Exklusiv-Interview

Ronald de Jong von Philips zur neuen Sparte Consumer Lifestyle

19.03.2008
Philips hat CE und Elektro-Hausgeräte zu Consumer Lifestyle verschmolzen. Ronald de Jong, Philips-Geschäftsführer und Leiter der Consumer-Lifestyle-Sparte D-A-CH, berichtet, was sich für die Handelspartner ändert.

Philips hat Consumer Electronics und Elektro-Hausgeräte zur Sparte Consumer Lifestyle verschmolzen. Ronald de Jong, Philips-Geschäftsführer und Leiter der Consumer-Lifestyle-Sparte D-A-CH, berichtet im Gespräch mit CE-Business, was sich für die Handelspartner ändert.

Was bringt Philips die Verschmelzung von Consumer Electronics und Elektro-Hausgeräte?

Ronald de Jong: Durch die Verschmelzung der bisherigen Bereiche Consumer Electronics und Elektro-Hausgeräte haben sich zwei starke Geschäftsbereiche zusammengetan, die - jeder für sich - in der Vergangenheit schon sehr erfolgreich, nämlich Marktführer in ihrem jeweiligen Segment, waren. Durch den Zusammenschluss zu Consumer Lifestyle erwarten wir weiteres Wachstum, denn durch verschiedene Synergieeffekte und Erschließung neuer Geschäftsfelder werden wir in der Lage sein, noch näher an den Bedürfnissen unserer Kunden zu agieren.

Welche Auswirkungen hat diese Verschmelzung auf die Philips-Produkte im neuen Bereich?

De Jong: Auf Produktebene erwarten wir kurzfristig keine einschneidenden Veränderungen, denn technologisch sind die verschiedenen Kategorien getrennt. Unser Ziel ist es aber, künftig neue Geschäftsfelder zu schaffen und zu erschließen.

Sie sagen, dass sich die Handelspartner nicht an neue Ansprechpartner gewöhnen müssen. Gibt es keinerlei Veränderungen für die Händler?

De Jong: Für unsere Handelspartner bedeutet Consumer Lifestyle, dass sie künftig mit einem Unternehmen zusammenarbeiten, das führende Positionen in nahezu allen Bereichen des Marktes hat. Gleichzeitig schaffen wir eine vereinfachte Organisation unter einem Management. Auch dass unser Markt in D-A-CH nach den USA der zweitgrößte Markt für Philips ist, wird unseren Einfluss innerhalb der Organisation erhöhen und damit zu mehr spezifischen Lösungen für unsere Kunden führen.

Wie haben die Handelspartner auf die "neue" Sparte reagiert?

De Jong: Nachdem wir klar gemacht hatten, dass wir keinesfalls vorhaben, mit einem "Universal-Außendienst" zu betreuen, sondern natürlich die Spezialisierung beibehalten werden, war die Reaktion durchweg positiv. Genau wie wir sehen unsere Handelspartner eine Reihe von positiven Aspekten im Zusammenschluss. Zum Beispiel dass wir jetzt übergreifend mit kundenspezifischen Teams arbeiten, wird als klarer Vorteil erkannt.

Wollen Sie durch diese Verschmelzung neue Vertriebspartner ansprechen? Wenn ja, welche?

De Jong: Neue Vertriebspartner zu gewinnen ist nicht das Ziel der Verschmelzung. Allerdings ist es gut vorstellbar, dass wir bei bekannten Vertriebspartnern das Sortiment ausbauen, also bei klassischen CE-Kunden zusätzlich auch Hausgeräte liefern und umgekehrt.

Auf der kommenden IFA wird Weiße Ware einen eigenen, großen Bereich erhalten. War Philips mit der Verschmelzung von Weißer Ware und CE Vorreiter eines allgemeinen Trends?

De Jong: Es ist ohne Frage ein Trend, Synergien zu finden und zu nutzen, denn das Geschäft wird auch weiterhin anspruchsvoll sein, und wer sich ausruht, verliert. Wir hatten jetzt den Vorteil, aus einer Position der Stärke - Philips ist sowohl bei Consumer Electronics als auch bei kleinen Hausgeräten Marktführer - zu agieren, und das ist allemal besser als Veränderungen aus der Not heraus.

Wird Philips auf der IFA 2008 an zwei Ständen vertreten sein?

De Jong: Über unsere finales IFA-Konzept haben wir noch nicht entschieden. Sicher ist, dass wir speziell für unsere Handelspartner einen Besuch von Philips auf der IFA so unkompliziert wie möglich gestalten wollen. Das spricht jedenfalls für ein gemeinsames Händ-lerzentrum. Wie wir uns gegenüber dem Publikum aufstellen werden, ist eine Entscheidung, die wir erst in den kommenden Wochen treffen werden.

Jahrelang war das Schlagwort Konvergenz zwischen CE und IT in aller Munde. Was ist daraus geworden? Hat es die Verschmelzung schon längst gegeben, oder ist sie gescheitert?

De Jong: Konvergenz war und ist ein Modewort, hinter dem sich die verschiedensten Vorstellungen verbergen. Konvergenz hat vielfach dort stattgefunden, wo sie sinnvoll ist; zum Beispiel ist IT in die Telekommunikation eingezogen, Multimedia-Funktionen in Teile der Consumer Electronics. Haushaltsgeräte hingegen brauchen immer mehr Intelligenz, aber nicht unbedingt Konvergenz zu anderen Produktkategorien.

Ist die Konvergenz zwischen Weißer Ware und CE der logische Nachfolgetrend?

De Jong: Wie gesagt, man muss sich klar darüber sein, was man unter Konvergenz versteht. Produktkonvergenz zwischen der sogenannten Braunen und der Weißen Ware macht in der Regel nur wenig Sinn. Konvergenz bezogen auf Vermarktungs- oder Vertriebsmodelle ist hingegen in vielen Fällen sinnvoll.

Weltweit arbeiten rund 25.000 Mitarbeiter bei Philips im Bereich Consumer Lifestyle. Wie viele sind es in Deutschland?

De Jong: Wir haben in Deutschland, Österreich und der Schweiz rund 350 Mitarbeiter bei Consumer Lifestyle. Neben anderen Faktoren bedeutet das auch die größte Außendienstorganisation der gesamten Branche.

Philips gab im September 2007 bekannt, in den kommenden fünf Jahren eine Milliarde Euro in "grüne Innovationen" zu investieren. Wie hoch ist der Anteil für Consumer Lifestyle?

De Jong: Es entspricht nicht der Konzernpolitik, die Investitionen in einzelne Bereiche über einen längeren Zeitraum herunterzu-brechen. Viel wichtiger ist meiner Meinung nach, dass wir es nicht allein bei Ankündigungen lassen: In unserem jüngst veröffentlichten Nachhaltigkeitsbericht ist zum Beispiel nachzulesen, dass der Umsatz mit "grünen" Produkten bei Philips um rund ein Drittel auf 5,3 Milliarden Euro in 2007 gestiegen ist. Produkte aus dem Bereich Consumer Lifestyle haben an diesen Umsätzen einen erheblichen Anteil.

Seit Jahren entwickelt Philips in jedem Geschäftszweig ein "grünes Flaggschiff". Wie hoch ist der aktuelle Anteil an grünen Produkten im Bereich Consumer Lifestyle?

De Jong: Aktuell haben wir 25 grüne Flaggschiffe im ehemaligen CE-Bereich und zwei bei den Haushaltsgeräten. Besonders bei den Haushaltsgeräten mag diese Zahl niedrig erscheinen, aber man muss sich vergegenwärtigen, dass der bedeutendste Umweltaspekt bei technischen Produkten der Energieverbrauch ist. Der Anteil der "Dauerverbraucher" ist bei unseren Haushaltsgeräten typischerweise sehr gering, Möglichkeiten zur Energieeinsparung sind daher nur sehr eingeschränkt gegeben.

Philips in Kürze

Philips wurde am 15. Mai 1891 in Eindhoven

gegründet. Das Unternehmen expandierte rasch und produzierte schon bald Radioröhren, Radios sowie Fernseher und Tonträger. Heute arbeiten mehr als 113.000 Mitarbeiter weltweit in den Sparten Healthcare, Lighting und Consumer Life-style. 2007 machte Philips einen Umsatz von 26,8 Milliarden Euro, allein 3,5 Milliarden davon mit Consumer Electronics und eine Milliarde Euro mit Haushaltsgeräten.

Wie lange wird es noch dauern, bis Philips ausschließlich grüne Produkte entwickelt, produziert und vertreibt?

De Jong: Bei den von uns angesetzten Maßstäben für grüne Produkte ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass wir irgendwann völlig grün sind. Wir haben eine Reihe von nachhaltigen Kriterien, die alle unsere Produkte einhalten müssen. Diese Kriterien umfassen zum Beispiel die bei der Produktion verwendeten und im Produkt enthaltenen Substanzen, die Verpackung, den Energieverbrauch und andere Umwelteigenschaften.

Um ein grünes Flaggschiff zu werden, muss ein Produkt aber noch viel mehr können. Es muss in seinen Umwelteigenschaften nämlich signifikant besser sein als ein Vorgängermodell und relevante Wettbewerbsprodukte. Das bedeutet, dass wir hier dynamische Kriterien haben und die Messlatte ständig immer höher legen.

Um beim Bild aus dem Sport zu bleiben: Wenn alle unsere Produkte plötzlich das grüne Logo tragen würden, wäre das so realistisch, als würden bei den Olympischen Spielen alle Medaillen an nur eine Nation gehen. Das wäre unglaubwürdig, und eben das ist beim Thema Nachhaltigkeit unbedingt zu vermeiden.

Durch die Neustrukturierung gab es diverse Personalveränderungen, Aufstiege, Abgänge. Sie, Herr de Jong, sind nun verantwortlich für einen vergrößerten Sektor. Was ist die größte Herausforderung für Sie?

De Jong: Wir haben zwei Bereiche zusammengeführt, die - jeder für sich - vorher sehr erfolgreich waren. Und unser erklärtes Ziel ist es, profitables Wachstum für uns und unsere Handelspartner im Consumer-Lifestyle-Bereich zu generieren. 2007 war Philips bereits Marktführer in den Bereichen Consumer Electronics und kleine Hausgeräte. Jetzt gilt es, den Abstand zu den Wettbewerbern auszubauen und neue profitable Geschäftsfelder im Lifestyle-Bereich gemeinsam mit unseren Handelspartnern zu erschließen.

Welche Ziele haben Sie sich für die Zukunft gesetzt?

De Jong: Das Ziel für die kommenden Monate ist klar: Wir wollen zwei in vielen Aspekten unterschiedliche Bereiche harmonisch zusammenführen und eine - in der Wahrnehmung unserer Handelspartner - schlagkräftige Organisation bilden, die besser und schneller den unterschiedlichen Kundenanforderungen gerecht wird.

Danach geht es darum, neue und innovative Geschäftsfelder zu definieren und zu gestalten. Diese Ziele betreffen die nächsten zwei bis drei Jahre. Eine noch weiter in die Zukunft schauende Detailplanung würde unserer sehr dynamischen Branche nicht gerecht werden.

Was wäre für Sie persönlich der größte Triumph?

De Jong: Dass unsere Handelspartner künftig noch stärker auf Philips setzen, weil sie erkennen, dass Philips der Partner mit der auch für unsere Handelspartner richtigen Zukunftsvision ist.

In der Vergangenheit vermeldete Philips eher im Healthcare- sowie im Beleuchtungsbereich Umsatz- und Gewinnzuwächse wie auch zahlreiche Übernahmen. Im CE-Bereich wurden hingegen Beteiligungen verkleinert oder gar ganze Bereiche wie etwa Settop-Boxen an Pace verkauft. Wird der neue Bereich Consumer Lifestyle erweitert?

De Jong: Philips überprüft ständig seine Aktivitäten und passt sich den Marktveränderungen an. Auch bei Consumer Lifestyle gab es in den vergangenen Monaten Zukäufe. So wurde Avent als Spezialist für Mother & Child Care übernommen, und DLO hat unser Angebot an Zubehörprodukten bereichert. Wir investieren in Wachstumsmärkte und erweitern dort unsere Kompetenzen. Zukunftsmärkte zu erkennen und zu gestalten wird auch weiterhin ein wichtiger Teil unseres Geschäftes sein. Auch dass wir künftig mit Pace als strategischem Partner zusammenarbeiten, sehen wir als Teil der Zukunftsstrategie.

Haben Sie bei der Mehrbelastung überhaupt noch Zeit für das Forum der Young Global Leader?

De Jong: Das ist kein Problem. Der Zeitaufwand im Forum beschränkt sich auf wenige Veranstaltungen im Jahr. In der Regel geht nur etwas Freizeit verloren.

Was ist für Sie persönlich die beste Art, zu entspannen und sich mal zu belohnen?

De Jong: Sport, Musik und Malen. Außerdem verbringe ich gerne Zeit mit Freunden und Familie. Ich sehe meine Arbeit allerdings nicht als eine Belastung, sondern als eine spannende Herausforderung, die mir Energie gibt, statt mich zu belasten. (go)