Microsoft gab den Testern von Office 365 nur wenig Zeit, um es auszuprobieren - zehn Wochen, um genau zu sein. Länger dauerte die öffentliche Betaphase nicht. Kurz darauf, im Juni 2011, erschien die finale Version.
Wie andere Microsoft-Gold-Partner auch, hatten wir von der Conciety AG allerdings schon vorab die Möglichkeit, das neue Exchange sowie SharePoint und Lync unter die Lupe zu nehmen und erste Applikationen zu installieren. Gemeinsam mit unseren Kunden suchten wir nach geeigneten Möglichkeiten, Office 365 in Unternehmen einzusetzen und in das Geschäftsmodell zu integrieren. Nachfolgend möchten wir unsere gesammelten Erfahrungen preisgeben.
Die Vorbehalte gegenüber Cloud Computing sind hinreichend bekannt. Demnach gingen wir davon aus, dass unser Vorschlag, Office 365 einzusetzen, bei unseren Kunden zunächst keinen Zuspruch finden würde. Wir waren angenehm überrascht, als wir feststellten, dass sie gar keine Berührungsängste haben.
Vielmehr hatten sie sich bereits Gedanken darüber gemacht, ob sie Exchange, SharePoint und Lync aus der Cloud beziehen und wie sich gegebenenfalls die bereits vorhandenen On-Premise-Umgebungen erweitern lassen. Wie gestaltet sich fortan der Kontakt mit Geschäftspartnern? Können auch freie Mitarbeiter eingebunden werden? Können die eigenen Mitarbeiter auch mit mobilen Geräten auf unternehmenskritische Daten zugreifen?
Derartige Überlegungen spielen im Rahmen der Entscheidungsfindung eine sehr große Rolle. Freilich sind Diskussionen über Sicherheit, Vertrauenswürdigkeit, Abhängigkeit und Stabilität beileibe nicht vom Tisch, und es ist auch weiterhin anstrengend, sie zu führen. Aber sie verlaufen mittlerweile weitgehend sachlich - das war nicht immer so.
"Eat your own dogfood"
Microsoft setzt neue Produkte erst einmal den eigenen Mitarbeitern vor, ehe sie Partnern überlassen und schließlich an Kunden verkauft werden - das Prinzip ist unter der Bezeichnung "Eat your own dogfood" bekannt. Auch wir haben uns daran gehalten und zunächst einige Dienste, die wir hausintern nutzen, in die Wolke verschoben. Unsere Mitarbeiter sollten sich daran gewöhnen, Gebrauch von den gebotenen Möglichkeiten zur besseren Zusammenarbeit zu machen. Oder anders gesagt: Cloud Computing sollte auch bei der Conciety AG zum Alltag werden.
Natürlich haben wir uns des Öfteren über Fehlermeldungen geärgert. Wir haben Funktionen vermisst, die auf lokalen Servern bisher stets zur Verfügung standen. Wir alle hätten uns eine bessere Dokumentation gewünscht. Aber das sind alles ganz normale Probleme in einer Betaphase. Kurzum: Wir sind von Office 365 begeistert! Bisher war stets eine zeitraubende Installation der Server notwendig - nun fällt sie weg.
Das Zusammenspiel von Exchange, SharePoint und Lync funktioniert einwandfrei. Externe Mitarbeiter lassen sich mühelos einbinden. Die Kommunikation mit Kunden sowie die Zusammenarbeit mit Partnern gestalten sich nun einfacher. Wir könnten diese Aufzählung noch fortsetzen, denn irgendwie konnte jeder von uns sein ganz persönliches Highlight in Office 365 finden.
Vorbereitung der ersten Kundenprojekte
Einige unserer Kunden stimmten bereits während der Betaphase zu, Office 365 in ihrem Unternehmen zu etablieren. Uns stellte sich dabei stets die Frage, ob es überhaupt sinnvoll für das Unternehmen sei, auf Office 365 umzusteigen - zumal Unternehmen den schlagartigen Umstieg gerne vermeiden. Sie wägen lieber anhand einzelner Projekte ab, ob und wie sie Dienste aus der Cloud nutzen können, ohne ihre Mitarbeiter vor allzu hohe Hürden zu stellen oder gar bei all den hinzugewonnenen Funktionen den Überblick zu verlieren. Wir haben daher einen Katalog an Kriterien und Fragen erstellt, die es zunächst zu beantworten gilt, um einen aussagekräftigen Eindruck von dem Kunden zu erhalten (siehe Kasten).
Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dürften sich Unternehmen zumindest einige dieser Fragen schon selbst gestellt haben. Wir empfehlen ihnen jedenfalls den Umstieg auf Office 365, da wir davon überzeugt sind, dadurch die gewünschten Optimierungen zu erreichen, sei es durch Senkung der Kosten oder auch durch die gesteigerte Verfügbarkeit wie Sicherheit.
Die besten Einsatzszenarien
Unternehmen tun sich schwer damit, bestehende Server im Haus abzuschalten und somit das eigene Personal vor den Kopf zu stoßen. Es sollte demnach der Wille erkennbar sein, sich von der betagten Infrastruktur zu trennen oder, besser noch: Die Entscheidung zur Migration der Datenbestände wurde bereits getroffen. Office 365 kann in diesem Fall flexibel eingesetzt werden - nachfolgend schildern wir den typischen Umgang mit Exchange, SharePoint und Lync.
Exchange Online
Schon in der Vergangenheit konnten wir unsere Kunden davon überzeugen, ihr veraltetes Nachrichtensystem zugunsten von Microsoft Exchange aufzugeben. Exchange Online hat zudem den Vorteil, den Dienst und somit die Leistungen lediglich zu mieten, statt teure Lizenzen kaufen, die Infrastruktur pflegen und Wissen im eigenen Hause aufbauen zu müssen. Die geringen Betriebskosten sowie die garantierte Verfügbarkeit überzeugten unsere Kunden davon, fortan mit der Online-Variante von Exchange zu arbeiten.
SharePoint Online
Viele unserer Kunden nutzen bereits eine ältere Variante von SharePoint. Würde es sich für sie lohnen, auf SharePoint Online umzusteigen? Wir würden den Umstieg jedenfalls empfehlen, denn SharePoint Online ermöglicht eine Skalierung nach aktuellem Bedarf und bietet zudem hohe Sicherheit.
Die Erfahrung zeigt: Projekte können schnell wachsen, die Zahl der dem Projekt zugeteilten Mitarbeiter ändert sich mit jeder durchlaufenen Phase, das Datenvolumen steigt mit zunehmender Dauer des Projekts deutlich an. Die Kommunikation wie Koordination solcher Projekte wird oftmals durch SharePoint ermöglicht. Aber auch kleinere, punktuelle Belastungen stellen Unternehmen in vielen Fällen vor Probleme der effizienten Skalierung. Dienste aus der Cloud bieten die Möglichkeit, auf die aktuellen Anforderungen flexibel zu reagieren, sprich: Die Zahl der Anwender oder das Datenvolumen kann jederzeit angepasst werden. Gegebenenfalls können sie SharePoint sogar um Windows Azure erweitern. Dabei zahlt das Unternehmen nur diejenigen Dienste, die es auch tatsächlich in Anspruch nimmt.
Zudem stellten wir fest, dass SharePoint zunehmend als Plattform für Internetauftritte sowie zur Einbindung von Lieferanten verwendet wird. Dabei spielt die Sicherheit des Netzwerks eine große Rolle. Mittels SharePoint Online können weitere Zugänge geschaffen werden, ohne dass die Sicherheit des internen Netzwerks gefährdet wird.
Die besten Einsatzszenarien (Forts.)
Lync Online
In den vergangenen Monaten konnten wir unterschiedliche Reaktionen von Unternehmen bezüglich Micrsoft Lync beobachten. So stießen wir auf Unternehmen, die mit Unified Communications nichts anfangen können, auf weitere, die sich schon in den Fängen der Abhängigkeit sehen und befürchteten, dass fortan jede Woche sieben Arbeitstage mit je 20 Stunden haben werde, und auch auf solche, die einzig mit dem Kopf schüttelten und behaupteten, dass man das alles gar nicht brauche. Hin und wieder gab es auch sachliche und gerechtfertigte Bedenken. Beispielsweise wurde die dadurch mögliche, ständige Kontrolle der Mitarbeiter angeführt - ein unangenehmes Thema, das viele Unternehmen und Betriebsräte wohl lieber verschweigen würden.
Dabei gibt es gute Gründe, sich mit Microsoft Lync zu beschäftigen. Unternehmen mit hohen Telefonkosten können eine ganz einfache Rechnung aufmachen: Zur internen Kommunikation im Firmensitz, mit Niederlassungen, die sich überall auf der Welt befinden können, oder auch mit Mitarbeitern, die zu Hause arbeiten, zahlt sich oftmals eine Flatrate aus. Dabei steht es den Unternehmen offen, welche Art der Kommunikation sie betreiben möchten: Sie können sich zu Telefon- oder Videokonferenzen zusammenschließen oder schlicht den Chat verwenden. Ein weiterer Vorteil von Lync besteht darin, dass der Support im Notfall schnell auf den Bildschirm des Anwenders zugreifen kann.
Derzeit weist Lync Online allerdings noch einen Schwachpunkt auf - zumindest in Deutschland: Telefonanlagen können allein durch eine lokale Installation von Lync eingebunden werden. In den USA gibt es dagegen erste Provider, die diesen Dienst anbieten. Hier bleibt abzuwarten, wann es auch in Deutschland möglich sein wird, mittels Lync Online ins konventionelle Telefonnetz zu telefonieren. Die überholte PBX-Technik könnte wohl noch eine ganze Weile Bestand haben.
Wir empfehlen dennoch nahezu jedem Unternehmen den internen Einsatz von Lync, vor allen Dingen, wenn es sich mit der mobilen Arbeitswelt auseinandersetzt. Lync kann dabei mit minimalem Aufwand zum Testen bereitgestellt werden. Unsere Erfahrungen zeigen, dass viele Unternehmen die Möglichkeiten von Lync nicht mehr missen möchten.
Fazit
Unserer Meinung nach stellt Office 365 eine ausgereifte Lösung aus der Cloud dar, die sich für den Einsatz im eigenen Unternehmen eignet, aber auch den Kunden angeboten werden sollte. Fachhändler können auch weiterhin genügend Aufgaben im Bereich der Konfiguration und Entwicklung übernehmen, um ihre Kunden zu entlasten. Der entscheidende Vorteil besteht allerdings darin, den Kunden nicht warten lassen zu müssen: Services aus der Cloud sind umgehend verfügbar und kommen ohne teure Investitionen in Hardware und Softwarelizenzen aus.
Dieser Fachbeitrag wurde uns von Eckhard Klockhaus zur Verfügung gestellt. Klockhaus ist Vorstand der Conciety AG und President German Chapter International Association of Microsoft Channel Partners (IAMCP).
(so)