IT-Handwerker im Zugzwang
Viele der klassischen IT-Dienstleister wie Systemintegratoren, Systemhäuser und Managed Service Provider haben die Bedeutung von Public und Multi Cloud-Umgebungen bereits erkannt. Und dennoch haben die meisten den eigenen Umbau noch nicht geschafft, beziehungsweise sind noch auf der Suche nach einer geeigneten Strategie.
Trotz allem, der Weg scheint klar und vorgegeben zu sein, denn die deutschen Unternehmen benötigen professionelle Unterstützung beim Aufbau und Betrieb ihrer zukünftigen IT-Infrastruktur. Viele von ihnen sehen in den Dienstleistern für Managed Public Cloud Services einen wichtigen Sparringspartner in ihrer Cloud-Transformation.
Die Ansprüche der Unternehmen haben sich im Zuge der Digitalisierung verändert und dafür gesorgt, dass das bisherige Geschäftsmodell der IT-Dienstleister weitestgehend überholt ist. Sinkende Nachfrage nach On-Premise- und Lizenz-basierten Leistungen, Umsatzrückgang - nicht zuletzt aufgrund des Festhaltens an Partnerschaften mit großen Infrastrukturanbietern, die der Cloud-Welt ebenfalls hinterherhinken - und Wettbewerbsdruck sind die Folge und zwingen nun die meisten klassischen Systemhäuser und Systemintegratoren ihr zukünftiges Geschäftsportfolio, Dienstleistungsspektrum und ihre Beratungsleistungen Public und Multi Cloud-konform aufzustellen.
Langfristig werden diejenigen IT-Dienstleister erfolgreich sein, die alle wesentlichen IT-Prozesse ihrer Kunden überblicken, begleiten und kontinuierlich optimieren können. Um sich also als wachstumsstarker Managed Public Cloud Provider mit einem Full Range-Angebot zu positionieren, sollten IT-Systemhäuser und Systemintegratoren ihren Consultingbereich mit Expertise und speziellen Kompetenzen (z.B. DevOps, Infrastructure as Code etc.) entlang der Cloud-Architektur ausdehnen und vertiefen. Damit den Kunden ein passendes Portfolio geboten werden kann, sind innovative Themen und Methoden sowie individuelle Beratung, die diesen weiterführend konkrete Mehrwerte bieten, unerlässlich.
Hyperscaler: Public Cloud-Giganten wie Amazon Web Services, Microsoft Azure oder Google Cloud Platform führen den weltweiten IaaS-Markt an. Sie dominieren mit einem komplexen IaaS-Paket und hohen Marktanteil und sind eindeutig die Zugpferde, die neue Innovation und Enterprise-taugliche Services schnell und gezielt entwickeln und bereitstellen können. Partner können sowohl von der Bekanntheit als auch von der Schnelligkeit der Entwicklung innovativer Technologien und Services der Hyperscaler für ihr eigenes Geschäft profitieren. Doch dazu muss es erstmal kommen.
Zunächst sollten der Invest und die Einstiegshürden evaluiert werden, in die ein Systemhaus in Form von Trainings und Zertifizierungen vorab investieren muss, um überhaupt mit dem Cloud Business starten zu können oder um sich als Partner „der Großen“ bezeichnen zu können. Die dafür notwendigen Skills oder die hohe Anzahl an Mitarbeitern stellen Systemhäuser vor große Herausforderungen.
Auch die Anforderungen an Systemintegratoren, um einen höheren Partnerstatus zu erhalten, sollte betrachtet werden. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass man als Partner nur einer unter sehr vielen ist. Demnach sollte bedacht werden, dass auch die erwarteten Unterstützungsleistungen zumBeispiel durch Solution Engineers beiMarketing, Vertrieb oder in konkreten Kundensituationen eher oberflächlich oder weniger aktiv ausfallen können.
SaaS-Anbieter: Das Spektrum der SaaS-Lösungen ist sehr breit und erstreckt sich über eine Vielzahl von Unternehmensfelder und Enterprise Workloads wie HR, CRM oder Accounting. Bekannte Business-Applikationen aus der Cloud kommen beispielsweise von ERP-Software Riese SAP oder CRM-Spezialist Salesforce. Aber auch auf Software für Onlineshops wie Plenty Markets oder für Online Meetings, zum Beispiel Citrix, setzen Unternehmen vermehrt. Somit sind auch SaaS-Lösungen ein elementarer Bestandteil der Full Range und gehören in das Geschäftsportfolio eines zukunftsfähigen Systemhauses.
Global IT-Majors: Mit der Vielzahl an bereits existierenden Kunden und Technologielösungen führen, neben Microsoft, IT-Hersteller wie IBM, Oracle oder Dell das Feld an. Die von ihnen bereitgestellten Technologieplattformen bilden häufig den Ausgangspunkt relevanter Geschäftsprozesse in Unternehmen und sind notwendiger Bestandteil eines Hybrid-Ansatzes, bei welchem Unternehmen auf ihre eigene IT-Infrastruktur (On-Premise) in Kombination mit einer Public Cloud setzen.
Um langfristig die Verfügbarkeit und Effizienz der vorhandenen Systeme zu gewährleisten, sind Kenntnisse der Tools und Optimierungsmöglichkeiten der Produkte von Vorteil. Das in der Regel bereits existierende Vertrauensverhältnis der Anwenderunternehmen in die Technologien erhöht die Bereitschaft, auch neue Technologien der Anbieter in den Stack aufzunehmen.
Regionale und stark wachsende Cloud Provider: Um die Multi-Cloud-Strategie zu komplettieren, sollten auch regionale und stark wachsende Cloud Provider, wie die Open Telekom Cloud oder ProfitBricks nicht fehlen. Sie begegnen ihren Partnern typischerweise auf Augenhöhe und mit starken Unterstützungsleistungen, da auch sie auf enge Partnerschaften angewiesen sind, um sich weiter zu etablieren. Weniger Einstiegshürden und transparente Partnerverträge erleichtern zudem das Onboarding.
Die Verarbeitung der in Deutschland gehosteten Daten unterliegt aktuellen Sicherheits- und Datenschutzanforderungen sowie den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), das insbesondere für inländische Unternehmen ein wesentlicher Faktor der Anbieterauswahl sein kann. Aus diesen Gründen können regionale Public Cloud Provider eine sinnvolle Ergänzung sein.
Um möglichst viele und unterschiedliche Kundenszenarien abdecken zu können, ist ein Mix aus globalen, großen Public-Cloud-Anbietern und deutschen Providern wahrscheinlich die beste Lösung. Systemhäuser, die die optimale Partnerstrategie und eine ganzheitliche Unterstützung bei allen Aufgaben rund um die Digitalisierung des Unternehmens verfolgen wollen, sollten zudem im Rahmen Ihrer Ressourcen und Möglichkeiten Partnerschaften mit SaaS-Anbietern und Global IT-Majors berücksichtigen.
Zukunftsszenario Systemhaus 4.0
Managed Public Cloud Provider werden als Transformationspartner zukünftig eine immer wichtigere Brückenfunktion zwischen den Anwenderunternehmen und den Cloud Providern einnehmen. Crisp Research AG prognostiziert klassischen IT-Systemhäuser eine rosige Zukunft, wenn sie sich hin zum Managed Public Cloud Provider bewegen und sich mit den richtigen Partnern verheiraten. Denn die großen Public Cloud Anbieter steuern stark in Richtung Deutschland und jagen nach Treuhändern, die den Zugriff und die Kontrolle nach deutschen Datenschutzbestimmungen umsetzen sollen.
Zweifelsohne ist die Partnerschaft zu einem der Hyperscaler für den langfristigen Erfolg als Managed Public Cloud Provider ein Must-have. Doch um den Einstieg in das Cloud-Business zu vereinfachen, sind regionale und stark wachsende Public Cloud Provider, die in erster Linie beabsichtigen das Vertrauen der eher zurückhaltenden deutschen KMUs zu erwecken, unter Umständen hilfreiche Lehrmeister.
Am Ende können aber nur die wenigsten Systemhäuser eine enge Cloud-Partnerschaft zu mehr als zwei bis drei großen Anbietern pflegen. Personal und Fähigkeiten gelten als wichtige Voraussetzung um Partnerschaften eingehen zu können. Je größer die Anzahl der Partnerschaften, desto höher muss ein Systemhaus auch mit personellen Ressourcen und Skills ausgestattet sein.