Derzeit arbeitet Sage mit 380 zertifizierten Partnern zusammen, aber es waren schon mal mehr: Vor fünf Jahren gab es noch fast doppelt so viele autorisierte Sage-VARs. Hauptgrund für die Reduktion der Anzahl der qualifizierten Reseller war das Bestreben des Softwareherstellers, die Anforderungen an seine Partner stets nach oben zu schrauben. Zu letzten Mal passierte das Ende 2010.
Zum 1. Oktober 2012 tritt nun Sages neues Partnerprogramm in Kraft, und ab dann werden die Hürden, die ein zertifzierter Partner nehmen muss, um seinen Status zu erhalten, nochmals erhöht. So tritt das Bestandskundengeschäft in den Hintergrund, und Sage legt nun größeren Wert darauf, Neukunden zu gewinnen, und honoriert dies dementsprechend.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Sage-Partner, die keine neuen Kunden akqurieren, sich mächtig anstrengen müssen, um ihren bisherigen Status, und damit auch die bisherige Margen zu erhalten. Im Sage-Channel ist davon die Rede, dass man dafür nach internen Berechnungen nun bis zu 50 Prozent mehr Umsatz mit Bestandskunden erzielen müsse.
Einige Sage-Partner waren mit den im Sommer 2011 vom Hersteller beschlossenen Änderungen an dem "leistungsorientierten Margenmodell" (LEO) aber nicht einverstanden und gründeten daraufhin einen Verein mit dem Ziel, ihre Interessen gegenüber dem Hersteller gemeinsam zu vertreten. Am 11. August 2011 schlossen sich als 23 Fachhändler zum dem "Business Partner Mittelstandssoftware e.V." (BPM) zusammen, die Zahl der Gründungsmitglieder belief sich auf 23, mittlerweile gehören 45 Sage-Business-Partner dieser Interessensvertretung an.
In der Zwischenzeit haben auch einige konstruktive Gespräche zwischen der Händlervereinigung und der Geschäftsleitung von Sage statt gefunden, und Ende April 2012 hat sich der Softwarehersteller zumindest bereit erklärt, die starke Bewertung der Neukundenakquise bei der Berechnung der Fachhandelsmarge abzuschwächen, so stellt es zumindest der Sage-Partner-Verbund BPM e.V. dar.
Was Sage dazu meint:
ChannelPartner hat nun bei Sage nachgefragt und dort den für das Mittelstandsgeschäft zuständigen Manager Andreas Heck gebeten, zur Erhöhung der Anforderungen an seine Vertriebspartner Stellung zu nehmen. "Wir haben in der Tat eine Margenkürzung vorgenommen, um einen stärkeren Fokus auf unser Neukundengeschäft zu legen, das stimmt. Aber dass ein Händler tatsächlich 50 Prozent mehr Umsatz machen müsste, um den gleichen Bonus zu erhalten wie im Vorjahr, dass kann nur ein Einzelfall sein. Im Schnitt muss der zur Beibehaltung der Marge notwendige Umsatzzuwachs wesentlich geringer ausfallen", so Heck. Allerdings ist es ihm nach wie sehr wichtig, dass seine Vertriebspartner Neukunden akquirieren.
Seiner Meinung nach ist hierzu das Potential riesig, denn viele kleinere Firmen würden noch gar kein professionelles ERP- oder CRM-System nutzem, sondern zur Erstellung von Angeboten, zum Verfassen von Rechnungen und zur Pflege ihrer Kundendaten ein Textverarbeitungsprogramm und einfache Tabellenkalkulationssoftware nutzen.
Einer anderen Forderung der Sage-Partner-Vereinigung erteilte Heck ebenfalls eine Absage. Der BPM e.V. schlug nämlich vor, die jährliche Reseller-Gebühr komplett abzuschaffen und dafür die Leistungen des Herstellers für die Fachhändler einzeln abzurechnen. Hier merkte der Sage Managing Director an, dass jeder Reseller für seinen Beitrag jährlich eine zweitägige Produktschulung in Anspruch nehmen könne. Zusätzliche Trainings in den einzelnen Produktlinien müsste der Fachhändler ohnehin extra bezahlen. Dafür deckt die jährliche Reseller-Gebühr die Kosten für die Zertifizierung des Fachhändlers in der von ihm gewünschten Produktlinie (Office Line, Classic Line, CRM etc.)
Hier widersprach Sage-Pressesprecher Jörg Wassink auch der Behauptung des Partnervereins, Händler müssten hierfür jährlich einen fünfstelligen Betrag aufbringen: "Das träfe nur für den Reseller zu, der unser gesamtes Produktportfolio vertreibt". "Der Jahresbeitrag unserer Developper-Partner bewegt sich schon im oberen vierstelligen Bereich", ergänzt Heck.
Der Mittelstandschef gab aber ChannelPartner zu, dass nicht jede Marketingunterstützung seitens Sage durch die jährliche Reseller-Gebühr abgedeckt sei. "Ein Großteil der in unserer Marketingplattform "Albatros" zusammengefassten Leistungen zur Akquise von Neukunden ist kostenlos, besondere Kampagnen für unsere Partner müssen wir ihnen natürlich gesondert in Rechnung stellen. Das sind aber in der Regel keine vierstellige Beträge", führt Heck weiter aus.
Die höheren Anforderungen an den Channel mit dem Schwerpunkt auf Neukundenakquise hat Sage einer ausgewählten Händlerschaft (ca. 50 Partner) im Herbst 2011 im Rahmen einer Roadshow vorgestellt. Dort wurde laut Heck weitgehend Zustimmung zu dieser Initiative erzielt. Die in dem Business Partner Mittelstandsoftware e.V. zusammen geschlossenen Sage-Partner haben eigener Aussage zur Folge andere Erfahrungen gemacht. Als nämlich der Softwarehersteller daran ging, auch seinen übrigen Resellern die Grundzüge des neuen Partnerprogramms im Rahmen der regionalen "Stammtische" vorzustellen, kam es zum Teil zu "Tumulten", wie ein Mitglied der BPM e.V. zu berichten weiß.
Es bleibt also noch viel Gesprächs- und Handlungsbedarf in der Zusammenarbeit zwischen Sage und dem Channel. Managing Director Andreas Heck begrüßt das: "Ich habe nichts gegen Auseinandersetzungen – ich schätze sie, solange sie sachlich sind". (rw)