Ausblick

SAP will Margen-Versprechen einlösen - Cloud nun auch Gewinntreiber?

16.07.2019
Europas größter Softwarehersteller SAP legt an diesem Donnerstag seine Zahlen für das zweite Quartal vor.
Beim Marktwert hat SAP das Verfolgerfeld weiter von sich distanziert, der Konzern ist rund die Hälfte mehr wert als der Gasehersteller Linde auf Rang zwei.
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Lage des Unternehmens

SAP-Chef Bill McDermott hat mit den Zahlen zum ersten Quartal den Investoren eine klare Marschrichtung bei der Entwicklung der lange so unter Druck stehenden operativen Marge versprochen. Diese war einst das Aushängeschild des Konzerns, mit dem Schwenk zur wachstumsträchtigen Cloudsoftware aus dem Internet sank sie allerdings mehrere Jahre in Folge. Die Software zur Miete konnte noch nicht mit den Gewinnen aus großen Einmalzahlungen für Softwarelizenzen mithalten.

Nun soll es aber fünf Jahre in Folge aufwärts gehen mit der Profitabilität, weil die Ratenzahlungen für Software mit der Laufzeit rentabler werden. SAP hat seine Kernsoftware zur Unternehmenssteuerung (S4 Hana) inzwischen in die Cloud gehievt und verzeichnet auch hier mehr Kundschaft. Auch die sogenannten Geschäftsnetzwerke Ariba (Einkaufsplattform für Unternehmen), Fieldglass (Verwaltung von Leiharbeitern) und Concur (Abwicklung von Reisekosten) wachsen stark.

McDermott muss nach seiner Ansage bezüglich der Marge nun unter Beweis stellen, dass sich die milliardenschweren Zukäufe der vergangenen Jahre auszahlen und das Cloudgeschäft die versprochenen Gewinne auch einfahren kann. Für Callidus hat SAP vergangenes Jahr 2,4 Milliarden US-Dollar ausgegeben, für Qualtrics rund 8 Milliarden Dollar. Der Konzern wildert damit immer stärker im Revier des US-Rivalen Salesforce, der auf Software für Vertrieb und Kundenkontakt spezialisiert ist. Nun sind größere Zukäufe bei SAP vorerst tabu: Schulden sollen abgebaut werden, auch Aktienrückkäufe sind geplant. Details dazu werden aber erst für den Kapitalmarkttag im November erwartet.

Im Januar stieß der Konzern die erste größere Umbaurunde nach 2015 an, bis zu 4400 Mitarbeiter sollen in andere Funktionen wechseln oder auch mittels Abfindungen die Firma verlassen. SAP rüstet sich damit nach eigenen Angaben für künftige Technologien wie Künstliche Intelligenz und die Vernetzung von Geräten. Das Programm sorgte im ersten Quartal für Kosten von fast 900 Millionen Euro und damit zum ersten Mal seit knapp 17 Jahren für einen Quartalsverlust.

Das erwarten die Analysten

Von April bis Juni dürfte SAP laut dem vom Unternehmen in Auftrag gegebenen Stimmungsbild einen Umsatz von 6,7 Milliarden Euro erzielt haben, rund 12 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern sollte den Schätzungen von 21 Analysten zufolge um 14 Prozent auf 1,87 Milliarden Euro gestiegen sein. Die operative Marge läge damit bei 27,7 Prozent nach 27,3 Prozent im Vorjahreszeitraum. Der Gewinn unter dem Strich klettert nach Expertenmeinung um gut ein Drittel auf 971 Millionen Euro.

Treiber des Wachstums bei SAP wäre weiter die Cloudsparte mit einem Umsatzwachstum von rund 41 Prozent auf 1,73 Milliarden Euro - auch dank des Callidus-Zukaufs. Die Erlöse aus Softwarelizenzen hingegen könnten leicht zurückgehen und unter der Schwelle von einer Milliarde Euro bleiben.

Analysten werfen vor allem einen Blick darauf, wie sich die Bruttomargen in der Cloudsparte entwickelt haben. Mainfirst-Experte Chandramouli Sriraman vermutet allerdings eine schwache Entwicklung der Finanzmittel - das liege an höheren Auszahlungen wegen der aktienbasierten Vergütung. Steigt bei SAP der Aktienkurs, dann erhalten Mitarbeiter und Manager im Rahmen ihres Gehalts mehr Geld - das beeinflusst auch das Nettoergebnis.

Baader-Analyst Knut Woller verwies auf besser als erwartet ausgefallene Lizenzerlöse des SAP-Rivalen Oracle, was auf ein ordentliches Umfeld für Softwarehersteller hindeute. Auch der schwächere Eurokurs sollte Rückenwind geliefert haben. Laut den Branchenexperten von Barclays könnten aber auch mögliche Hinweise auf einen Konjunkturabschwung in verschiedenen Regionen interessant werden.

Damit rechnet das Unternehmen

Das Umsatzwachstum in der immer wichtigeren Cloudsparte soll 2019 um Wechselkursschwankungen bereinigt zwischen 33 und 39 Prozent liegen. Inklusive Softwarelizenzen und Wartung dürften die Produkterlöse um 8,5 bis 10 Prozent wachsen. Für das bereinigte Betriebsergebnis kalkuliert der Vorstand mit 9,5 bis 12,5 Prozent Plus.

Für die Folgejahre haben die Walldorfer ebenfalls eine Messlatte gelegt. Das Wichtigste: Bis 2023 soll die operative Marge als Gradmesser für die Profitabilität im Schnitt jedes Jahr um einen Prozentpunkt zulegen - und in fünf Jahren also summa summarum um rund 5 Prozentpunkte über derjenigen von 2018 liegen (29,0%). Der jährliche Cloudumsatz soll sich in dieser Zeit währungsbereinigt von zuletzt 5,03 Milliarden Euro mehr als verdreifachen, das operative Ergebnis dürfte im jährlichen Schnitt zwischen 7,5 und 10 Prozent wachsen.

Das machte die Aktie zuletzt

Für die Anleger war das ehrgeizige Ziel bei der Marge für die kommenden fünf Jahre wie ein Befreiungsschlag: Seit der Ankündigung im April hat die SAP-Aktie rund ein Fünftel zugelegt. In diesem Jahr steht bei den Walldorfern ein Plus von 40 Prozent zu Buche, nach Adidas ist das Papier damit der zweitbeste Dax-Wert . Selbst der aktivistische und ansonsten eher streitlustige US-Investor Paul Singer mit seinem Hedgefonds Elliott lobte die Zielsetzungen des Unternehmens. Elliott war zuvor nach eigenen Angaben mit 1,2 Milliarden Euro bei den Walldorfern eingestiegen.

Beim Marktwert hat SAP das Verfolgerfeld weiter von sich distanziert, der Konzern ist mit knapp 150 Milliarden Euro rund die Hälfte mehr wert als der Gasehersteller Linde auf Rang zwei. SAP bringt rund das Doppelte auf die Börsenwaage wie Volkswagen oder die Deutsche Telekom und rund das Dreifache des Autobauers Daimler .

Erst Anfang Juli markierte die SAP-Aktie mit 125 Euro ein neues Rekordhoch, seitdem ist der Kurs ein wenig auf rund 121 Euro zurückgegangen. (dpa/sa)