SAP-Chef Christian Klein will zeigen, dass er mit dem nochmals verschärften Kurs beim Umstieg auf die Cloud die richtige Entscheidung getroffen hat. Das bedeutet für die Anleger nach der kassierten Mittelfristprognose aus dem vergangenen Herbst erst einmal, dass eine spürbare Erhöhung der viel beachteten operativen Marge noch mindestens bis übernächstes Jahr warten muss: Zunächst will SAP weiter investieren.
Dieses Jahr geht SAP beim bereinigten operativen Ergebnis (Ebit) von einem währungsbereinigten Rückgang zwischen einem und sechs Prozent aus, während die Cloud- und Software-Erlöse um ein bis zwei Prozent zulegen sollen.
Weil sich die Wechselkurse aber mitunter deutlich bewegt haben, ging Finanzchef Luka Mucic zuletzt davon aus, dass der starke Euro noch einmal zwei bis vier Prozentpunkte beim operativen Ergebnis zusätzlich kosten dürfte. Im schlechtesten Fall würde es damit um zehn Prozent auf rund 7,5 Milliarden Euro sinken (VJ: 8,28 Mrd). Zu konstanten Wechselkursen - also mit den Währungskursen vom vergangenen Jahr - veranschlagt Mucic 7,8 bis 8,2 Milliarden Euro.
Cloud-Sparte von SAP soll bis zu 18 Prozent wachsen
Das Wachstum bei den Erlösen soll aus dem Cloud-Geschäft kommen. Klein hat dazu Anfang des Jahres ein neues Produktbündel namens "Rise with SAP" geschnürt, das den Kunden den Umstieg in die Software zur Nutzung über das Netz und gegen Abo-Gebühr vereinfachen soll. SAP taxiert die Cloud-Sparte auf ein währungsbereinigtes Wachstum von 14 bis 18 Prozent - mit Luft nach oben, falls der Reisekostenabrechner Concur mit anziehenden Geschäftsreisen wieder Fuß fassen sollte. Auch dort schlägt allerdings wohl der starke Euro zu Buche und kostet fünf bis drei Prozentpunkte Wachstum. In konstanten Wechselkursen zum Vorjahr kalkuliert SAP mit 9,2 bis 9,5 Milliarden Euro Umsatz (VJ: 8,1 Mrd).
Kleins übergeordnetes Ziel: Für 2025 peilt der Konzern einen Gesamtumsatz von 36 Milliarden Euro an (VJ: 27,3 Mrd), wovon die Cloud-Sparte mit 22 Milliarden den Löwenanteil beitragen soll. Vor allem ab 2023 soll das Wachstum bei Umsatz und Ergebnis anziehen.
Das Zünglein an der Waage könnte im Zwischenbericht wiederum die Sparte mit der Lizenzsoftware sein, die in der Corona-Krise wechselhaft abschneidet. Vor Ort installierte Software liefert wegen der hohen Einmalpreise hohe Margen - ein etwas besseres Abschneiden kann schon spürbare Auswirkungen haben. Änderungen an den Jahresprognosen von SAP fielen zuletzt aber wenn, dann eher moderat aus.
Das sagen Analysten
Die im Auftrag des Unternehmens bis Mittwoch befragten Analysten rechnen im zweiten Quartal mit einem Umsatz von knapp 6,7 Milliarden Euro - was leicht unter dem Niveau des Vorjahresquartals wäre (VJ: 6,74). Das bereinigte operative Ergebnis würde demnach rund 1,86 Milliarden Euro erreichen, fünf Prozent weniger als vor einem Jahr.
Zwar würde die Cloud-Sparte ihren Erlös um rund zwölf Prozent auf 2,29 Milliarden Euro steigern. Bei den Lizenzen sieht es aber mit einem Rückgang von 20 Prozent auf 618 Millionen Euro weniger rosig aus. Dies würde wegen des schrumpfenden, aber lukrativen Lizenzgeschäfts auch auf die operative Marge durchschlagen: Die Analysten erwarten 28,1 Prozent und damit einen Prozentpunkt weniger als ein Jahr zuvor.
Im Gesamtjahr schätzen die Experten den Umsatz auf 27,4 Milliarden Euro und damit knapp über 2020, als es wegen der Corona-Krise erstmals seit vielen Jahren einen Umsatzrückgang gegeben hatte. Die Cloud-Sparte sollte davon gut 9,2 Milliarden Euro beitragen und damit um mehr als 14 Prozent wachsen. Das bereinigte operative Ergebnis dürfte allerdings wie in Aussicht gestellt sinken, und zwar um 2,7 Prozent auf 8,06 Milliarden Euro.
Jüngst hat Bank-of-America-Analyst Frederic Boulan seine Erwartungen an das Papier der Walldorfer deutlich nach oben geschraubt. Aus wechselhaften Lizenzerlösen würden mit dem schnelleren Umstieg auf die Cloud beständigere und auch höhere Umsatzströme je Kunde.
Laut Baader-Bank-Analyst Knut Woller hat SAP in den vergangenen Quartalen vor allem deswegen die Erwartungen geschlagen, weil die Lizenzverkäufe besser als erwartet ausfielen. Das könne angesichts niedriger Erwartungen auch diesmal wieder der Fall sein. Im Vergleich zum Vorquartal sollte zudem das Cloud-Geschäft einen Zahn zulegen. (dpa/rs)