine passende Marktnische finden lassen.
Musterbeispiel für den "Sanierungsfall"
Die Schweiz-Erfahrung von Saturn wirkt damit wie ein Musterbeispiel für die Äußerungen von Notebooksbilliger.de-Chef Arnd von Wedemeyer an der E-Commerce-Konferenz K5, über die Channelpartner zuerst berichtet hatte: „Aus strategischer Sicht würde ich persönlich Media Markt für einen Sanierungsfall halten“, so der Erfolgs-Onlinehändler. Die in den 80er Jahren brandaktuelle MSH-Geschäftsidee passe nicht mehr in die aktuelle, Online-geprägte Einkaufswelt. Inzwischen haben nicht nur eine Reihe von Branchenblättern diese Meinung aufgegriffen, sondern hat sich auch das Börsenmagazin Der Aktionär mit Wedemeyers Einschätzung auseinandergesetzt: Während für die Online-Kunden von heute die Devise „Entweder günstig oder das beste Produkt“ gelte, hätten sich Media Markt und Saturn stets auf den dazwischenliegenden Sortimentsbereich konzentriert. Für das Anlager-Magazin befinde sich die MSH damit zusammen mit anderen Metro-Töchtern „in der Spätphase ihres Lebenszykluses“. (mh)