In-Memory-Datenbank

SAPs Business Suite läuft auf HANA

11.01.2013 von Martin Bayer
SAPs Business Suite soll künftig auch auf der eigenen Datenbank HANA laufen. Damit will der Softwarekonzern seine transaktionalen Softwaresysteme fit für In-Memory-Computing machen und so neue Märkte erschließen.

SAPs Business Suite soll künftig auch auf der eigenen Datenbank HANA laufen. Damit will der Softwarekonzern seine transaktionalen Softwaresysteme fit für In-Memory-Computing machen und so neue Märkte erschließen.

Von Martin Bayer, Computerwoche

Für die SAP-Verantwortlichen tickt die Uhr. Die Co-Vorstandssprecher Jim Hagemann Snabe und Bill McDermott wollen bis 2015 einen Jahresumsatz von 20 Milliarden Euro einfahren - 2011 waren es gut 14 Milliarden Euro. Einen erheblichen Anteil daran sollen neue Geschäftsfelder wie Cloud Computing und die In-Memory-Datenbank-Appliance HANA haben.

Die Entwicklung der Mitte 2011 offiziell gestarteten HANA geht 2013 in eine neue Runde. Gleich zu Jahresanfang hat SAP die Verfügbarkeit der Business Suite für das In-Memory-System angekündigt. Damit wird künftig das wichtigste Softwareprodukt der Walldorfer Softwareschmiede auf dem eigenen Hoffnungsträger laufen.

HANA zündet dritte Stufe

Jim Hagemann Snabe, Co-CEO der SAP AG
Foto: Wolfram Scheible / SAP AG

Mit dieser Ankündigung dürfte die dritte Ausbaustufe von HANA eingeläutet sein, die Snabe bereits im November 2012 angekündigt hatte. Nachdem es 2011 hauptsächlich um Grundlagentechnik und die Beschleunigung des Daten-Handlings sowie 2012 um die Integration in bestehende Infrastrukturen gegangen sei, soll künftig das System auch als Basis für transaktionale Systeme etabliert werden.

Bereits auf der Sapphire 2012 hatten die SAP-Chefs mit "SAP 360 Customer" eine für HANA zertifizierte Lösung für das Kunden-Management (CRM) angekündigt. Die Anwendung soll verschiedene Techniken aus den Bereichen Collaboration, Mobile, Cloud und eben auch In-Memory bündeln.

Das erste transaktionale System auf HANA bringe CRM auf ein komplett neues Level, warb Snabe damals. Inwieweit das auch für die Business Suite gelten wird, bleibt abzuwarten. Zumindest erfüllt das SAP-Management damit frühzeitig seine Ankündigung, 2013 auch sein großes Anwendungspaket für die In-Memory-Appliance zur Verfügung zu stellen.

Insgesamt bescheinigten Experten HANA für den derzeitigen Release-Status eine gute Reife. Das Problem sei jedoch, dass bis dato erst die wenigsten Kunden Nutzen daraus ziehen könnten. Das liege allerdings nicht an mangelhafter Technik, sondern vielmehr daran, dass den meisten Firmen die notwendige Manpower und das Bugdet fehle.

Überzeugungsarbeit gefragt

Für die SAP-Verantwortlichen dürfte es daher in den kommenden Monaten vor allem darum gehen, ihre Kunden von Business-Vorteilen rund um den HANA-Einsatz zu überzeugen. Im Mittelpunkt müssen dabei konkrete Einsatzszenarien stehen. Derzeit dürften die meisten HANA-Installationen einen eher experimentellen Charakter haben. Es gilt, HANA als belastbares Produktivsystem im Markt zu etablieren. Schließlich haben Snabe und McDermott wiederholt auf ihre Zielvorgabe hingewiesen, klassische Architekturen mit herkömmlichen relationalen Datenbanken sowie Data Warehouses komplett abzulösen.

Dafür muss es SAP auch gelingen, ein Ökosystem um HANA aufzubauen. Die ersten Schritte scheinen getan. Zur Sapphire zählte der Konzern über 150 Partner in einem speziellen HANA-Förderungsprogramm. Damit sponsert SAP die Entwicklung von Anwendungsszenarien. Außerdem arbeiteten SAP zufolge rund 20 Startups an Applikationen, die auf der Amazon-Cloud-Variante "HANA One" aufbauen. Zuletzt hatte Snabe zudem eine Initiative angekündigt, um mehr Entwickler für SAP-Plattformen zu begeistern. Ziel sei es, sich stärker zu öffnen.

Anfang der 70er
Die SAP-Gründer traten an, das alte Zeitalter der Datenverarbeitung ...
Anfang der 70er
... via Lochkarten zu beenden.
1974
Arbeitsplatz von Hackman und Neugard.
1976
Das Computer-Team mit ...
1976
... Dietmar Hopp und
1976
Hasso Plattner ...
1976
... bei einem Fußballturnier.
In den 80ern
Graphiken stellen R2 vor
1980
So sahen damals die Arbeitsplätze bei SAP aus.
1980
Das erste SAP-Gebäude
1982
Die Gründer von SAP (v.l.: Dietmar Hopp, Hans-Werner Hector, Hasso Plattner, Klaus Tschira)
1982
Die Gründer von SAP (v.l.: Hopp, Tschira, Hector, Plattner)
1982
10 Jahre SAP
1982
10 Jahre SAP. Das SAP-Gründer-Team und der damalige Walldorfer Bürgermeister (v.l.: Plattner, Tschira, Bürgermeister Jürgen Criegee, Hopp, Hector)
1986
SAP beim Gewerbegebiet an der Neurottstraße
1987
Hopp beim Tennistournier zum 15. Geburtstag von SAP
1987
Plattner beim Tennistournier zum 15. Geburtstag von SAP
1987
Das SAP-Team
1987
Hopp startet den Bau der SAP-Zentralen in Walldorf
1988
Dietmar Hopp bei der Einweihung des Schulungszentrum
1988
Der erste Handelstag der SAP-Aktie
1988
Plattner am ersten Handelstag der SAP-Aktie
1988
Die Gründer von SAP: v.l. Klaus Tschira, Hasso Plattner, Ditmar Hopp und Hans-Werner Hector
1988
Plattner am ersten Handelstag der SAP-Aktie
In den 90ern
R/3 wird vorgestellt.
In den 90ern
... vorgestellt.
Anfang der 90er
Hopp (2.v.l.) und Oswald (links) treffen den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl
1990
Die COMPUTERWOCHE schreibt bereits im Herbst 1990 über SAP:
1990
"Nahezu unbemerkt hat sich die SAP AG, Walldorf, mit dem modularen Standardsoftware-Paket R/2 eine Quasi-Monopol-Position auf dem Gebiet der kommerziellen Standardsoftware für S/370-Rechner in der Bundesrepublik geschaffen."
1990
Auf der CeBIT: Oswald und Hopp
1990
Die erste Bilanzpressekonferenz
1990
Die erste Bilanzpressekonferenz
1992
Plattner an der Gitarre auf der 20 Jahre SAP Feier in den USA
1992
Die Torte auf der 20 Jahre SAP Feier in den USA
1992
Das SAP-Team
1992
Bei der Übgerabe des Bundesverdienstkreuz: Hopp und der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg Erwin Teufel (Mitte)
1992
Der Countdown zu R/3
1992
Hopp und der Architekt Willi Vorfelder
1992
Hopp stellt die ersten SAP-Kunden vor
1992
Das Industriegebiet in Walldorf
1992
Gerhard Oswald (Mitte) beim Countdown zu R/3
1993
Bilder von der Hauptversammlung
1993
Hopp auf der Hauptversammlung
1993
Kooperationsabkommen zwischen Plattner und ...
1993
Bill Gates (links)
1995
Das SAP-Team: v.l. Tschira, Kagermann, Zencke, Plattner
1995
Kagermann und Rudolf Scharping
1995
Die erste SAP-Aktie
1996
Award: Company of the Year für SAP
1996
Dietmar Hopp
1996
Dietmar Hopp auf der Bilanz-Pressekonferenz
1996
Kagermann und Bill Gates
1996
Kagermann, Bill Gates und Tschira (v.l.)
1996
Tschira, Bill Gates und Kagermann (v.l.)
1996
Die SAP-Zentrale
1997
25 Jahre SAP
1997
25 Jahre SAP
1997
25 Jahre SAP
1997
25 Jahre SAP
1997
25 Jahre SAP
1997
Ein SAP-Arbeitsplatz
1997
Ein SAP-Arbeitsplatz-Server
1997
SAP auf der CeBIT
1997
SAP auf der CeBIT
1997
SAP auf der CeBIT
1997
SAP auf der CeBIT
1997
Hasso Plattner auf der CeBIT
1997
Der SAP Formel1 Wagen
1997
Dietmar Hopp
1997
Hopp beim Golfturnier zum 25. Geburtstag
1997
Hopp, Kagermann und Oswald (v.l.)
1997
Kagermann beim Golfturnier zum 25. Geburtstag
1997
Plattner beim Golfturnier zum 25. Geburtstag
1997
Plattner beim Golfturnier zum 25. Geburtstag
1997
Die SAPPHIRE in Amsterdam
1997
Die SAPPHIRE in Amsterdam
1997
Die SAPPHIRE in Orlando
1997
Hasso Plattner auf der SAPPHIRE in Amsterdam
1997
Luftbild von der SAP-Zentrale in Walldorf
1998
Kagermann und Namgung, der damalige CEO von Samsung
1998
Das SAP-Team in New York
1998
Kagermann (li.) und Heinrich (Mitte) beim Börsengang in New York
1998
Kagermann und Plattner beim Börsengang in New York
1998
Kagermann und Plattner beim Börsengang in New York
1998
Plattner, Erwin Teufel, Kagermann (v.l.) auf der CeBIT
1998
Die Eröffnungszeremonie zu den WDF03 mit Kagermann
1998
Die Eröffnungszeremonie mit Kagermann (li.) und dem damaligen Bürgermeister von Walldorf
1998
Die Eröffnungszeremonie mit Kagermann (li.) und Erwin Teufel
1998
Die Softwarepalette R/3
1998
Ein SAP-Arbeitsplatz
1998
Plattner (re.) und Joschka Fischer
1998
Plattner (re.) und Joschka Fischer
1998
Ex-Bundeskanzler Helmuth Schmidt, Kagermann und Plattner (v.l.)
1998
Der Release von R3
1998
Der Release von R3
1998
Bilanzpressekonferenz mit Plattner, Hopp und Kagermann
1998
Zum Börsengang in New York
1998
Zum Börsengang in New York
1998
Zum Börsengang in New York
1998
Die SAPPHIRE in LA
1998
Die SAPPHIRE in LA
1999
Das SAP-Team
1999
Kagermann (li.) und Ex-Bundespräsident Roman Herzog
1999
Tiger Woods bei der SAP Open
1999
Ein SAP-Arbeitsplatz
2000
Luftbild von der SAP-Zentrale in Walldorf
2002
Auf der CeBIT 2002
2002
Auf der CeBIT 2002 treffen sich Kagermann (vorne li.) und Gerhard Schröder
2007
Luftbild von der SAP-Zentrale in Walldorf
2008
Das SAP-Team
2008
Auf der CeBIT mit Angela Merkel und Kagermann
2009
Auf der CeBIT mit Léo Apotheker, Arnold Schwarzenegger, Angela Merkel und Henning Kagermann (v.l.)
2010
Luftbild von der SAP-Zentrale in Walldorf

SAP blickt nach Osten

Um ihr ehrgeiziges Umsatzziel zu erreichen, hat die SAP-Spitze weitere Veränderungen angekündigt. So will man sich künftig stärker im chinesischen Markt engagieren. Snabe bezifferte das Kundenpotenzial auf rund eine Million Unternehmen. Darüber hinaus sollen die Vertriebsregionen Nord- und Südamerika unter der Leitung des bisherigen Südamerika-Chefs Rodolpho Cardenuto zusammengelegt werden, berichtete "Euro am Sonntag". Die bislang für Nordamerika zuständige Managerin Geraldine McBride, die erst 2012 zu SAP gekommen war, verlässt das Unternehmen. Außerdem soll der bislang für die DACH-Region zuständige Manager Michael leinemeier künftig die neu geschaffene Vertriebsregion Middle & Eastern Europe (MEE) leiten. (mb/cw)

Experton-Meinung

Was die Experton Group-Analysten Wolfgang Schwab, Jürgen Weiß und Andreas Zilch von SAPs neuester Initiative halten


Andreas Zilch, Vorstand der Experton Group AG: "Umfang der SAP-Ankündigung und die Darstellung der zukünftigen Optionen sind umfassender als erwartet"
Foto: Experton

Die sofortige Verfügbarkeit der SAP Business Suite auf Basis der HANA Architektur kommt sicher nicht ganz überraschend, doch der Umfang der Ankündigung und die Darstellung der zukünftigen Optionen sind umfassender als erwartet. Wir schätzen diese Ankündigung als extrem wichtig für SAP, für den gesamten ERP-Markt, für das Wettbewerbsumfeld und insbesondere auch für die SAP-Anwender ein.

Nachdem HANA ursprünglich als Hochleistungsdatenbank für die Verarbeitung großer Datenmengen - damit als BI-Appliance für Analytics-Anwendungen – positioniert war, wurde HANA dann auch im CRM Umfeld sowie kürzlich für Business One angeboten. Damit erweitert SAP das HANA-basierte Angebot jetzt auf die gesamte Business Suite, d.h. insbesondere auch auf den ERP Backbone. Daraus wird klar, dass die neue Architektur nicht nur für OLAP, sondern insbesondere auch für OLTP Anwendungen geeignet ist.

Die potenziellen Vorteile dieser neuen Architektur sind sehr transparent. Eine Datenbasis für die operative Datenverarbeitung sowie Analyse fördert sowohl die Datenkonsistenz als auch die Geschwindigkeit, IT-abhängige Geschäftsprozesse können deutlich verbessert und beschleunigt bzw. erst ermöglicht werden. Insgesamt können dadurch potenziell Wettbewerbsvorteile erreicht werden.

SAP zeigt im Rahmen der Ankündigung auch schon erste Kunden, die in Teilbereichen eine erfolgreiche (technische) Migration der klassischen zur HANA Architektur durchgeführt haben. Hierzu gehören John Deere, HSE24, Ferrero und Bayer – also durchaus sehr verschiedene Unternehmensgrößen, Branchen und Einsatzszenarien.

Die Ankündigung von SAP bedeutet strategisch nichts anderes als den zweiten revolutionären Architektur-Wechsel in der Geschichte von SAP – vergleichbar mit dem Schritt von R/2 nach R/3. Die neue Architektur-Plattform wird auch eher Informations-/Datenbankzentriert sein, als Applikationszentriert, obwohl Applikationen natürlich auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Konsequenterweise hat SAP ja auch eine „eigene“ Datenbank in den Mittelpunkt gestellt und verzichtet damit in der Zukunft strategisch auf die bisher zumeist genutzte Oracle Plattform. Diese bisherige „in-Memory“ Datenbank kann und wird in Zukunft auch Daten auf traditionellen Storage Systemen ablegen und verwalten können.

Eine Besonderheit der HANA Initiative und auch dieser Ankündigung stellt die Konsequenz und Schnelligkeit der SAP dar. Der Innovations-Track der SAP war in den letzten Jahren eher „gemischt“ (Netweaver als universeller Enterprise Service Bus, Business by Design als primäre ERP Cloud Plattform für den Mittelstan und ähnliches), bei der HANA Architektur treibt aber SAP das Thema konsequent „von oben“ und richtet die ganze Company danach aus.

Besonders an dieser Ankündigung ist aber auch, dass der gesamte Software und ERP-Markt davon betroffen sind und sich insbesondere auch massive Konsequenzen für Kunden, Wettbewerber und Partner ergeben.

Auswirkungen für SAP-Partner

Für die SAP ist das Thema „HANA“ extrem wichtig. Ein Erfolg dieser Innovation würde das Selbstverständnis des Unternehmens und die Zukunftsperspektiven extrem positiv beeinflussen – im Gegensatz dazu wäre ein Misserfolg demotivierend und frustrierend. Die Potenziale des Marktführers mit der riesigen installierten Kundenbasis sind natürlich gigantisch – trotzdem wird die Migration/Umstellung alles andere als ein Selbstläufer werden.

Wolfgang Schwab, Manager Advisor & Program Manager Efficient Infrastructure bei der Experton Group AG: "Für SAP-Partner ergeben sich neue Chancen."
Foto: Experton Group

Für SAP-Partner bedeutet ein neues Thema insbesondere neue Chancen, das hat sich schon bei der HANA BI-Appliance gezeigt, mit der die SAP schon große Erfolge erzielte, was entsprechende Implementierungs- und Service-Umsätze nach sich zog. Allerdings ist gerade in Deutschland der Markt für SAP-Spezialisten aktuell extrem überhitzt. Das bedeutet, dass SAP Service Provider zur Zeit hohe Auslastungen mit traditionellen Migrationen und Projekten erzielen. Damit wird es natürlich schwierig, eine Motivation für eine strategische Investition in das neue Thema zu tätigen.

Strategische globale Implementierungspartner sind zunächst IBM, HP und Accenture – auch hier zeigt SAP eine Konzentration auf wenige Partner, die von anderen Wettbewerbern sicher kritisch gesehen werden wird – aber für die Qualität in der jetzt folgenden sehr wichtigen Initialisierungsphase durchaus förderlich ist.

Als Wettbewerber steht natürlich insbesondere Oracle im Mittelpunkt. Noch immer basiert eine Vielzahl von SAP-Installationen – gerade bei großen und wichtigen Kunden – auf der Oracle DB Plattform. Die meisten Kunden beziehen Oracle von SAP zu sehr günstigen Konditionen über das schon sehr lange geltende Reseller Abkommen von SAP/Oracle. Wie lange dies bei dem immer stärkeren Wettbewerb beider Unternehmen auf allen Ebenen noch hält, muss zumindest in Frage gestellt werden. Auch die neuen und innovativen Fusion Solutions von Oracle werden den Wettbewerb – insbesondere in den noch zu erschließenden Emerging Countries – sicher noch deutlich verschärfen.

Aber auch andere Datenbank-Anbieter, Betriebssystem und Server-Hersteller sind von der SAP Initiative betroffen. SAP setzt zwar klar auf HANA, bleibt aber weiterhin Datenbankanbieter-agnostisch, bestehende Datenbanken können natürlich bei existierenden Systemen weiter genutzt werden. Zudem sind als Linux Betriebssystem Suse SLES und als Server Plattform Intel IA64 gesetzt. Besonders die hohe Integration der HANA DB mit der Intel CPU schafft deutliche Geschwindigkeitsvorteile. Es handelt sich insgesamt also um einen hoch-integrierten Stack, was Anbietern wie IBM, AMD, Microsoft und RedHat sicher nicht extrem gefallen wird.

Für die SAP-Anwender bedeutet die neue HANA Architektur potenziell eine Vielzahl von Chancen – aber auch sich aus der Migration ergebende Aufwände und Risiken. Auf jeden Fall sollte sich jeder aktuelle SAP Anwender mit dem Thema beschäftigen und die bestehenden Alternativen für sich selbst, sein Umfeld und insbesondere seine zukünftigen Business Ziele überprüfen.

Die HANA-Roadmap

In den letzten 30 Monaten hat SAP erhebliche Anstrengungen unternommen, um HANA zunächst als BI Analytics In-Memory Datenbank zu entwickeln und dann die Weiterentwicklung zu einer Enterprise Datenbank voranzutreiben. Diese Entwicklung ist aber – trotz der gezeigten positiven Fallbeispiele – noch nicht komplett abgeschlossen. Oracle, IBM DB/2 und Microsoft SQL Server haben hier einen mehrjährigen Vorsprung. SAP HANA hat demgegenüber den absoluten Vorteil, dass die Architektur schon in der Entwicklungsphase für OLAP und OLTP designed wurde. Nachteilig ist heute noch, dass die Leistungsfähigkeit einer Datenbank nicht nur von dieser selbst, sondern auch von dem existierenden „Umfeld“ abhängt, welches noch nicht voll entwickelt ist. Die Entwicklung dieses „Umfeldes“ hängt nicht allein von SAP ab, sondern insbesondere von einer größeren Zahl von weiteren SW-Tool-Anbietern. (s.u.)

Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) e. V.: „SAP hat unsere Vorschläge angenommen, das Preismodell am Vertragswert der SAP-Installation zu orientieren."
Foto: DSAG

Bei der bisherigen positiven Marktentwicklung und –prognose der HANA Datenbank sollte die Motivation nicht schwerfallen, diese muss aber auch nachhaltig mit entsprechenden Ressourcen hinterlegt sein.

Auch SAP selbst hat hier einen potenziellen Zielkonflikt – denn die bestehenden Systeme müssen weiterentwickelt werden und SAP hat auch eine Vielzahl von Neuerungen und Innovationen im Rahmen der „klassischen“ Architektur. Die Kunst wird sein, hier Synergien zu nutzen und andererseits genug Ressourcen für die Neuentwicklungen im Rahmen der HANA Architektur „freizuschaufeln“.

Die HANA Architektur wurde zwar bisher von SAP sehr konsequent entwickelt, das weitere Wegstück liegt aber noch in der Zukunft. Wichtig für alle Stakeholder in diesem Umfeld ist jetzt eine transparente und solide Roadmap, die auch exekutiert wird. SAP ist normalerweise für Verlässlichkeit bekannt, das negative Beispiel Business by Design wirkt aber durchaus etwas nach. Außerdem ist eine solche Forderung natürlich leichter ausgesprochen als realisiert – das Thema ist weiterhin komplex und die Aufgabenstellungen a priori schwer zu planen, insbesondere da, wo externe Abhängigkeiten bestehen. Die Experton Group geht aber davon aus, dass SAP hier sehr bedacht vorgehen und gut kommunizieren wird.

Obwohl es sich grundsätzlich um einen hochintegrierten Stack handelt und SAP sich auch der engen Zusammenarbeit mit den wichtigsten Technologie Partnern sicher sein kann, gibt es gerade im DB- und System Management noch eine Vielzahl von „kleineren“ Aufgabenstellungen, die von unabhängigen 3rd-party Tools übernommen werden.

Hierzu gehören insbesondere weitere Tools u.a. zur Administration, Monitoring, Sicherung, Archivierung, Backup/Recovery etc. der Datenbank, sowie Schnittstellen und Adaptoren zu klassischen System Management Tools. Für diese Entwicklung kann SAP einen Beitrag leisten, besonders wichtig sind aber auch entsprechende Initiativen und Investment der wichtigsten Technologie Partner. Diese sollten auf der einen Seite durch die positive Entwicklung und das Momentum gut motiviert sein, auf der anderen Seite existieren teilweise natürlich auch Wettbewerbssituationen.

Wie rechnet sich der Business Case des Umstiegs für bestehende SAP Kunden und wer entscheidet über die Investition? Hierbei handelt es sich um die sicherlich wichtigsten Fragestellungen: „Was bringt die HANA Architektur Migration konkret für das Unternehmen, wie hoch ist der Aufwand und wie sind die Risiken zu bewerten und möglichst einzugrenzen?“. SAP hat dies auch erkannt und unterstützt die Kunden durch ROI Kalkulatoren und entsprechende Beratungsleistungen. Hiermit wird ein guter Beitrag geleistet, die „Hauptarbeit“ muss aber trotzdem das Anwenderunternehmen leisten. Die Herausforderung liegt dabei insbesondere in der langfristigen und ganzheitlichen Sichtweise. Für einzelne HANA Projekte im Analytics Bereich ist eine Wirtschaftlichkeitsrechnung relativ einfach und es gibt auch gute Fallbeispiele. Schwieriger ist es, den Business Case für die komplette Migration zur HANA Architektur für das ganze Unternehmen zu rechnen. Wie auch die Erfahrungen mit SOA Investments gezeigt haben, ist ein hohes Erstinvestment notwendig. Falls dieses auf die ersten Projekte voll umgelegt wird, ist eine positive Wirtschaftlichkeitsbetrachtung schwierig.

Somit müssen Anwenderunternehmen eine langfristige und strategische Entscheidung treffen. Neben der Betrachtung des potenziellen Nutzens kann dabei auch eine nähere Betrachtung der aktuellen SAP Installation im Unternehmen bei einer Entscheidung helfen. Zumeist handelt es sich um „ältere“ Systeme, d.h. die Erst-Installation liegt 15 Jahre oder noch länger zurück. Die Systeme wurden zwar kontinuierlich weiter entwickelt, leider aber oft auch nur mit „technischen Migrationen“, d.h. bei Release Wechseln wurde u.a. darauf verzichtet, Geschäftsprozesse anzupassen, zu standardisieren und zu modernisieren. Die neuen Möglichkeiten der HANA Architektur könnten hier einen Anstoß geben, das ERP System von Grund auf zu renovieren und fit für die nächsten 10-20 Jahre zu machen.

Welche Migrationswege sind (hinsichtlich Aufwand, Kosten und Risiko) möglich und effizient? Auch hierbei handelt es sich um ein erfolgskritisches Thema, daher hat sich SAP entsprechend „Gedanken gemacht“. Ein Big Bang ist gerade für größere Unternehmen unrealistisch, daher zeigt SAP in den ersten Anwendungsbeispielen einen anderen Weg auf. Die Grundidee ist dabei, die bestehende SAP Installation inklusive aller Datenbestände und insbesondere auch der bestehenden Applikationen zunächst 1:1 auf die neue HANA Architektur zu migrieren.

Diese Migration ist laut SAP mit überschaubarem Aufwand und ohne Nachteile möglich. Wenn dies erfolgt ist, hat man zwar noch keine signifikanten Vorteile erzielt, aber die Basis für wertschöpfende Neuentwicklungen geschaffen. Die SAP Aussagen wurden von den ersten Pilotunternehmen klar bestätigt.

Implikationen für SAP-Anwender

Die Ankündigung und insbesondere die Implikationen sind so signifikant, dass jeder SAP Anwender sich damit beschäftigen muss! Die Initiative von SAP zur Umstellung der kompletten Architektur der Basissysteme betrifft SAP selbst, das Umfeld der Technologie- und Implementierungspartner und die Wettbewerber von SAP.

Das erste Kundenfeedback zeigt einen klaren Business-Vorteil durch eine massive Beschleunigung von Planungs-, Simulations- und Analyseaufgaben. Entscheidungen können zeitnah mit allen verfügbaren Daten getroffen werden, ohne langwierig auf Daten aus BW oder ähnlichen Systemen zu warten. Dadurch verbessern sich die Entscheidungsgeschwindigkeit und vor allem die Qualität. Auch allein zeitnahe Entscheidungen können in einzelnen Branchen, z.B. Handel oder Banken und Versicherungen, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen.

Die relativ einfache Verfügbarkeit in Form eines Enhancement Packages und der relativ niedrigen Appliance Kosten machen es auch für größere mittelständische Unternehmen einfach, schrittweise auf diese Technologie zu migrieren.

Kritisch könnte die Verfügbarkeit von HANA SAP-Beratern sein, die beispielsweise ABAPs optimieren und Systeme optimal parametrisieren. Die drei strategischen SAP-Partner Accenture, HP und IBM sollten aber zumindest mittelfristig genügend Ressourcen bereitstellen können. (Experton/rw)

Was SAP-Anwender von HANA halten

Die SAP-Anwendervereinigung DSAG konnte bereits im Vorfeld der HANA-Ankündigng Einfluss auf Innovationen und das Preismodell der SAP Business Suite nehmen und hat sich damit eigener Ansicht nach massiv für SAP-Anwenderunternehmen eingesetzt.

Andreas Oczko, Mitglied im Vorstand der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) e. V.: "Wir haben uns für ein Preismodell eingesetzt, das sich an der Wertschöpfung des Kunden orientiert."
Foto: DSAG

Andreas Oczko, Mitglied im Vorstand der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) e. V., kommentiert die neue HANA-Preisstruktur: „Wir haben uns für ein Preismodell eingesetzt, das sich an der Wertschöpfung des Kunden orientiert. Das bedeutet, SAP-Kunden müssen jetzt nur die Lizenzen upgraden, die wirklich auf die HANA-Datenbank zugreifen und nicht pauschal den gesamten Lizenzvertrag. Die Datenbank für die Business Suite on HANA kostet damit lizenzseitig für Bestandskunden praktisch genauso viel wie herkömmliche Datenbanken. Damit wird es möglich, die Vorteile, die die In-Memory-Technologie dem einzelnen Kunden gegebenenfalls bietet, zu einem vernünftigen Preis zu nutzen“.


Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) e. V., ergänzt: „SAP hat unsere Vorschläge angenommen, das Preismodell am Vertragswert der SAP-Installation zu orientieren und nicht hauptspeicherbasiert. Bestandskunden haben dank des konventionell ausgerichteten Pricings einen einfachen Zugang zu Innovationen im HANA-Umfeld. Damit ist SAP konstruktiv auf eine Kern-Forderung der DSAG eingegangen. Das begrüßen wir sehr.“ (DSAG/rw)